«Ohne Schweizer Sitz ist es nicht mehr die UBS»
Herr Benamou, Axiom zählte lange zu den Investoren der UBS. Wie sieht es aktuell aus: Halten sie noch Anteile?
Wir haben aktuell noch UBS-Anleihen, aber keine Aktienposition mehr. Wir hatten welche, haben sie aber im Verlauf des Jahres reduziert.
Wie beurteilen Sie die Lage von UBS nach dem dritten Quartal?
UBS ist operativ in einer sehr soliden Verfassung. Die Nettozuflüsse sind stark, die Integration der Credit Suisse verläuft – trotz einiger Verzögerungen bei der Kundenmigration jüngst – weitgehend planmässig. Die drei Säulen der Bank – Schweiz, Asien und die USA – entwickeln sich positiv. Besonders in Asien sehen wir weiterhin Wachstumspotenzial.
«Das Management ist stark. Die Bank ist gut geführt. Das Problem liegt ausserhalb.»
Und wo liegen die Risiken?
Zwei Themen trüben das Bild: Erstens die juristische Unsicherheit rund um die AT1-Anleihen der Credit Suisse. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Abschreibung dieser Anleihen rechtswidrig war. Sollte dieses Urteil bestätigt werden, käme die UBS wohl kaum ungeschoren davon. Die UBS wurde von diesem Urteil wohl selbst auf dem falschen Fuss erfasst. Ihre Kommunikation wirkte schwach.
Zweitens bleibt die Diskussion um die neuen Schweizer Kapitalvorschriften. Anfangs schien der Regulierungsansatz übertrieben, doch inzwischen zeichnet sich ein Kompromiss ab, der sich stärker an der EU orientiert. Das wäre vernünftig und würde den zusätzlichen Kapitalbedarf wohl auf 4 bis 7 Milliarden Franken begrenzen statt den ursprünglich diskutierten 26 Milliarden.
Heisst das, UBS ist grundsätzlich auf Kurs?
Ja, absolut. Operativ läuft alles rund. UBS-Chef Sergio Ermotti verfolgt einen klaren Plan, die UBS langfristig nach dem Modell von Morgan Stanley zu positionieren: kapitalleicht, global, fokussiert auf Vermögensverwaltung. Das Management ist stark, von Iqbal Khan über Rob Karofsky bis Sabine Keller-Busse. Die Bank ist gut geführt. Das Problem liegt ausserhalb: Regulierung und Politik schaffen Unsicherheit, die die UBS nicht steuern kann.
Ist der Streit um die AT1-Anleihen ein echtes Risiko für UBS?
Das hängt vom weiteren juristischen Verlauf ab. In der Schweiz werden solche Verfahren effizient geführt, so dass in absehbarer Zeit mit einem Entscheidung zu rechnen sein wird. Sollte UBS zur Entschädigung verpflichtet werden, hätte das zwar Kapitalauswirkungen, aber keine existenzielle Bedrohung. Sobald Klarheit herrscht, dürfte das Thema an Relevanz verlieren.
«Sergio Ermotti will klar in den USA expandieren – vermutlich durch Zukäufe. Das sehen Investoren teils kritisch.»
Sie glauben also nicht, dass die UBS den Hauptsitz in die USA verlegen wird?
Nein. Diese Diskussion war eher eine taktische Reaktion auf den politischen Druck in der Schweiz. Eine Verlagerung wäre aus meiner Sicht kontraproduktiv. UBS ist global aktiv, aber ihr Fundament bleibt die Schweiz nicht zuletzt wegen der Marke und des Vertrauens, das sie weltweit geniesst. Ohne Schweizer Sitz ist es nicht mehr die UBS.
Würde es überhaupt Sinn machen, in die USA zu ziehen?
Auf dem Papier ja, wegen Eigenkapitalberechnung. Aber dann könnte die Schweiz reagieren und UBS das Leben schwer machen. UBS ist ohnehin kaum mehr eine «Schweizer Bank» – der grösste Teil des Geschäfts ist in den USA und Asien. Die Schweiz ist reifer, dort stagniert das Wachstum, während Asien und die USA stark wachsen.
Sergio Ermotti will klar in den USA expandieren – vermutlich durch Zukäufe. Das sehen Investoren teils kritisch, weil die USA regulatorisch riskant sind. Trotzdem: UBS hat das Team und das Geschäftsmodell, um dort erfolgreich zu sein.
«Die geplanten Kapitalvorschriften gefährden die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes.»
Hat es die Schweizer Politik mit der Regulierung übertrieben?
Ganz klar, ja. Die geplanten Kapitalvorschriften gingen weit über internationale Standards hinaus und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes. Sicherheit schafft man nicht durch Kapitalmauern, sondern durch ein Gleichgewicht von Risiko, Rendite und Aufsicht. Zum Glück scheint sich die politische Vernunft inzwischen durchzusetzen.
Wie beurteilen Sie den Integrationsprozess von Credit Suisse (CS)?
Sehr positiv.
Hat es Sie überrascht, dass der Prozess praktisch ohne Nebengeräusche über die Bühne geht?
Nein.
Weshalb?
UBS wusste genau, worauf sie sich einlässt. Zudem sind die Geschäftsfelder der beiden Banken sehr ähnlich. Die Integration läuft professionell, die Kommunikation ist transparent. Kleinere Verzögerungen bei der Kundenmigration sind in einem Projekt dieser Grössenordnung normal.
Würden Sie so etwas nur von einer Schweizer Bank erwarten?
(lacht) Nun, die UBS arbeitet schon gründlich, aber auch, weil sie wusste, worauf sie sich einlässt. Zehn Jahre CS-Krisengeschichte haben jeden vorbereitet. Die UBS-Spitze wusste ziemlich genau, worauf sie sich einlässt mit der Übernahme der CS.
«Iqbal Khan verkörpert das Profil, das UBS braucht.»
Was kommt nach der Integration? Wird UBS wieder auf Wachstum setzen?
Sobald die Integration abgeschlossen ist, wird UBS ihren nächsten Schritt machen müssen. Für mich ist klar: Der Fokus wird auf den US-Markt gerichtet sein. Dort wird sich entscheiden, ob UBS weiter wächst – möglicherweise auch durch Akquisitionen. Innovation, etwa im Bereich KI-gestützter Beratung, wird dabei selbstverständlich ein Teil der Strategie sein, aber nicht das Hauptthema. Der nächste Meilenstein wird die Expansion in den USA sein.
Aber Sergio Ermotti agiert vorsichtig. Er wartet auf stabile Ergebnisse, bevor er neue Schritte verkündet. Vermutlich 2026 oder 2027 – also kurz vor seinem Abgang.
Wer wird danach CEO: Iqbal Khan?
Ja, das denke ich.
Khan verkörpert das Profil, das UBS braucht: international, wachstumsorientiert und aus dem Wealth-Management kommend – genau das, was Ermotti mit seiner «Morgan-Stanley-Strategie» anstrebt. Rob Karofsky wird entscheidend für das US-Geschäft bleiben. Khan ist der logische Nachfolger.
Und die alte «Spygate»-Affäre um Khan?
Kein Thema mehr. Vergessen. Natürlich, bei CEO-Ernennungen spielt Politik immer mit, aber ich glaube, der Markt würde das nicht mehr negativ sehen.
Möglich wäre aber auch, dass ein externer Kandidat das Rennen macht.
Für mich unwahrscheinlich. UBS hat starke interne Kandidaten mit Glaubwürdigkeit und Erfahrung. Nur wenn der Markt die US-Strategie ablehnt, könnte ein externer Kandidat infrage kommen. Dann aber müsste es eine sehr profilierte Persönlichkeit sein.
















