Was will der frühere Clariden-Leu-CEO bei der Centrum Bank? Olivier Jaquet im Interview mit finews.ch.

Herr Jaquet, Sie waren zuletzt CEO von Clariden Leu und wurden im Zuge der Integration der Bank in die Credit Suisse sozusagen wegrationalisiert. Jetzt werden Sie erneut CEO. Warum tun Sie sich das an?

Diese Frage habe ich mir auch gestellt, zumal ich diverse Angebote, auch von der Credit Suisse, zuvor konsequent abgelehnt hatte.

Nach Clariden Leu wollte ich zunächst etwas Zeit haben, um mir klar zu werden, was ich eigentlich wollte. Dabei stellte ich auch fest, dass ich verstärkt eine unternehmerische Herausforderung suche.


«Das Umfeld ist überschaubar und spannend»


Nun sind Sie aber doch wieder bei einer Bank gelandet. Warum?

Die Centrum Bank hat ein anderes Set-up, einen starken Kundenfokus, ist unabhängig, weniger politisch, der Eigentümer ist eine Familie und sorgt für Kontinuität – kurzum das Umfeld ist unternehmerisch. Das ist spannend. Eine Grossbank kam für mich nicht in Frage

Wie kamen Sie ausgerechnet auf die Centrum Bank?

Zum einen war dort mit der Nachfolge für Thomas Lips ein Generationenwechsel bereits seit geraumer Zeit geplant. Zum andern empfahl mich ein früherer Arbeitskollege von Clariden Leu, der heute bei der Centrum Bank arbeitet. So kam der Kontakt zustande. Dass ich auch schon im Fürstentum Liechtenstein gearbeitet hatte, war sicherlich auch förderlich.


«Es existieren keinerlei Nachforderungen»



Ihr früherer Einsatz im «Ländle» verlief ja zuletzt nicht ganz glücklich. Vereinzelte Medien warfen Ihnen vor, mit Scheinwohnsitz und Steuergeschenken der Credit Suisse gelinde gesagt Steueroptimierung zu betreiben. Wie sehen Sie das rückblickend?

Auf Grund meiner Funktion bei der CS Life musste ich aus regulatorischen Gründen einen Wohnsitz in Liechtenstein haben. Von 2002 bis 2007 war ich v.a. für die liechtensteinische Versicherungsgesellschaft tätig.

Das war allgemein bekannt, und zu jedem Zeitpunkt mit den entsprechenden Steuerämtern in der Schweiz und Liechtenstein korrekt abgesprochen. Entsprechend wurde ich auch besteuert. Es existieren auch keinerlei Nachforderungen.


«Ich werde in Vaduz und Zürich arbeiten»


Und danach?

Ab 2008 verschob sich mein Wirkungsfeld hauptsächlich in die Schweiz und ich zahlte meine Steuern wieder vollumfänglich in der Schweiz. Auch über diesen Umstand herrschte völlige Transparenz. Die Aussage, dass ich 2011 noch in Liechtenstein meine Steuern bezahlt habe, ist schlicht falsch. Falls mein Verhalten in Bezug auf die Steuern zu irgend einem Zeitpunkt nicht rechtens gewesen wäre, hätte mich die Finanzmarktaufsicht nicht als CEO und damit Gewährsträger einer Bank akzeptiert.

Wo wird inskünftig Ihr Arbeitsort sein?

Sowohl in Vaduz am Hauptsitz der Centrum-Gruppe, als auch in Zürich, wo die Schweizer Niederlassung domiziliert ist.

Was haben Sie mit der Centrum Bank nun vor?

Mit rund 9 Milliarden Franken an Kundengeldern ist das Unternehmen solide und agil. Da es diese Bank erst seit 20 Jahren gibt, ist das so genannte Legacy-Thema kaum ein Problem.


«Wir sind als Bank nicht isoliert»


Ich starte also auf einem gesunden Fundament. Mit dem vorhandenen Steuer-, Anwalts- und Treuhand-Know-how innerhalb der Gruppe offerieren wir auch wesentlich mehr als jede andere, kleinere Privatbank. Im heutigen regulatorischen Umfeld ist Spezialistenwissen gefragt, das sonst teuer eingekauft werden müsste.

Nun sind aber 9 Milliarden Franken an Depots nicht gerade alle Welt. Mutieren Sie nicht eher zum Übernahmeziel in der ganzen Konsolidierung im Private Banking?

Nein, eben nicht, weil wir viele rückwärtige Arbeiten ausgelagert haben und, wie gesagt, in Sachen Legal & Compliance auf die Dienste der angegliederten Firmen innerhalb der Gruppe zurückgreifen können.

Insofern sind wir keine isolierte Bank, sondern eher, ich würde sagen, eine Front-End-Einheit mit ausgezeichneten Wachstumsperspektiven. Im heutigen Private Banking gibt es zudem durchaus eine interessante Perspektive für «Kleine», da viele Kunden nicht Grösse wollen, sondern persönliche Dienstleistungen.

Welche Zielkundschaft peilen Sie an?

Unsere Entwicklung geht weniger in die Breite als in die Tiefe. Wir haben fünf bis sechs Kernmärkte, die wir bearbeiten. Dazu zählen sicherlich Liechtenstein, die Schweiz, spezifische westeuropäische Lander sowie einzelne Märkte im Nahen Osten und Osteuropa.


«Wir sind wie ein Vertrauensarzt»


Mir schwebt ein tief greifendes Dienstleistungsangebot vor, das eine hohe Spezialisierung anbieten kann.

Was heisst das ausgedeutscht?

Wir zählen nicht zu jenen Instituten, bei denen es heisst: «Jetzt bringst Du uns zuerst einmal fünf Millionen Franken.» Bei uns beginnt die Beratung bereits bevor der Kunde auch nur einen Rappen auf dem Konto hat.

Wir verstehen uns als umfassender Vermögensverwalter, der Finanzplanung, Steuerberatung und Treuhanddienste integral anbietet. Wir wollen mit unseren Spezialisten einen Service offerieren, der alle Phasen im Lebenszyklus abdeckt – im Prinzip so, wie dies auf einem anderen Gebiet ein Vertrauensarzt tut.

Letzte Frage noch: Ist das Fürstentum Liechtenstein in Bezug auf die internationale Vermögensverwaltung heute weiter als die Schweiz?

Ich würde behaupten, in gewissen Aspekten ja. Dank der EWR-Mitgliedschaft verfügt das Fürstentum über einen freien Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr mit der EU. Das ist ein enormer Vorteil – auch für die Banken.


«Liechtenstein reagiert pragmatischer»


Aussserdem scheint Liechtenstein in den letzten paar Jahren pragmatischer auf den Druck aus dem Ausland reagiert zu haben als die Schweiz. Das zeigt sich zum Beispiel beim Abkommen mit Grossbritannien, wo Liechtenstein früher auf eine attraktive Lösung hingewirkt hat.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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