Trotz der Digitalisierung des Banking reden die Schweizer Bankchefs immer noch von der Notwendigkeit eines Filialnetzes. Wie neueste Erhebungen zeigen, machen sie sich damit selber etwas vor.

Wenn die Postfinance in einer abgelegenen Tessiner Talschaft den Bankomaten aufhebt, dann kann sich das Institut des Entrüstungssturms gewiss sein. Auf kaum etwas reagiert die Kundschaft so pikiert wie auf Stillegung des physischen Bankkanals in ihrer Nähe, sei es nun der Geldautomat oder die Filiale.

Und trotzdem geschieht in der Schweiz seit Jahren genau das. Laut der Beratungs- und Revisionsfirma EY hat das Land seit der Jahrtausendwende einen Fünftel seiner Bankfilialen eingebüsst – rund 780 Standorte sind von der Landkarte verschwunden (siehe Grafik unten).

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Pop-up und Teilzeit

Der Rückzug hat in den letzten Monaten einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Genossenschaftsbank Raiffeisen, die schweizweit am meisten Standorte unterhält, will in zwei Jahren 17 Filialen schliessen. Die Marktführerin UBS, die ihre rund 300 Filialen bisher nie antastete, plant jetzt Experimente mit Einmann-, Pop-up- und Teilzeitstandorten.

Dessen ungeachtet präsentieren sich führende Banker immer noch als Bewahrer der physischen Verkaufsstelle. Die Bank müsse weiter auf verschiedenen «Kanälen» erreichbar sein, versicherte unlängst Roger von Mentlen, der oberste Herr über das landesweite Filialnetz der UBS Schweiz.

Sogar Guy Lachappelle, der als CEO der Basler Kantonalbank (BKB) die erste mobile Bank der Schweiz lanciert, redet der Filiale das Wort. Diese werde «noch lange» eine Daseinsberechtigung haben, sagte er kürzlich gegenüber finews.ch.

Weniger als die Hälfte besuchte die Filiale

Doch jene lange Zeit könnte kürzer währen als gedacht. In diese Richtung weist ausgerechnet eine gross angelegte Studie der UBS, die finews.ch vorliegt. Die Analysten des «UBS Evidence Lab» gingen in der Untersuchung der Frage nach, wie sich die aufkommende Künstliche Intelligenz (KI) auf das Retailbanking auswirke. Dazu haben die Experten nicht nur mit den Managern von 86 Banken weltweit gesprochen, sondern auch mit 24'000 Kunden in 19 Ländern. Das gibt der Erhebung einige Aussagekraft.

Punkto Kundenkontakt kommt die Studie zu Erkenntnissen, die den Siegeszug des digitalen Kanals unterstreichen. So hatten noch 48 Prozent der Befragten während eines Jahr eine Bankfiliale betreten. Mehr als die Hälfte der Interviewten stand derweil übers Telefon (44 Prozent), via Internet (32 Prozent) und übers Smartphone (19 Prozent) mit ihrem Geldhaus in Verbindung.

Chatten mit dem Roboter

Der Trend hin zu Online dürfte sich künftig noch akzentuieren. So präferieren die Umfrageteilnehmer das Internet, Email und Chats, um mit ihrem Berater in Kontakt zu treten. Die Affinität für den Gang zur Filialen schwindet hingegen (siehe Grafik unten).

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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