BMW, Mercedes und VW: Deutsche Ikonen erfinden sich neu
Von Jérôme Marchon
Das Rampenlicht gehört an der IAA Mobility traditionell den Lokalmatadoren: BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen stehen an der IAA Mobility in München im Zentrum, nachdem zuletzt chinesische Hersteller die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten.
Doch ganz verdrängen lassen sie sich nicht: 14 Marken aus dem Reich der Mitte sind vertreten – fast die Hälfte aller Aussteller.
Gegenoffensive auf heimischem Boden
Im eigenen Revier nutzen die drei deutschen Giganten die Messe, um neue, rein elektrische Modelle vorzustellen.
Ihr Ziel ist klar: Die chinesische Konkurrenz in Schach halten und gleichzeitig den US-Markt für sich gewinnen. Dies geschieht trotz hoher Belastungen durch den von Donald Trump vom Zaun gebrochenen Handelsstreit.
Erstmals gezeigt: neuer vollelektrischer Mercedes GLC. (Bild: zVg)
Eine gebeutelte, aber widerstandsfähige Industrie
Die vergangenen Jahre waren hart: Restrukturierungen, Stellenabbau, strategische Neuausrichtungen. Chinesische Newcomer setzten die Branche unter Druck – technologisch wie infrastrukturell. Verstärkt wurde der Schock durch US-Zölle von zunächst 27,5 Prozent, die zwar auf 15 Prozent gesenkt wurden, jedoch noch nicht breit umgesetzt sind.
Dennoch haben die deutschen Hersteller Hunderte Milliarden in E-Antriebe, Software und Künstliche Intelligenz investiert. Herausgekommen ist eine neue Fahrzeuggeneration: mehr Reichweite, kürzere Ladezeiten, umfassende Konnektivität. «Wir gehen in die Offensive», erklärte Oliver Blume, CEO von Volkswagen. Sein Pendant bei Mercedes-Benz, Ola Källenius, spricht gar von einem «Wind des Optimismus» für eine Branche, die «wie nie zuvor investiert und entschlossen nach vorne blickt».
BMW-Präsident Oliver Zipse feiert die Weltpremiere der Neuen Klasse: Erstes Modell iX3. (Bild: zVg)
Französische Eleganz als Kontrapunkt
Auch Renault nutzt München für einen Auftritt: Neben den elektrischen Erfolgsmodellen R5, Megane und Scenic zeigt der Konzern die sechste Generation seines Bestsellers Clio.
Seit 35 Jahren ein Dauerbrenner, tritt er nun nachhaltiger auf – mit über 33 Prozent recycelten Materialien, Vollhybrid-Antrieb mit 160 PS und moderner Konnektivität.
China bleibt aggressiv
Leicht wird der Kampf nicht: Chinesische Marken haben ihren Marktanteil in Europa binnen eines Jahres verdoppelt, von 2,9 auf 5,9 Prozent. «BYD ist gekommen, um zu bleiben», unterstrich Stella Li, Vizepräsidentin des weltgrössten Verkäufers elektrifizierter Fahrzeuge. Die Chinesen zeigen in München nicht nur den in Ungarn gefertigten Plug-in-Hybrid-Kombi Seal 6 DM-i Touring, sondern auch ihre 1-Megawatt-Schnelllade-Technologie, die 400 Kilometer Reichweite in fünf Minuten ermöglicht.
Andere Marken setzen ebenfalls Akzente: Leapmotor – Partner von Stellantis – will mit einer Kompaktklasse die junge Kundschaft gewinnen. Xpeng expandiert nach 60 Ländern bis Ende 2025, tritt in diesem Monat in die Schweiz ein und eröffnet ein Entwicklungszentrum in München, um die nächste Generation der AI-gesteuerten Limousine P7 zu realisieren.
Futuristisches aus Wolfsburg: Innendesign des Konzept-Autos iD.Cross. (Bild: zVg)
Die deutschen Schwergewichte kontern
BMW enthüllt den SUV Neue Klasse iX3: Reichweite bis zu 800 Kilometer, davon 369 Kilometer Ladeleistung in zehn Minuten – inspiriert vom Design der 1960er Jahre. Mercedes setzt auf den elektrischen GLC mit 713 Kilometern Reichweite und einer leuchtenden Maybach-Grill-Reminiszenz.
Volkswagen wiederum bringt 2026 den iD.Polo für unter 25’000 Euro, samt sportlicher GTI-Version – eine Rückbesinnung auf das Prinzip «Volkswagen». Dazu gesellen sich der Cupra Raval, der neue T-Roc sowie Konzepte wie iD.Cross oder Skodas Epiq.
Zwischen Washington und Shanghai
Volkswagen steckt allerdings in der Zwickmühle: Verluste in China und Milliardenkosten durch US-Zölle lasten schwer, besonders bei Audi und Porsche. Letztere wurde zudem gerade aus dem deutschen Leitindex DAX entfernt – nach einem Kurssturz von über 45 Prozent seit dem Börsengang. Ursachen sind schwächelnde Taycan-Verkäufe in China, hohe Kosten für die vollständige Eigenentwicklung von E-Modellen und die Doppelfunktion von Oliver Blume als CEO von Porsche und Volkswagen.
Bereits heute beschäftigt Volkswagen über 5000 Mitarbeitende im Werk Tennessee. Weitere Investitionen sind geplant – «wenn die USA ihrerseits ein Signal setzen», wie Blume betont, ohne Details zu nennen.
Jérôme Marchon ist freier Automobiljournalist aus der Westschweiz. Er ist Chefredakteur von «Contact!», dem Mobilitätsmagazin des Journal de l'Immobilier/Le Temps, und regelmässiger Mitarbeiter verschiedener anderer Medien.