Mit der neuen Strategie will das Management Klarheit schaffen, wie es mit der krisengeschüttelten Grossbank in den nächsten drei Jahren weitergeht. Nun ist nicht einmal mehr ersichtlich, wie genau die Credit Suisse das Jahr 2022 hinter sich bringt.

Solche Zeilen sind Gift für das Vertrauen. «Die tatsächlichen Resultate der Gruppe im vierten Quartal werden von einer Reihe von Faktoren abhängen – so die Performance im Investmentbanking, dem Vorankommen beim Ausstieg aus nicht-strategischen Geschäften, Goodwill-Abschreibern und dem Verkauf von Immobilien», erklärte die Credit Suisse (CS) in einem Ausblick vom (heutigen) Mittwoch.

Anders gesagt: eine Gleichung mit mindestens vier Unbekannten wird bestimmen, ob der erwartete Verlust tatsächlich 1,5 Milliarden Franken betragen wird. Oder weniger. Oder noch mehr.

Aktienkurs nochmals tiefer

Vor allem ist aber unsicher, ob es der CS gelingt, bis zum Jahresende den Abfluss von Kundenvermögen aufzuhalten. Wie die Grossbank weiter vermeldete, sind über die Gruppe hinweg von Ende September bis am 11. November rund 84 Milliarden Franken abgezogen worden. Dem Kerngeschäft mit der Vermögensverwaltung (Wealth Management) ging jeder zehnte Kundenfranken verloren, insgesamt mehr als 63 Milliarden Franken.

Das ist fast das Zehnfache der 6,4 Milliarden Franken an Nettoabflüssen, welche die Division im vergangenen dritten Quartal ausgewiesen hatte.

Der beunruhigende Aderlass im Kerngeschäft scheint sich also eher noch zu beschleunigen; ebenfalls warnte die Bank vor einer «gedämpften» Kundenaktivität im Wealth Management, und dass die schwierigen Marktbedingungen auch in den kommenden Monaten anhalten dürften. Nach dem kurzen Moment der Klarheit, der auf die neue Unternehmensstrategie vom vergangenen Oktober folgte, driftet der Kurs der zweitgrössten Schweizer Bank erneut in den Bereich des Unwägbaren, was sich umgehend im Börsenwert widerspiegelte. Zeitweilig fiel der Aktienkurs der CS am Vormittag um mehr als 5 Prozent. Damit haben die Titel allein innert Wochenfrist mehr als ein Zehntel ihres Werts eingebüsst.

Umbau kostet schon jetzt Hunderte Millionen

Dass die CS am Mittwoch von den Aktionären mit grosser Mehrheit die Erlaubnis erhielt, zwei Kapitalerhöhungen durchzuführen, vermochte den Abwärtsdruck dann abzufangen. Immerhin darf die Grossbank nun auf rund 4 Milliarden Franken an frischen Mitteln hoffen, um die eigene Kapitalbasis zu festigen und den kostspieligen Umbau des Unternehmens zu finanzieren. Das Vorhaben wird die Bank allein bis zum Jahresende 250 Millionen Franken kosten.

«Das Ergebnis der heutigen Abstimmung durch die Aktionärinnen und Aktionäre ist ein weiterer wichtiger Schritt beim Aufbau der neuen Credit Suisse», kommentierte Verwaltungsrats-Präsident Axel Lehmann das Abstimmungsresultat am Mittwoch.

Doch es sind augenscheinlich Schritte in den Nebel, welche Lehmann und das Management um CEO Ulrich Körner mit der Bank unternehmen. Dabei hatte es der Grossbanken-Veteran vergangenen Oktober geschafft, eine Radikalkur für die CS zu präsentieren, die zumindest in den Augen von Experten Gnade gefunden hat. Ebenfalls konnten bereits Wegmarken abgespult werden, so der Verkauf von Teilen des Geschäfts mit Vertiefungen im Investmentbanking – und nun natürlich das Plazet der Eigentümer für die dringend notwendige Finanzspritze.

Woher kommt die Rendite?

Indes, seit Verkündung der Strategie im vergangenen Oktober hat sich die Lage der Bank nochmals deutlich zum Schlechteren entwickelt. In einem abgeschlossenen System hätte Körners Plan durchaus bestochen. Doch nun muss der Turnaround in einem Umfeld geschehen, das von Experten wie etwa den Ökonomen von BAK Economics für das gesamte Swiss Banking als deutlich schwieriger betrachtet wird.

Da ist es auch bezeichnend, das die Manager von solider aufgestellten Privatbanken mittlerweile durchs Band auf die Kostenbremse getreten sind, wie finews.ch jüngst beobachtete.

Kommt hinzu, dass die neue CS-Strategie von Anfang an zumindest eine Unklarheit aufgewiesen hat. Mit der für Ende 2025 angepeilten Eigenkapital-Rendite von 6 Prozent bis Ende 2025 wäre es der Bank wohl nicht möglich, ihre Kapitalkosten zu verdienen. Da im Wealth Management nun die Ertragsbasis rasant bröckelt, muss wohl hinter jenes Renditziel selber ein Fragezeichen gestellt werden.

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