Vintage-Uhren: Erholen sich jetzt die Preise?
Von Swiss Watch Advisor
Die Schlagzeile wurde medienwirksam gestreut: «The Bloomberg Subdial Watch Index, which tracks the 50 most-traded timepieces by transaction value, gained 5.3 percent in the first half of 2025.» Gemäss Bloomberg (Artikel hinter Bezahlschranke) sei dies der stärkste Anstieg seit Anfang 2022.
Das sorgt für genügend Gesprächsstoff am Desk oder bei Afterwork-Drinks am Donnerstagabend im Kreis, 1 wo die eine oder andere Halbwahrheit weiter geteilt wird.
Quiet Luxury Making Noise?
Als «Top Performer» speziell erwähnt werden der Rolex Cosmograph Daytona in Gelbgold (Referenz 116508) sowie die Aquanaut, Referenz 5167A von Patek Philippe.
Kommen wir zunächst zur Aquanaut. Grund für deren Preisanstieg sei ein allgemeiner Trend zu «Quiet Luxury». Klar, 20-Somethings shoppen immer öfters bei Zara nach «unbranded» T-Shirts und verzichten zunehmend auf den «Fade» beim lokalen Barbershop anstelle von einer längeren Haarpracht, welche an «Old Money» erinnern soll.
Ob das zwingend die Käuferschaft mit dem nötigen Kleingeld für eine simple Stahl-Aquanaut (Sekundärpreis von mindestens 50'000 Franken) ist, sei dahingestellt – ebenso die Antwort auf die Frage, ob eine Sportuhr von Patek Philippe mit Kautschuk-Armband wirklich so unscheinbar beziehungsweise «quiet» ist. Das würde – wenn schon – dann eher für ein zunehmendes Interesse an den «Dress Watches» der Marke sprechen.
Goldpreis oder Repositionierung?
Der hohe Goldpreis soll zudem der Treiber hinter dem Preisanstieg der goldenen Daytona sein.
Das stimmt zumindest halbwegs. Rolex hat tatsächlich kürzlich die Preise ihrer Goldmodelle erhöht. Wichtiger scheint aber, dass Rolex erstmals die Preise für die Daytona in Edelmetall (Gelb-, Rose- und Weissgold) mit ca. 14 Prozent deutlich stärker angehoben hat als die Preise anderer Goldmodelle.
Anders formuliert: Rolex ist wohl der Meinung, dass die Zahlungsbereitschaft für ihre beliebteste Modelllinie nochmals deutlich höher liegt. Einerseits erhöht dies natürlich die Marge der Marke, andererseits wird die bereits äusserst gefragte Daytona durch die neue Preisgestaltung entsprechend positioniert und auf einen noch höheren Thron gestellt. So erstaunt es nicht, dass als Resultat der Listenpreiserhöhung des aktuellen Modells auch der Preis der Vorgängerreferenz auf dem Sekundärmarkt angestiegen ist.
Stärkster Anstieg seit 2022
Im ersten Halbjahr 2025 hat nun der «Bloomberg Subdial Watch Index» so stark zugelegt wie seit Anfang 2022 nicht mehr. Isoliert betrachtet stimmt die Headline natürlich.
Wie bei Wertpapieren ist es aber auch hier sinnvoll, einen etwas längerfristigen Preis-Chart hinzuzuziehen, um den Gesamtkontext zu verstehen. So hat von ca. 2019 – 2022 der Markt für Sekundäruhren einen noch nie da gewesenen und zeitweise exzessiven und irrationalen Preisanstieg verzeichnet. Die Gründe dafür sind vielschichtig und bedürfen eines separaten Artikels.
What goes up must come down
Nach dieser «irrational exuberance» sind die Sekundärpreise über längere Zeit gefallen, bis sie schliesslich – je nach Marke und Modell – einen Boden gefunden haben. In einem von steigenden Aktienmärkten geprägten Umfeld sind nun die Preise der 50 gefragtesten Uhren wieder etwas gestiegen, wohl auch aufgrund der in den USA antizipierten Zölle für Schweizer Importgüter.
Ob dies eine längerfristige, «Headline-Worthy» Entwicklung ist, wissen die Götter, oder vielleicht auch schon Bloomberg?
Swiss Watch Advisor wurde von einem Schweizer Private Banker gegründet. Seine Uhrenexpertise teilt er in regelmässigen Abständen auf finews.ch. Als erster vollständig unabhängiger Berater unterstützt er sowohl Erstkäufer wie auch erfahrene Uhrensammler dabei, ihre Sammlung zu kuratieren oder ihre erste (und einzige) Uhr zu finden. Fei von Interessenskonflikten bietet SWISS WATCH ADVISOR als Sparringspartner seinen Kunden eine Zweitmeinung und individuelle Empfehlungen. Der Autor kann