Die Grossfusion unter Banken macht wieder die Runde, und mitten in den Planspielen steht die Credit Suisse. Klar ist: Der Megamerger wird nicht stattfinden – aus guten Gründen. Doch das kann sich bald ändern.

Urs Rohner, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse (CS), zeigte Sinn für Realitäten. Als er vergangene Woche an einer Tagung auf einen möglichen Zusammenschluss zwischen CS und Deutsche Bank angesprochen wurde nannte der dies «ein Ding der Unmöglichkeit».

Die Regulierungsbehörden würden einem solchen Deal niemals zustimmen, da sie eher darauf erpicht seien, Banken zu schrumpfen als sie grösser werden zu lassen.

Der ideale Bodensatz für eine Marktbereinigung

Rohners Einschätzung ist sicher richtig, und sie ist zurzeit das Diktum in Europas Bankenbranche. Diese ist geprägt von zwei Realitäten: Sie ist notorisch unterkapitalisiert, Ertragsschwächen werden mit Umstrukturierungen, Entlassungen und Neuausrichtungen begegnet, während der europäische Bankenmarkt mehr als gesättigt ist.

Im Prinzip der ideale Bodensatz für eine Marktbereinigung, sprich Akquisitionen oder Fusionen.

Die andere Realität sind die Bankenaufseher und Regulatoren. Partikularinteressen innerhalb der Eurozone verhindern durch immer wieder neue Rettungspakete das Untergehen schwacher Marktplayer, während die Institute gleichzeitig dazu angehalten sind, Kapital aufzubauen und ihre Bilanzen zu schrumpfen.

Aber ein Ding der Unmöglichkeit

In diesem Umfeld scheint eine Fusion von zwei der führenden Bankhäuser Europas, wie es die CS und die Deutsche Bank sind, tatsächlich ein Ding der Unmöglichkeit.

Wie könnte es sich auch eines der beiden Institute leisten, die Positionen des jeweiligen Konkurrenten auf die Bücher zu nehmen?

Die Idee eines Zusammengehens der CS und der Deutschen Bank ist schon Jahre alt. In der Retrospektive scheint es, je schlechter der Zustand der beiden Finanzinstitute, desto öfter wird die Idee rezykliert und machen entsprechende Gerüchte die Runde.

Warum aber die Kräfte nicht bündeln?

Es scheint hier der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein, dass die beiden, einst so stolzen und nun scheinbar gefährlich nahe am Abgrund kämpfenden Institute doch möglichst rasch wieder auf die Beine kommen. Warum also die Kräfte nicht bündeln?

Ausserdem scheint der Idee ein europäischer Komplex zu unterliegen. Europas Banken verlieren seit der Finanzkrise mehr und mehr an Boden gegenüber ihren transatlantischen Konkurrenten, deren fünf grösste Institute in den letzten Jahren auf den globalen Finanzmärkten über 10 Prozent an Marktanteilen gewonnen haben.

Der Zwang zum Wandel

Warum also kein europäischer Zusammenschluss im US-Konkurrenzkampf erprobter Häuser wie Deutsche und CS?

Und noch ein triftiger Grund würde für einen Banken-Megamerger à la CS-Deutsche sprechen: Die Bankenbranche ist gezwungen, sich zu wandeln und zu modernisieren.

Knapp gesagt: Banken sehen sich auch in Zukunft mit steigenden Kosten und sinkenden Erträgen konfrontiert. Strategien dagegenzuhalten sind Investitionen in Industrialisierung und Digitalisierung, Fokussierung auf weniger Geschäftsfelder sowie das Eingehen von möglichen Partnerschaften, um Kostensynergien zu schaffen.

Bekanntes Strategiearsenal

Übernahmen und Akquisitionen sind eine Strategie in der Bankenbranche, sich für die Zukunft zu wappnen. Doch finden diese im Segment der mittelgrossen Institute statt, wo die Komplexität noch einigermassen zu managen ist.

Der Megamerger hat bislang nicht stattgefunden – obwohl er zum bekannten Strategiearsenal in Branchen und ihren Teilnehmern gehört, die strukturell in Bedrängnis sind.

Andere Branchen machen es vor

In der Baustoffbranche haben darum die beiden grössten Player Holcim und Lafarge den Schulterschluss gewagt (Saint Gobain und Sika werden diesen wohl auch noch tätigen). Im extrem kapitalintensiven Rohstoffbereich dominieren noch die grossen drei BHP Billiton, Rio Tinto und Glencore.

In der Bierbrauereibranche haben sich Heineken, SABMiller und Anheuser-Inbev nach jahrelanger Akquisitionstour vom Rest der Welt abgesetzt. Auch die Chemie- und Saatgutbranche ordnet sich zurzeit an der Spitze neu: Chem China will Syngenta übernehmen, Bayer den US-Konkurrenten Monsanto.

Neuordnung im übersättigten Markt

Eine Neuordnung und eine Konsolidierung in Europas übersättigter Bankenbranche und die Schaffung eines paneuropäischen Bankenchampions wäre darum auch denkbar – doch findet sie nicht statt.

Die Gründe dafür sind genannt: Zu hohe Regulierungshürden und zu viel Komplexität. In Anbetracht des gegenwärtigen «Gesundheitszustandes» der CS und ihrer Leidensgenossin in Frankfurt macht ein Zusammenschluss entgegen der mathematischen Regel «Minus mal Minus gleich Plus» keinen Sinn.

Wenn der Turnaround kommt

Doch das kann sich ändern, sofern CS-CEO Tidjane Thiam und sein Kollege John Cryan bei der Deutschen Bank weiterhin hartnäckig am Turnaround der Geldhäuser arbeiten.

Es ist davon auszugehen, dass dieser gelingt und beide Banken in den kommenden 18 bis 24 Monaten die angestrebte Struktur, Ausrichtung und Kapitalstärke aufweisen.

Klassische Übernahmekandidaten?

Im Falle der CS wird die Struktur so aussehen: Ohne das Schweizer Geschäft wird sie eine im internationalen Vergleich mittelgrosse Privatbank mit einem mittelgrossen Investmentbanking sein – und nicht nur in den Augen des bekannten Finanzberaters Günter Käser von KK Research eine Übernahmekandidatin.

Bei der Deutschen Bank sind die Prognosen ähnlich: Sie wird ein Koloss im Heimmarkt Deutschland sein und ein international mittelgrosser Player im Investmentbanking und Wealth Management.

Das Szenario ist im Prinzip eine Einladung, die Idee einer Fusion CS-Deutsche weiterzuspinnen. Dass beide Häuser mit dem katarischen Staatsfonds und einem katarischen Scheich praktisch denselben Grossaktionär haben, verunmöglicht einen Megamerger keineswegs. Zurzeit ist er aber aufgeschoben.

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