Selbst in einem gesättigten Markt könne man noch wachsen, sagt Georg Schubiger. Wie das geht, verrät der Private-Banking-Chef bei Vontobel im Interview mit finews.ch.


Herr Schubiger, um noch annehmbare Erträge zu erzielen, beschränken sich heute viele Finanzinstitute (fast) nur noch aufs Kostensparen. Welche Strategie verfolgt Vontobel im Private Banking?

Tatsache ist, dass in Europa die Vermögen nicht mehr so stark wie beispielsweise in Asien wachsen. Entsprechend dominiert in unseren Breitengraden ein Verdrängungswettbewerb. Allerdings sehe ich das nicht so pessimistisch.

Warum?

Letztlich befinden wir uns in einer ganz normalen Situation. Jeder kämpft um Wachstum und Marktanteile. In einem gesättigten Markt, kann man auch gut wachsen, wenn es gelingt, das Angebot so zu gestalten, dass sich die Kunden davon angesprochen fühlen.

Was braucht es dazu?

Eine glaubwürdige Strategie, welche die Kunden auch als solche wahrnehmen, ausserdem Qualität in der Beratung. Denn Private Banking lässt sich nicht einfach skalieren wie dies im institutionellen Bereich der Fall ist – man braucht Mitarbeiter, die individuell auf bestehende oder potenzielle Kunden zugehen können. Anerkennung gewinnt man nicht mit Power-Point-Präsentationen und Memos.

Hat Vontobel die kritische Grösse in der Schweiz und in den europäischen Zielmärkten?

Auf jeden Fall. Kritische Grösse ist immer in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschäftsmodell zu sehen. Bei dem, was wir machen, ist das sicher der Fall. Wir sind nicht in 60 Märkten, sondern nur in ausgewählten Fokusmärkten präsent. Diese Kunden sind auf unserer Buchungsplattform in der Schweiz gebucht, und wir betreuen sie Crossborder.

«Wir wollen kein Geld verlieren, aber auch nicht in eine negative Spirale geraten»

Im Wealth Management haben wir mit über 43 Milliarden Franken betreuten Vermögen eindeutig die kritische Grösse. Zudem ist Vontobel mit den drei Geschäftsfeldern Private Banking, Investmentbanking/Strukturierte Produkte und Asset Management breit aufgestellt. Das führt zu weiteren Synergien. Gleichzeitig sind wir so ein attraktiver Arbeitgeber.

Nochmals: Andere Banken sparen nur noch. Vontobel nicht?

Wenn man wie wir grundsätzlich organisch wachsen will, ist ein Sparprogramm kontraproduktiv. Wir gehen effizient mit unseren Ressourcen um und setzen diese vernünftig ein.

Wir wollen kein Geld verlieren, aber auch nicht in eine negative Spirale geraten, indem man nur noch Kosten herausnimmt. So haben wir grosse Investitionen in den digitalen Bereich getätigt, um effizient zu sein. Ohne unsere digitale Strategie könnten wir sonst auch das Asien-Geschäft nicht so schlank betreiben.

Kommt die Konsolidierung im Schweizer Bankwesen allmählich an ihr Ende?

Nein, sie geht unvermindert weiter. Dabei müssen wir unterscheiden zwischen der stillen Konsolidierung, bei der Kunden ihre angelegten Gelder bei einer Bank konzentrieren und der Konsolidierung durch Zukäufe oder Zusammenschlüsse. Es gibt nach wie vor viele Banken, die auf Grund ihrer Fehler in der Vergangenheit keine andere Wahl haben, als in einem grösseren Institut aufzugehen.

«Die Konsolidierung könnte sich sogar noch beschleunigen»

Da nun auch das US-Steuerthema langsam zu einem Abschluss kommt und demnächst der Automatische Informationsaustausch eingeführt wird, könnte sich die Konsolidierung sogar noch beschleunigen. Denn die Risiken bei der Übernahme einer Bank sinken – man kauft keine Blackbox mehr.

Von diesem Gesichtspunkt her eröffnen sich auch für Vontobel neue Chancen. Wie sähe denn eine Wunschkandidatin aus?

Sie müsste auf die gleichen Zielmärkte wie Vontobel ausgerichtet sein. Denn wir kaufen nur das, was wir schon selber machen. Die Grösse müsste verdaubar, die Kultur vergleichbar sein und das Risikopotenzial nicht erhöhen.

«Wann redet man mit den Kunden, wenn nicht jetzt in diesen anspruchsvollen Zeiten?»

Und last but not least sollte der dafür bezahlte Preis einem auch in fünf oder zehn Jahren noch Freude machen.

Zielen Sie auf die Schweiz oder aufs Ausland mit solchen Plänen?

Primär auf die Schweiz. Im Ausland würden wir eher einen Vermögensverwalter übernehmen als eine Bank.

Während die Konsolidierung Chancen bietet, präsentiert sich das generelle Umfeld eher eingetrübt. Die Kunden sind zurückhaltend, die Börse ist volatil und die anhaltenden Negativzinsen belasten das Geschäft zusätzlich. Wie geht es weiter?

Die Negativzinsen tun auch uns weh, zumal Barbestände praktisch in jedem Kunden-Portefeuille einen Teil ausmachen. Damit müssen wir umgehen. Die derzeitigen Märkte sind aber auch eine Chance. Denn wann redet man mit den Kunden, wenn nicht jetzt in diesen anspruchsvollen Zeiten? Natürlich würde ich mir auch wünschen, dass es Negativzinsen nicht gäbe. Aber vom Lamentieren verdienen wir kein Geld.


Georg Schubiger ist seit August 2012 Head of Private Banking bei der Zürcher Vontobel-Gruppe. Nach seinen Studien an der Universität St. Gallen und am College of Europe im belgischen Brügge stieg er 1996 bei McKinsey & Company ein, wo er in Zürich und in Helsinki, Finnland, arbeitete. Danach wechselte er 2002 zur finnischen Sampo Gruppe und 2008 zur Danske Bank Gruppe, wo er schliesslich als Chief Operating Officer auch Mitglied der Geschäftsleitung war.

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