Die Tessiner Cornèr Bank wird für dieses Jahr ein deutlich besseres Resultat ausweisen als 2015. CEO Vittorio Cornaro sagt im Interview mit finews.ch, warum das so ist und was die Mitarbeiter davon haben.  


Herr Cornaro, der Tessiner Finanzplatz hat in diesem Jahr mit dem Untergang der BSI Bank für allerhand Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Wie denken Sie darüber?

Es ist klar, dass der Tessiner Finanzplatz in diesem Jahr oft in den Schlagzeilen war. Meistens im negativen Sinn, was die positiven Tatsachen leider überschattete. Ich hoffe, dass sich diese Situation bald zum Vorteil für all diejenigen, die im Tessin arbeiten, ändern wird.

Kann die Cornèr Bank von der Konsolidierung respektive vom Verschwinden anderer Institute in irgendeiner Weise profitieren?

Wir haben zwar immer wieder auch nach Akquisitionsobjekten Ausschau gehalten, jedoch nichts gefunden, das zu uns passt. Wir setzen daher unsere bisherige Strategie fort.

Wie ist für die Cornèr Bank das Jahr 2016 verlaufen?

Wir sind bereits in den vergangenen Jahren intern sehr stark gewachsen, sei es im Bereich Private Banking oder im Kreditgeschäft. Unsere verwalteten Kundenvermögen legten in diesem Jahr um 16 Prozent zu. Das Kreditgeschäft wuchs um 13 Prozent. Gesamthaft betrachtet sind wir also sehr zufrieden. Die Resultate werden besser sein als diejenigen von 2015. Dies auch dank des unermüdlichen Einsatzes unserer Mitarbeitenden.

«Ein unerwartetes Weihnachtsgeschenk, das von allen sehr geschätzt wurde»

Wir haben daher anlässlich unserer traditionellen Weihnachtsfeier bekanntgegeben, dass sämtliche in der Schweiz tätigen Mitarbeitenden (fast 1‘300) sowie die Pensionäre (190) eine aussergewöhnliche Gratifikation von 2‘500 Franken erhalten werden. Ein unerwartetes Weihnachtsgeschenk, das von allen sehr geschätzt wurde.

Für die Bankbranche haben sich mit den Negativzinsen, der verschärften Regulation, den engeren Margen und der Zurückhaltung der Kunden die Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert. Wie können Sie noch wachsen und bei den Erträgen zulegen?

Wir sind überzeugt, dass der beste Weg des Wachstums kontinuierliche technologische Entwicklungen und innovative Angebote sind, die unseren Kunden einen Mehrwert bieten. Dies erlaubt es uns auch, neue Kunden zu generieren. Bis anhin waren wir damit sehr erfolgreich.

Wollen Sie auch personell wachsen?

Wir können wachsen und gleichzeitig neue Projekte fast vollständig mit den bestehenden Ressourcen in Angriff nehmen und durchführen.

«Wir glauben nicht, dass es unsere Rolle ist, den Fintech-Bereich neu zu gestalten»

Nichtsdestotrotz haben wir für 2017 die Anstellung von 26 Personen vorgesehen.

Sie unterhalten mit der Saxo Bank eine Partnerschaft, ebenso mit dem Derivate-Spezialisten Leonteq. Was bringen Ihnen solche Kooperationen?

Wir glauben nicht, dass es unsere Rolle ist, den Fintech-Bereich neu zu gestalten. Wir setzen eher auf die Integration von Lösungen, die von Drittparteien kommen. So können wir uns auf unsere Kunden konzentrieren und bieten ihnen gleichzeitig State-of-the-Art-Lösungen.

«Apple Pay ist eine von vielen Innovationen, die wir in den letzten Jahren eingeführt haben»

Die bisherigen Feedbacks sind äusserst positiv, und die Resultate liegen weit über unseren Erwartungen.

Mit Ihrer Einführung von Apple Pay gehören Sie zu den Vorreitern in der Digitalisierung. Was kommt als nächstes?

Apple Pay ist eine von vielen Innovationen, die wir in den vergangenen Jahrzehnten im Bereich der Zahlungskarten eingeführt haben. Andere werden in den nächsten zwölf Monaten folgen. Für uns lag die Lancierung von Apple Pay nahe, da die Schweizer oft und gerne reisen. Unser Ziel ist es, unseren Kunden eine globale Zahlungslösung zur Verfügung zu stellen.

Welche Bedeutung hat der Tessiner Finanzplatz für die weitere Entwicklung der Cornèr Bank?

Das Tessin ist unsere Heimat. Wir finden hier eine interessante Mischung aus Effizienz und südländischer Spontanität. Im Rahmen unserer Zusammenarbeit mit unseren fast 200 Mitarbeitenden, die jenseits des Gotthards arbeiten, stellen wir fest, dass diese (Tessiner) Eigenschaften besonders geschätzt werden.

«Andernfalls droht ein Exodus»

Aus langfristiger Sicht könnte der Standort Tessin aufgrund des Verschwindens vieler Entscheidungszentren möglicherweise ein Problem erhalten, da diese Entwicklung dazu führen würde, dass die Rekrutierung von qualifiziertem Personal in Bereichen wie Buchhaltung, Risk Management, also Funktionalitäten, die für die Führung einer Bank in ihrer Ganzheit zentral sind, zunehmend schwieriger wird.

Hinzu kommt die Besteuerung von Unternehmen und natürlichen Personen im Tessin, die im nationalen Vergleich sehr schlecht abschneidet und daher den Verbleib in unserem Kanton als nicht besonders attraktiv erscheinen lässt. Ich würde es begrüssen, wenn die Politiker endlich etwas unternehmen würden, andernfalls droht ein Exodus.


Der 44-jährige Vittorio Cornaro ist seit Oktober 2016 CEO der Cornèr Bank. Zuvor war er Executive Vice President. Er kam in Lugano zur Welt und studierte Ingenieurswesen an der ETH in Zürich sowie Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule St. Gallen. In der Folge arbeitete er als Wertschriftenhändler bei der US-Bank Merrill Lynch in London, wo auch der heutige UBS-Konzernchef Sergio Ermotti tätig war.

Die beiden Tessiner sind eng miteinander befreundet. Im Jahr 2004 kehrte Cornaro in die Schweiz zurück und trat als Vertreter der dritten Generation ins familieneigene Finanzinstitut ein. Ermotti lancierte seine Berufskarriere mit einer Lehre bei der Cornèr Bank in Lugano.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.61%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.24%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.51%
pixel