Die unerwartet hohe Milliardenbusse, welche der UBS droht, wirft neue Fragen zur Reputation und zur Geschäftspolitik der Bank auf. Die Situation ist beunruhigend. 

1. Was sind die Folgen fürs Jahresergebnis?

Offenbar wird die UBS 1,63 Milliarden Dollar an Busse im Libor-Skandal bezahlen müssen, wie verschiedene Medien am Wochenende berichteten. Die offizielle Bekanntgabe soll in diesen Tagen, möglicherweise schon heute Montag, kommen. Doch wie wirkt sich eine solche Busse aufs Jahresergebnis aus?

Dazu gibt es primär einmal folgende Angaben: Im letzten Quartalsbericht (per Ende September 2012) weist die UBS 897 Millionen Franken an Rückstellungen für «Litigation, regulatory and similar matters» aus. Das ist also viel zu wenig, zumal die Summe alles umfasst, was daneben noch ansteht – also potentielle Zahlungen im Zusammenhang mit dem Grossbetrüger Bernard Madoff, mit den Streitigkeiten um die Stadtwerken Leipzig, wegen Absolute-Return-Produkten, wegen Lehman-Notes und so weiter.

Unter diesen Prämissen deutet vieles darauf hin, dass die hohe Busse sowie die damit zusammenhängenden Restrukturierungskosten der UBS im 4. Quartal 2012 einen Verlust bescheren werden. Entsprechend wird auch das Jahresergebnis davon merklich tangiert sein.

2. Droht eine weitere Busse in der Schweiz?

Gemäss «NZZ am Sonntag» untersucht auch die Schweizerische Wettbewerbskommission (Weko), ob die UBS gegen das hiesige Kartellrecht verstossen hat. Dies wäre bereits der Fall, wenn durch illegale Absprachen auch in der Schweiz Investoren geschädigt worden wären, schreibt die «NZZ am Sonntag». Dann müsste die UBS trotz einer bedingten Immunität mit einer weiteren Busse rechnen, wie ein Sprecher der Weko erklärte.

In den Sonntagsmedien verschwand allerdings das Detail, dass die Weko der UBS eine bedingte Immunität gewährt hat, weitgehend. Die UBS selber beschrieb es im Quartalsbericht mit dem Satz: «WEKO has also granted UBS conditional immunity in connection with potential competition law violations related to submissions for Swiss franc LIBOR and certain transactions related to Swiss franc LIBOR.»

3. Droht der UBS ein Waterloo in Japan?

In Japan, wo die Libor-Manipulationen im grossen Stil wirkten, könnten die Aufsichtsbehören bei einem Schuldeingeständnis der UBS die Lizenz entziehen. Japanische Medien haben bereits am Wochenende entsprechend darüber spekuliert.

Es wäre nicht das erste Mal, dass in Japan einer Schweizer Grossbank eine Lizenz entzogen würde. Bereits in den neunziger Jahren erlitt eine Rechtseinheit der Credit Suisse eine solche Sanktion, einzelne Mitarbeiter eine Untersuchung der japanischen Finanzaufsicht behindert hatten. Dies, nachdem es in Bereichen der Investmentbank zu strafbaren Transaktionen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Finanzprodukten und Bilanzschönungen gekommen war.

Ein Lizenzentzug in Japan wäre für die UBS verheerend. Zum einen, weil die Bank dort eine unter Auslandsbanken wichtige und vertrauenswürdige Position in der Vermögensverwaltung besitzt – vermögende Privatpersonen haben mehr Geld bei der UBS deponiert als bei jeder anderen Auslandsbank. Zum andern hat auch die UBS im Investmentbanking eine wichtige Stellung in Japan, wo sie seit 2007 das höchste Handelsvolumen auf dem Devisenmarkt Tokios verzeichnet.

So oder so zeichnet sich ein massiver Reputationsschaden für die UBS ab. Vor diesem Hintergrund ist es gut möglich, dass die UBS auf Grund eines Schuldeingeständnisses bereit ist, auf einzelne Geschäfte in Japan zu verzichten.

4. Warum versagen die Kontrollen bei der UBS so häufig?

Kaum ist der Handelsskandal in London, bei dem der frühere UBS-Mitarbeiter Kweku Adoboli 2,3 Milliarden Dollar verspekulierte, abgehakt, deckt ein neuer Vorfall die offenbar mangelhaften Kontrollmechanismen bei der Schweizer Grossbank auf.

Für die neuen UBS-Vertreter im Verwaltungsrat sowie in der Konzernleitung ist dieser Vorfall extrem behindernd, um neue Glaubwürdigkeit aufzubauen. Vieles deutet darauf hin, dass es immer schwieriger, wenn nicht gar unmöglich wird, so grosse Konzerne wie die UBS zu lenken und vor allem zu überwachen.

5. Wie lange kann sich die Reputation der UBS noch halten?

Für sehr vermögende Privatkunden wird das Gebaren der UBS immer mehr zu einem Risikofaktor, zumal die Schweizer Grossbank durch den Libor-Skandal auch in der Öffentlichkeit wieder massiv unter Druck gerät.

Kommt hinzu, dass mit der Verlagerung des Problems nach Japan nun auch in Asien, wo die UBS bislang ein sehr gutes Image besass, Fragen zur Reputation der Bank aufkommen.

Angesichts dieser Dimensionen, aber auch der Höhe der Busse und den aus einem Schuldeingeständnis drohenden Zivilklagen, werden sich viele Anleger gut überlegen, ob sie künftig tatsächlich in eine UBS investieren wollen – eine Bank, die zwar den (an sich richtigen) Schritt hin zur Vermögensverwaltung vollzogen hat, aber mit Altlasten und potenziell neuen Risiken mehr denn je konfrontiert ist.

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