Sechs Sportwagen für ein Halleluja

Die Diagnose aus dem Boulevard war brutal: Maserati liege «auf dem Sterbebett», schrieb der «Blick» kürzlich. Der Supersportler MC20? Kaum verkauft. Die Werke in Italien? Auf Sparflamme. Der Mutterkonzern Stellantis? Hat der italienischen Premium-Marke laut Medienberichten 1,6 Milliarden Euro an Investitionen gestrichen.

Und tatsächlich: Die Schweizer Neuzulassungen geben wenig Anlass zur Euphorie. Bis Ende April 2025 wurden lediglich 49 Maseratis neu eingelöst – weniger als halb so viele wie im Vorjahr (106). Die Nachfrage nach dem MC20 ist ebenfalls verhalten: 2024 wurden 16 Stück verkauft, 2025 bis Ende April 7. Doch wie so oft im Leben lohnt sich ein zweiter Blick – jenseits der Grabeslyrik der Boulevard-Schlagzeilen.

Feier mit Stil

Wer Mitte Mai die Maserati-Niederlassung der Binelli Group in Zürich betrat, sah nichts, was an Endzeit erinnerte. Im Gegenteil: Sechs glänzende MC20 standen bereit zur feierlichen Übergabe an ihre neuen Besitzer in der Schweiz: monumentale Skulpturen italienischer Designkunst mit 630 PS.

Roland Staehler, Managing Director für Deutschland, Österreich und die Schweiz, war persönlich aus Frankfurt angereist. Und weil Italien mehr ist als nur Automobilbau, wurde auch der Lunch zelebriert: Live zubereitetes Risotto im ausgehöhlten Parmesanlaib – ein Stück Kulturgenuss zwischen Kohlefaser und Drehmoment.

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«Schweiz hat den zweithöchsten Marktanteil»: Maserati-Mann Staehler. (Bild: zVg)

«Unerreichte Schönheit»

«Wenn ich diese sechs MC20 so versammelt sehe, stellen sich bei mir immer noch die Nackenhaare auf», sagte Staehler im Gespräch mit finews.ch. «Und so sollte es auch sein.» Die Kunden? Strahlend, stolz – und voller Überzeugung. Einer von ihnen sagte uns: «Für mich bleibt die Schönheit von Maserati, insbesondere des MC20, unerreicht.»

Statt Rückzug verkündet Staehler Aufbau. «Wir entwickeln uns weiter, investieren in zukünftige Produkte, kümmern uns um unsere Kunden, runden das Angebot ab und haben die Positionierung sogar angepasst, um noch wettbewerbsfähiger zu sein», erklärt er.

Fokus auf Grecale und GranCabrio

Die Entscheidung, die elektrische Version des MC20 nicht zu bringen, sei bewusst gefallen. «Gerade im Supersportwagensegment ist der Markt für vollelektrische Modelle noch nicht da.»

Im Fokus stehen dafür andere Modelle wie der Grecale oder das vollelektrische GranCabrio – weltweit das einzige Viersitzer-Cabrio mit E-Antrieb.

Schweiz bleibt Schlüsselmarkt

Auch das Individualisierungsprogramm Fuoriserie wurde runderneuert. «Es gibt wieder mehr Farben, mehr Innenraumvarianten – das kommt extrem gut an», führt Staehler aus.

In der Schweiz sieht er ein besonders starkes Potenzial. «Nach Italien hat die Schweiz den zweitgrössten Marktanteil. Natürlich ist der Automarkt in Deutschland zehnmal so gross – aber das ist bei unseren Stückzahlen nicht der Fall.» Der hiesige Markt sei überproportional erfolgreich für Maserati – und entsprechend betreibe man intensive Planung, wie sich die Marke hier künftig aufstellen solle.

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Mehr Farben, mehr Varianten: Maserati MC20 in Zürich. (Bild: zVg)

«Besonderer Reiz»

Staehler betont die anhaltende Wertigkeit der Marke und ihrer Fahrzeuge: Es gehe um Exklusivität, Individualität, Mythos. Maserati operiere als Einzige innerhalb des Stellantis-Konzerns im Luxus-Sportwagensegment. «Das macht den besonderen Reiz aus – aber natürlich auch die Integration komplexer.»

Somit sei Maserati innerhalb des Stellantis-Konzerns anders herausgefordert als die Volumenmarken. Doch Staehler bleibt gelassen: «Es gibt überhaupt keinen Grund, Trübsal zu blasen – im Gegenteil.»

Angebot und Auftritt

Der Maserati-Manager kündigt an, dass die Modell-Lücken, die durch das Auslaufen des Levante im Jahr 2024 und des Ghibli und des Quattroporte im Jahr 2023 entstanden seien, wieder mit Inhalt gefüllt würden: «Kunden werden auch künftig wählen können – zwischen Verbrennern, Hybridlösungen und reinen Elektrofahrzeugen. So schaffen wir Optionen.»

Der Anlass in Zürich zeigte: Maserati ist nicht erledigt – sondern jederzeit bereit, Emotionen zu entfachen, wenn Angebot und Auftritt stimmen.