Ein Quartalsresultat der Credit Suisse ohne Höhen und Tiefen? Das stimmt so nicht: Die Grossbank konnte in einigen Bereichen Glanzpunkte setzen. Doch glänzend steht sie deswegen (noch) nicht da: Das muss man wissen über das dritte Quartal.

1. Rechtsfälle: Trügerische Ruhe in diesem Quartal

In den vergangenen Abschlüssen war das Ergebnis der Credit Suisse (CS) jeweils von Bussen- und Vergleichszahlungen sowie Rückstellungen stark beeinflusst gewesen. Im dritten Quartal 2014 war das nicht der Fall – oder kaum: «Bloss» 41 Millionen Franken zusätzliche Rückstellungen für Rechtsfälle hat die CS getätigt.

Dies hat sich auch auf die Kapitalquote zumindest nicht negativ ausgewirkt, die bis Ende Jahr mehr als 10 Prozent betragen soll. Und wie sieht es bezüglich der Risiken weiterer Rechtsfälle aus? Bekanntlich ist die CS in den USA einem Bombardement von Klagen im Zusammenhang mit ihren Geschäften mit verbrieften Hypothekenpapieren ausgesetzt – mehr als 1 Milliarde Dollar hat sie bereits bezahlt. Was da noch zusätzlich kommt, ist schwer abzuschätzen: Diese Woche erlitt die CS in einem New Yorker Berufungsverfahren eine Abfuhr, und eine weitere Milliarden-Klage wurde zugelassen.

Zudem sind die Auswirkungen des Devisenmanipulations-Skandals auf die Bank schwer einzuschätzen. CS-Chef Brady Dougan beruhigte in der Sache aber erstmal. «Wir sehen immer noch nicht, dass wir aufseiten der Forex-Untersuchungen materielle Probleme haben», so Dougan.

Die allgemeinen Risiken insgesamt beziffert die CS selber: Sie geht von weiteren Kosten für die Beilegung von Rechtsfällen in der Höhe von bis zu 1,2 Milliarden Franken aus. Das sind notabene Aufwände, die durch bislang getätigte Rückstellungen nicht gedeckt sind.

2. Private Banking: Weitere Abflüsse – neue Führungsleute

Mit Blick auf die Reorganisation im Private Banking hat Divisionschef Hans-Ulrich Meister schon verschiedentlich von einer «Operation am offenen Herzen» gesprochen. Das belegen auch die Zahlen im dritten Quartal 2014. Die Sparte hält sich zwar tapfer, verbucht Neugeld, muss weiterhin aber auch Vermögensabflüsse in Europa vergegenwärtigen. Diese Entwicklung dürfte sich noch einige Quartale fortsetzen, wie dem Quartalsbericht zu entnehmen ist. Im nächsten Jahr werden es weitere 10 bis 15 Milliarden Franken sein, wie die CS meldet.

Das Private Banking wurde auf Grund der Neupositionierung auch personell umgestaltet. Langjährige Manager wie Alois Bättig und Erich Pfister verliessen das Unternehmen – neue Leute, darunter Claudio de Sanctis, der bisher in Asien war und nun die wichtige Leitung der neuen Sparte Nord- und Osteuropa übernimmt, müssen sich noch bewähren. Mit Philip Harris, zuvor bei der Royal Bank of Canada, hat die CS nun auch wieder einen Chef im britischen Private Banking.

3. Wachstumstreiber Asien – aber die Americas?

Das Wachstum der Kundengelder im Raum Asien-Pazifik ist rasant: Die annualisierte Zuwachsrate beläuft sich auf 19 Prozent. In diesem Jahr stiegen die verwalteten Vermögen der CS in der Region um 16 Milliarden Franken, im dritten Quartal waren es 5,1 Milliarden. Damit untermauert die CS ihren Anspruch, eine der führenden Privatbanken in Fernost zu sein.

Sie weiss die Ansprüche der Kunden, von denen fast jeder zweite zum Segment der Ultratreichen zählt, auch zu nutzen: Der deutlich stärkere Risikoappetit der asiatischen Kundschaft wird von der CS durch Kreditvergaben genährt. An sehr wohlhabende Kunden wurden 2014 Kredite in der Höhe von 2,8 Milliarden Franken vergeben, die damit ihre Investments «leveragen», was der CS wiederum höhere Margen beschert.

Der grosse Risikoappetit der Kundschaft kommt auch der Investmentbank, welche individuell geschneiderten Anlageprodukte liefert. Das Private Banking der CS in Lateinamerika bleibt hinter der asiatischen Performance dagegen weit zurück – für die Region Americas inklusive USA und Kanada weist die CS sogar einen Geldabfluss von einer halben Milliarde Franken aus. Offenbar ist dieser Rückgang auf einige wenige US-Onshore-Kunden zurückzuführen.

4. Schweizer Privatbank: Abflüsse in Milliardenhöhe

Während die CS-Vermögensverwaltung im vergangenen Quartal weltweit 5,1 Milliarden Franken Neugeld anzog, sah das Bild in der Schweiz anders aus. Die heimische CS-Privatbank hatte hier 1,1 Milliarden Franken an Abflüssen zu verschmerzen. Die Grossbank macht dafür saisonale Gründe verantwortlich.

Dennoch wirft das Resultat ein Schlaglicht auf das Schweizer Private Banking, das unter dem Chef Christoph Brunner einen tiefgreifenden Umbau durchläuft. Gleichzeitig sind die Abflüsse ein Indiz für die Härte des Konkurrenzkampfs um Schweizer Kunden.

5. Hire and Fire im Investmentbanking

Die Gesamtkosten im Investmentbanking sind gegenüber dem Vorjahr um fast eine halbe Milliarde Franken gestiegen. Laut CS ist das nicht nur auf Rechtskosten, sondern auch auf höhere variable Vergütungen und gesperrte Boni-Anteile zurückzuführen. Diese Ausgaben kletterten gegenüber dem Vorjahr um 28 Prozent.

Die Lohnkosten im Investmentbanking könnten noch weiter steigen, denn seit dem Sommer stellte die CS in diesem Bereich 200 neue Mitarbeiter ein. Das scheint das alte Muster im generell volatilen Geschäft zu bestätigen: Je nach Geschäftsgang wird kräftig expandiert – und bei Flaute fällt die Axt.

6. Der grosse Unbekannte: Keine Angaben zur neuen Schweiz-Einheit

Ab Mitte 2015 will die CS – ähnlich wie die UBS – ihr Schweizer Geschäft in eine neue Tochtergesellschaft einbringen. Diese Einheit soll die Vermögensverwaltung, das Geschäft mit Firmen und institutionellen Kunden sowie den Retailbereich und den Vertrieb umfassen.

Noch diesen Herbst erwarteten Finanzexperten erste Angaben, wer die künftige CS-Tochter leiten könnte. Als Anwärter gelten der jetzige Schweiz-Chef Hans-Ulrich Meister, aber auch Barend Fruithof, der das erfolgreiche Firmenkundengeschäft verantwortet.

7. Verhaltener Ausblick

Die jüngsten Turbulenzen an der Börse veranlassen CS-Chef Brady Dougan zu einem vorsichtigen Ausblick bis Ende Jahr. Gerade das Investmentbanking, das in den vergangenen drei Monaten wieder substanziell zum Ertragsvolumen beitrug, könnte bei schwächeren Märkten sehr rasch wieder schwächeln. Das räumt auch Dougan ein, wenn er erklärt: «Weiterhin gut ist die Auftragslage im Emissions- und Beratungsgeschäft – wie rasch diese Transaktionen im vierten Quartal umgesetzt werden können, hängt jedoch von den Marktbedingungen ab.»

Die Eigenkapitaldecke konnte weiter gestärkt werden, so dass für das Geschäftsjahr einer Bardividende, wie bereits angekündigt, nichts mehr im Wege steht.

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