Maserati: Mehr Modena, mehr Massarbeit

Von Jérôme Marchon

Bevor er Stellantis verliess, bezeichnete Carlos Tavares, CEO des Mutterkonzerns, Maserati als «eine Mischung aus Grand Touring, Performance und Dolce Vita». In den vergangenen Jahren hat diese Definition bei der Kundschaft allerdings kaum Anklang gefunden.

Die Produktion sank von rund 26’600 Einheiten im Jahr 2023 auf 11’300 im Jahr 2024. Und 2025 zeigt sich bislang noch schwieriger: In den ersten neun Monaten wurden lediglich 6’000 Fahrzeuge gebaut, gegenüber 8’600 im gleichen Zeitraum 2024.

Schrumpfendes Modellprogramm

Diese Zahlen bedürfen jedoch der Einordnung: Die volumenstarken Modelle Ghibli und Levante verschwanden – nahezu zeitgleich mit dem Quattroporte – zwischen Ende 2023 und Anfang 2024 aus dem Maserati-Portfolio, ohne dass direkt Nachfolger bereitstanden.

Allerdings leidet die Marke auch unter einem anhaltenden Imageproblem: einem im Wettbewerbsvergleich ungünstigen Preis-Leistungs-Verhältnis, Zuverlässigkeitsfragen bei einzelnen Modellen sowie einem After-Sales-Netz, das mancherorts zu wünschen übrig lässt.

Rasant zurück nach Modena

Maserati-CEO Jean-Philippe Imparato hat nun sein Versprechen vom Jahresende 2024 eingelöst: Die Produktion des GranTurismo und des GranCabrio ist aus Mirafiori, wo künftig der neue Fiat 500 Hybrid gebaut wird, abgezogen worden und an den historischen Maserati-Standort in Modena zurückgekehrt. Die Verlagerung kostete rund 4 Millionen Euro, dauerte nur 45 Tage, band über 200 Mitarbeitende ein, erforderte 300 technische Eingriffe und umfasste 3’500 Ausbildungsstunden, um Knowhow zu übertragen, Linien anzupassen und neue Logistikabläufe zu integrieren.

Das historische, 48’000 Quadratmeter grosse Werk am Viale Ciro Menotti fertigt nun auf einer einzigen Linie die Modelle MC20, MC20 Cielo und GT2 Stradale sowie die GranTurismo- und GranCabrio-Baureihen – sowohl als Verbrenner wie auch als Elektroversionen. Die maximale Produktion liegt bei sieben Fahrzeugen pro Tag; ein bewusst niedrig gewählter Wert, welcher der neuen Markenstrategie entspricht.


Zwei One-Off-Modelle: GranTurismo Meccanica Lirica in Rosso Velluto... (Bild: zVg)

Der Grecale bleibt in Cassino

Der Vollständigkeit halber: Der Familien-SUV Grecale, Maseratis volumenstärkstes Modell, wird weiterhin gemeinsam mit Alfa Romeo Stelvio und Giulia im Stellantis-Werk Cassino gebaut.

Die frühere Volumenstrategie führte zu hohen Lagerbeständen, drückte die Margen, belastete die Qualität und verwässerte Positionierung wie auch Restwerte. Maserati schlägt nun einen völlig neuen Kurs ein und kehrt gewissermassen zu seinen Wurzeln zurück. Analysten erwarten langfristig ein kontrolliertes Produktionsvolumen zwischen 15’000 und 20’000 Fahrzeugen pro Jahr. Dies bei klar höheren Stückerträgen und einer stärker selektiven, auf Bestellung basierenden Vertriebsstrategie.

Ende des «Push the Metal»

Santo Ficili, COO von Maserati, betont die dringende Notwendigkeit, das Vertrauen zwischen Marke, Kundschaft und Händlernetz wiederherzustellen. Die Rückkehr von GranTurismo und GranCabrio nach Modena steht exemplarisch für die neue Philosophie: ein stärker handwerklich geprägtes Produktionsumfeld, mit sehr geringer Automatisierung (im ganzen Werk gibt es lediglich drei Roboter) und einem kompromisslosen Fokus auf Qualität.

In der ersten Jahreshälfte 2026 wird Antonio Filosa, der neue CEO von Stellantis, einen aktualisierten Produktplan für alle Konzernmarken vorstellen. Für Maserati wird dieser entscheidend sein, da er den Fahrplan für Modellerneuerungen, neue Produkte, die Elektrifizierungsstrategie sowie den Ausbau der Programme Fuoriserie und Maserati Classiche präzisieren wird.

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... und GranCabrio Meccanica Lirica in Oro Lirico. (Bild: zVg)

Ein entscheidender Produktplan

Oberstes Ziel bleibt, Maserati zu einem profitablen und konsistenten Bestandteil innerhalb von Stellantis zu machen – mit Betriebsmargen, die den Erwartungen des Segments entsprechen.

Die Zukunft der Giorgio-Plattform, lange ungewiss angesichts der neuen Multi-Energie-Architekturen STLA, scheint nun gesichert zu sein. Entwickelt in der FCA-Ära unter Sergio Marchionne für Alfa Romeo und Maserati und als eine der besten Heckantriebsplattformen am Markt angesehen, soll Giorgio weitergeführt werden, solange es regulatorisch möglich ist.

Giorgio bleibt erhalten

Ihre Steifigkeit, Präzision und Modularität (einschliesslich der Eignung für Elektrifizierung wie bei der Maserati-Folgore-Reihe) stellen einen strategischen Wert dar. Mit der Euro-7-Homologierung gewährleistet die Plattform eine technische Kontinuität für kommende Generationen beider italienischer Marken.

Maserati baut zudem zwei wichtige Umsatzträger aus. Das erste, Fuoriserie, bietet umfangreiche Personalisierungsoptionen – von werksintegrierten Ausstattungspaketen bis hin zu vollständig massgeschneiderten Fahrzeugen mit exklusiven Lackierungen oder individuellen Innenräumen aus Leder, Alcantara oder beidem. Die Konfiguration kann bei einem Händler oder direkt im neuen Fuoriserie-Studio in Modena erfolgen.

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Banddurchschnitt am neuen Produktionsstandort. (Bild: zVg)

Fuoriserie und Classiche

Rund 25 Prozent der Jahresproduktion sollen künftig mit Fuoriserie-Elementen (Paket oder Massanfertigung) ausgestattet sein. Gleichzeitig stärkt Maserati seine Abteilung Classiche, die vollständige Restaurationen, Echtheitszertifikate und dank 3D-Druck auch die Nachfertigung nicht mehr verfügbarer Teile anbietet.

Zur Feier dieser Weiterentwicklungen präsentierte Maserati zwei Fuoriserie-Einzelstücke: den GranTurismo Meccanica Lirica in Rosso Velluto und den GranCabrio Meccanica Lirica in Oro Lirico. Inspiriert vom kulturellen Erbe Modenas, wie etwa der Oper, zeigen beide Modelle die gestiegene Personalisierungskompetenz der Marke.

Zwei Einzelstücke als Statement

Die Fahrzeuge verfügen über komplexe neue Lacke, spezifische Ausführungen, Interieurs aus Leder und Alcantara (erstmals bei diesen Modellen) sowie einen neu abgestimmten Klang der Abgasanlage. Ausserdem dienen sie als Demonstrationsmodelle für das neue Meccanica-Lirica-Paket, das für die gesamte GranTurismo- und GranCabrio-Baureihe angeboten wird.

Das Herz der Marke schlägt damit wieder verstärkt in Modena. Maserati entwickelt hier ein kompakteres, flexibleres und stimmigeres Modell industrieller Produktion. Eines, das den erneuerten Premium-Anspruch der Marke unterstreicht.


Jérôme Marchon ist freischaffender Autojournalist aus der Westschweiz. Er ist Chefredaktor von Contact!, dem Mobilitätsmagazin des Journal de l’Immobilier/Le Temps, und schreibt regelmässig für weitere Medien.