Im Vorfeld des Bundesrats-Besuchs weibelt Kasachstan hierzulande für seinen Finanzplatz. Doch Schweizer Banken haben mit dem zentralasiatischen Markt auch schon ungute Erfahrungen gemacht.

Für Kairat Kelimbetov sind dies entscheidende Tage. Der Gouverneur des Astana International Financial Centre (AIFC) tourt derzeit durch die Schweiz, um Werbung für das brandneue Finanzzentrum in der Haupstadt von Kasachstan zu machen.

Dazu hat eine Westschweizer Kommunikationsagentur in Genf und Zürich Treffen mit Journalisten organisiert. Wie die Zeitung «Le Temps» berichtet, hat die Mission Kelimbetovs aber vor allem das Ziel, hiesige Banken nach Astana zu locken.

Im bundesrätlichen Tross

Der Moment dafür scheint günstig. Anfang Juli reist Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann mit einer 30-köpfigen Delegation durch Zentralasien. Rechtzeitig zur feierlichen Eröffnung des AIFC hält der bundesrätliche Tross auch in der neuen kasachischen Hauptstadt Astana.

Dabei wird der Bundesrat wohl die bestehenden «strategischen» Beziehungen mit dem seit den frühen 1990er-Jahren von Präsident Nursultan Nasarbajew regierten ehemaligen Sowjetrepublik vertiefen.

Sponsor gewinnt Finanzplatz-Ranking

Wenn dies Schweizer Finanzdienstleister den Entscheid für das AIFC erleichtert, ist das sicher im Sinn der Kasachen. Diese positionieren Astana als Finanzdrehscheibe der Region; sie soll bis 2025 rund 40 Milliarden Dollar an ausländischen Investorengeldern anziehen. In einem weltweiten Ranking belegte die Stadt letzthin gleich auf Anhieb den Platz 88 unter insgesamt 96 Finanzzentren. Zürich und Genf liegen in diesem Vergleich auf Platz 16 und 26. Allerdings: Das Ranking wird jeweils von einem der beurteilten Finanzzentren gesponsert – diesmal sinnigerweise vom AIFC.

Kasachstan forciert die Finanzdienstleistungen nicht von ungefähr. Mit Rohstoffen alleine kann das zentralasiatische Land seine wirtschaftlichen Ambitionen nicht erreichen. Das Wachstum ist von rund 10 Prozent in den Nullerjahren auf 4 Prozent im 2017 zurückgefallen. Die heimische Währung, der Tenge, wertete ab, und mit ihr die staatlichen Währungsreserven. Kurz, die kasachische Volkswirtschaft muss diversifizieren, und das Engagement ausländischer Finanzkonzerne bietet einen Schlüssel hierzu.

Milliarden-Betrug um die Bank BTA

Doch wollen die Schweizer Banken das kasachische Schloss wirklich öffnen? Astana lockt nicht nur mit dem Rohstoff-Reichtum des Landes, sondern ebenso mit dem 100-Milliarden-Dollar-schweren Staatfonds und der strategisch günstigen Lage an der Grenze zu China, das an seiner gewaltigen neuen Handelsstrasse «One Belt One Road» baut.

Indes, vor nicht allzu langer Zeit haben einige hiesige Institute mit dem Land schlechte Erfahrungen gemacht. Im Jahr 2009 geriet die grösste Bank des Landes, die BTA, an den Rand des Abgrunds und musste entschuldet werden. Dies inmitten eines gewaltigen Betrugsfalls, bei dem der ehemalige BTA-Präsident Mukhtar Ablyazov mutmasslich an die fünf Milliarden Dollar veruntreut haben soll.

Wegen Veruntreuung verurteilt

Wie die Schweizer «Handelszeitung» damals schrieb, hatten auch die Schweizer Banken UBS, Credit Suisse (CS) und Zürcher Kantonalbank (ZKB) der BTA Kredite gewährt; die CS wurde in einer späteren Klageschrift des kasachischen Staatsfonds gegen die BTA erwähnt.

Im Zusammenhang mit dem BTA-Skandal wurden 2012 zudem Gelder des Kasachen Ilyas Khrapunov bei zwei Genfer Banken beschlagnahmt. Khrapunov war in der Schweiz unter anderem als Immobilienunternehmer unterwegs gewesen und wurde zusammen mit Ablyazov von einem britischen Gericht 2015 wegen Veruntreuung verurteilt.

Geldwäscherei und Affären

Im Jahr 2010 sorgte die Schweizer Zeitung «Tages-Anzeiger» für Gesprächsstoff in der Branche, als sie über den «Kasachen-Krimi» rund um die österreichische Tochterbank der ZKB berichtete. Die heutige ZKB Österreich, früher Privatinvest Bank, soll vor dem Kauf durch die Zürcher für den einstigen Schlüsselkunden Rakhat Alijew Geld gewaschen haben, wie es damals hiess.

Der ehemalige kasachische Vize-Aussenminister wurde 2014 in Wien verhaftet, weil ihm der Mord an zwei kasachischen Bankern vorgeworfen wurde. Wenige Wochen vor Prozessbeginn wurde er jedoch erhängt in seiner Zelle aufgefunden – was seither Spekulationen über seine Ermordung befeuert.

Reise als zu heikel eingestuft

Nicht enden will schliesslich die so genannte Kasachstan-Affäre, welche die Schweizer Politik weiter im Griff hält. Wie die Tageszeitung «Blick» berichtete, mussten im vergangenen Mai Nationalräte der Aussenpolitischen Kommission eine Reise nach Kasachstan absagen, weil diese als zu heikel eingestuft wurde.

Der Reise von Wirtschaftsminister Schneider-Ammann im Juli scheint hingegen (noch) nichts im Weg zu stehen.

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