Strategie-Guru James O‘Shaugnessy erklärt, welche Strategien nach dem Ende eines Bärenmarktes am besten funktionieren. Befragt hat ihn Peter Berger, Herausgeber des «Strategie-Magazins».

 

James O‘Shaugnessy,  2010 war für Aktienbesitzer, die einen strategischen Ansatz fahren, kein schlechtes Jahr. Sie verfolgen seit Jahren neun Strategien. Welche Performance haben Sie im vergangenen Jahr mit Ihren diversen Value-, Wachstums- und Dividenden-Strategien durchschnittlich erzielt?

Das hängt ganz davon ab, von welcher Strategie wir sprechen. Die meisten Strategien, von denen die Leute begeistert waren, waren Value-Strategien. Aber wir haben auch einen Trend zur Rückkehr zu Wachstumsstrategien festgestellt. Das hat uns doch ein wenig überrascht. Gegen das Jahresende haben sich dann diejenigen Strategien, die auf kleinere und mittelgrosse Unternehmen fokussieren, besser entwickelt. Unsere schwächste Strategie war die Dividendenstrategie mit einer Performance von 18,07 Prozent (Anm. d. Red.: von Januar bis Oktober 2010). Der MSCI World Index hat in der gleichen Zeitperiode 14,10 Prozent, der Russell 1000 Value Index 15,71 Prozent erzielt.

Bleiben wir bei dieser Dividenden-Strategie. Was verfolgen Sie hier für einen Ansatz?

Diese Strategie ist ziemlich konservativ ausgerichtet. Die Unternehmen, die wir auswählen müssen in ihrem Sektor Marktführer sein. Zudem muss ihre Marktkapitalisierung deutlich über dem Durchschnitt aller Aktien liegen, die in unserer Datenbank vorkommen. Das Gleiche gilt auch für die Cashflows und den Freefloat. Auch diese beiden Zahlen müssen deutlich über dem Durchschnitt aller Aktien in unserer Datenbank liegen. Bezüglich der Umsatzzahlen gilt: diese müssen 50 Prozent höher liegen als der Durchschnitt. Wenn wir diese Anforderungen in unser System eingeben, bleiben meist nur noch 400 bis 450 Aktien übrig. Aus diesen Titeln wählen wir dann diejenigen rund 50 Werte aus, die über die höchsten Dividendenrendite verfügen.

Gewichten Sie sämtliche 50 Aktien gleich?

Nein, das tun wir nicht. 25 Prozent der Aktien, die die höchsten Dividendenrenditen aufweisen, gewichten wir im Portfolio mit 1,5. Die nächsten 25 Prozent werden mit dem Faktor 1,25 gewichtet. Das dritte Viertel wird mit 0,75 und das letzte Viertel mit 0,5 gewichtet. In der Regel haben wir dann ein Portfolio mit einer Dividendenrendite von 5,3 Prozent. Dieser Wert liegt somit bedeutend höher als das, was man als Anleger mit einem 10-Jahres-US-Staatspapier verdienen kann. Die 5,3 Prozent sind übrigens immer wieder ein gutes Argument, wenn wir Kunden davon überzeugen wollen, dass es sich lohnt auch in riskantere Anlageklassen wie Aktien zu investieren.

Sie sind bekannt für Ihre Studien. Haben Sie auch Studien zu Bärenmärkten gemacht?

Ja, das haben wir. Als wir 2009 aus dem Bärenmarkt gekommen sind, haben wir uns entschlossen, die Zeit nach den grössten Bärenmärkten zu untersuchen. Wir haben uns dann auf die fünf grössten US-Bärenmärkte, also diejenigen von 1929-1930, 1937-1938, 1973-1974, 2000-2003 und 2007-2009, eingeschränkt. Dabei interessierte uns speziell, wie sich die Märkte im ersten Jahr, und in den ersten drei Jahren nach einem Bärenmarkt entwickeln und welche Phänomene erkennbar sind.

Und welche sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse?

Unter anderem haben wir herausgefunden, dass die Dividenden-Strategie, die auf grosse Unternehmen fokussiert, in jedem der ersten drei Jahren nach Abschluss eines Bärenmarktes am besten funktioniert. Eine andere interessante Erkenntnis ist die, dass die Momentum-Strategie in den ersten drei Jahren nach einem Bärenmarkt sehr, sehr gut funktioniert. Vergleicht man das erste Dezil (Anm. d. Red.: die ersten zehn Prozent aller Aktien) mit einem Sechs-Monate-Momentum, mit dem zehnten Dezil (Anm. d. Red.: die letzten zehn Prozent aller Aktien) ergibt sich eine Differenz bei der durchschnittlichen Performance von 10 Prozent. Ein drittes Resultat unserer Untersuchung war, dass sich das Momentum am Ende des ersten Jahres nach einem Bärenmarkt umdreht. Sprich, das bislang letzte Dezil der Momentum-Aktien, wird in den Jahren zwei und drei nach einem Bärenmarkt zum besten Dezil.

Wie erklären Sie sich dieses Resultat?

Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass im Bärenmarkt viele Anleger davon ausgingen, dass etliche Firmen in Konkurs gehen würden. Nach dem der Baisse brauchte es dann ein gewisse Zeit bis sie realisierten, dass Gesellschaften wie Ford oder die Bank of America noch immer da waren und keine Gefahr bestand, dass sie in die Insolvenz gehen.

Wie identifizieren Sie das Ende einer Baisse?

Das ist eines unserer grössten Probleme. Man kann das Ende eines Bärenmarktes niemals prognostizieren, man kann das Ende nur im Rückblick erkennen. Im März 2009 war niemandem klar, dass der Bärenmarkt zu Ende war. Auch wir nicht. Das einzige, das wir als Strategie-Anleger tun können, ist unseren Vorgaben zu folgen. Das kann teilweise auch sehr schmerzlich sein. Denn wir wissen, dass sich beispielsweise unsere Momentum-Strategien in Bärenmärkten sehr schlecht entwickeln werden.

 


 

James O’Shaughnessy, 50, ist US-Fondsmanager und Buchautor: Der Statistikfreak hat über Jahre hinweg untersucht, welche Strategien langfristig den meisten Erfolg gebracht haben.

Über O’Shaughnessy‘s Investmentstrategien haben in den vergangenen Jahren im englischsprachen Raum sämtlichen grossen Medienhäuser berichtet.

Heute managt der langjährige Portfoliomanager bei Bear Stearns seinen eigenen Fonds (www.osam.com).

Das ganze Interview lesen Sie in der Januar 2011-Ausgabe des «Strategie-Magazin».

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