Die Stadt Lugano will mit zwei Interessensgruppen Verhandlungen aufnehmen, um neue Flugverbindungen vom Tessin nach Genf und Bern anzubieten. Hinter dem Projekt stehen namhafte Unternehmer aus der Region sowie ein Milliardär, dem Lugano am Herzen liegt. 

Der Flughafen Lugano soll zu neuem Leben erweckt werden. Dies ist die Absicht diverser Unternehmer und Interessensgruppen aus der Südschweiz. Mittlerweile unterstützen auch die Behörden diesen Plan. Nachdem im vergangenen Herbst allfällige Interessenten sich für die Verwaltung des Flughafens bewerben konnten, hat die Gemeinde nun aus insgesamt sieben Bewerbungen zwei ausgewählt, mit denen der Stadtrat von Lugano nun Verhandlungen aufnehmen will, wie am Freitag zu erfahren war.

Dabei handelt es sich um die «Freunde des Flughafens» (Amici dell'Aeroporto) sowie um ein Konsortium names Marending Artioli & Partner. Hinter dem Konsortium Amici dell'Aeroporto (AA/p) steht Sir Lindsay Owen-Jones, ehemaliger CEO und Präsident des französischen Kosmetikkonzern L'Oréal sowie die Firma Investindustrial Services, die der Familie Bonomi gehört.

Nicht im Linienverkehr integriert

Wie finews.ch bereits berichtete hat Owen-Jones seit seiner Pensionierung sein Domizil ins Tessin verlegt. Sein Vermögen schätzte das Schweizer Magazin «Bilanz» unlängst auf 900 bis 1'000 Millionen Franken. Er setzte sich bereits gegen die endgültige Schliessung des Flughafens von Lugano-Agno ein.

Der Flughafen Lugano-Agno ist zurzeit nur mit Privatflügen aktiv und nicht mehr im Linienverkehr integriert.

Die zweite Gruppe besteht aus vier lokalen Geschäftsleuten: Stefano Artioli, Massimo Malgorani, Rolf Marending und Oscar Crameri. Die beiden Bieter seien diejenigen, die am meisten mit der Vision und den Zielen des Stadtrats übereinstimmten, teilte die Gemeindeverwaltung am vergangenen Freitag in dem Communiqué weiter mit. Die Verhandlungsphase dient nun der Vertiefung und detaillierten Bewertung der Kandidaturen.

Indischer Konzern ausgeschieden

Nicht mehr im Rennen ist offenbar der indische Konzern SKN Haryana City Gas Distribution, der ebenfalls Interesse bekundet hatte. Das Unternehmen hat offenbar eine Abteilung, die sich auf das Flughafenmanagement spezialisiert hat, Gap Avia, und wäre bereit gewesen, rund 60 Millionen Franken zu investieren.

Amici Dell'Aeroporto hat die Absicht, zunächst zwei tägliche Hin- und Rückflüge nach Genf und einen täglichen Hin- und Rückflug nach Bern mit einer Flugzeit von nicht mehr als einer Stunde. Im Erfolgsfall soll die Liste der Flugziele schrittweise erweitert werden, und zwar mit dem Bestreben, Lugano als Hub mit angemessener Grösse und Verbindung zu etablieren.

Die Flugverbindungen sollen durch neue, verbrauchsarme, C02- und lärmarme, 10-sitzige sowie 8-sitzige Flugzeuge vom Typ King Air 350 und King Air 250 sichergestellt werden, wie weiter zu erfahren war.

In weniger als einer Stunde

Das Flugmaterial soll die in Luxemburg ansässige Luxaviation zur Verfügung stellen, die bereits im September 2018 ein Büro in Lugano eröffnet hatte, um ihr Angebot an professionellen Dienstleistungen zu erweitern, wie finews.ch berichtete.

«Mit den King Air 250/350 werden Reisende die Städte Genf und Bern in weniger als einer Stunde erreichen, was nicht nur eine zeiteffiziente Lösung ist, sondern auch eine wertvolle Antwort auf ihre beruflichen und privaten Bedürfnisse darstellt. Die Zugverbindungen von Lugano nach Genf und Bern dauern heute 5,5 respektive 3,5 Stunden», sagte Patrick Hansen, CEO der Luxaviation-Gruppe.

Nationale Luftfahrt-Strategie gefordert

Wie wichtig die Infrastruktur für die Schweizer Zivilluftfahrt ist, betont auch eine Studie der Boston Consulting Group (BCG). In der Studie «The Swiss Aviation Ecosystem – Flying blind after 2030» kommen die Autoren zum Schluss, dass sich die Wertschöpfung der Schweizer Flughäfen auf mindestens 16,6 Milliarden Franken des Bruttoinlandprodukts (BIP) belaufe. Allerdings laufe die Schweiz Gefahr, ohne nationale Luftfahrt-Strategie nach 2030 nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein.