Nach der rechtlichen Übernahme der Credit Suisse in den nächsten Wochen werde die UBS sehr rasch alle Optionen prüfen und bis im Spätsommer eine Lösung für die CS in der Schweiz finden, sagte UBS-Vizepräsident Lukas Gähwiler am Donnerstag in Lugano.

«Es gibt Momente im Leben, in denen man ein genaues Bild vor Augen hat, was man dann gerade getan hat, wie etwa am 11. September 2001 beim Angriff auf das World Trade Center in New York, ober bei der Verhängung des Lockdowns am 16. März 2020. Und am 15. März 2023, um 14 Uhr…», sagte Lukas Gähwiler am (gestrigen) Donnerstag am Lugano Banking Day im Tessin.

Der Verwaltungsrat der UBS habe sich zwar in den Wochen und Monaten zuvor sehr genau darauf vorbereitet. Doch immer in der Hoffnung, dass dieser Anruf (aus Bern) nie kommen würde, erklärte der Vizepräsident des Verwaltungsrats der grössten Schweizer Bank weiter.

Dramatische Tage

«Wir haben uns sogar überlegt, ob wir das Telefon abnehmen sollen oder nicht. Doch als wir die Nummer sahen, war uns klar, dass kein Weg daran vorbeiführt», erinnerte sich Gähwiler über den mittlerweile historischen Anruf der Schweizer Behörden, der die staatlich verordnete Rettung der krisengeschüttelten Credit Suisse (CS) einläutete.

Diese Zeit (bis zur Ankündigung der CS-Übernahme am Abend des 19. März 2023) sei intensiv gewesen. «Es ist eine Erfahrung, die man im Nachhinein nicht missen möchte, aber trotzdem niemandem und schon gar nicht den nächsten Generationen wünscht», betonte Gähwiler, der in jenen dramatischen Tagen gemäss eigener Einschätzung rund 100 Stunden gearbeitet hat.

Ausbildung bei der Credit Suisse

Auf die Zukunft der CS angesprochen betonte Gähwiler, dass die Bank jetzt noch nicht der UBS gehöre. «Doch in ein paar Wochen werde ich sagen können, dass ich seit 34 Jahren bei der gleichen Bank arbeite», sagte Gähwiler mit einem Schmunzeln, war er doch in seiner Karriere zunächst 20 Jahre für die CS tätig, bevor er 2009 zur UBS wechselte. Er hält bis heute grosse Stück auf die zweitgrösste Bank der Schweiz.

«Ich habe meine ganze Ausbildung bei der CS gemacht. Sie hat es ermöglicht, dass ich den Job machen kann, den ich heute habe», betonte Gähwiler, der die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden Instituten namentlich in der Schweiz für viel geringer hält als etwa in den USA oder in Asien.

Verschiedene Optionen für die Credit Suisse

Dies sei ihm auch bewusst geworden, als die UBS im Zuge der 48-stündigen Due Diligence die Kredit- und Risikopositionen der CS prüfte. «Wir sind auf koreanische Finanzprodukte mit Laufzeiten bis ins Jahr 2072 gestossen», erinnerte er sich. «Das ist etwas anderes als das, was wir hier in der Schweiz machen.»

Vor diesem Hintergrund sieht Gähwiler der Zusammenführung der beiden Banken hierzulande mit einiger Zuversicht entgegen. Wie es mit der CS weitergehe, lasse sich jetzt aber noch nicht sagen, bemerkte er am Rande des Lugano Banking Day gegenüber finews.ch. Zunächst müsse die rechtliche Übernahme vollzogen werden, was Ende Mai oder Anfang Juni der Fall sein werde. «In der Schweiz werden wir alle Optionen für die CS prüfen. Behalten wir sie, soll sie eigenständig werden, oder gibt es etwas dazwischen? Nach den Sommerferien sollten wir eine Lösung haben», erklärte Gähwiler zuversichtlich.

Blackbox auswerten

«Es ist sicherlich so, dass wir (als UBS) unsere Strategie weiterverfolgen wollen», sagte er weiter und verglich das Debakel der CS mit einem Flugzeugabsturz. «Die CS hatte keinen Triebwerkschaden, sondern einen tragischen Absturz. Darum müssen wir nun – im übertragenen Sinne – die Blackbox auswerten, feststellen, ob es einen Konstruktionsfehler am Flugzeug gab, oder ob der Pilot nicht richtig gesteuert hat.»

Dann gebe es noch die «Fluglotsen», also die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) und die Schweizerische Nationalbank (SNB). «Wir müssen noch vieles besser verstehen. Wir tun gut daran, die Sache selbstkritisch zu analysieren und uns vor Schnellschüssen zu hüten» warnte Gähwiler angesichts der nun immer lauter werdenden Forderungen aus der Politik nach einer verschärften Regulierung der Banken.

Das Tessin wieder im Zentrum der Weltfinanz

Die Ernennung des Tessiners Sergio Ermotti zum CEO der neuen UBS bezeichnete Gähwiler als Glücksfall. «Im Verwaltungsrat waren wir uns einig, falls der Anruf aus Bern kommt, dann gibt es nur einen Piloten – Sergio Ermotti», sagte er. Ermotti, der die UBS bereits von 2011 bis 2020 leitete, sei der Einzige, der bewiesen habe, wie man eine Investmentbank verkleinere, und der gleichzeitig das Wealth Management verstehe, genauso wie unser Land und unser politisches System.

«Und wir sind glücklich, dass er das Tessin ins Zentrum der Weltfinanz zurückkatapultiert», erklärte Gähwiler sehr zur Freude der rund 200 Zuhörerinnen und Zuhörern in Lugano.

 

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