Nach Kennern der Szene stimmen jetzt auch Schweizer Millionäre in das Wehklagen um die Reputation des Finanzplatzes ein. Einen Abstieg der stolzen Bankernation zu verhindern, wird zu einer Herkulesaufgabe, findet finews.ch in einem Weckruf.

Offizielle Stellen betonen bei jeder sich bietenden Gelegenheit fast schon gebetsmühlenartig, dass die Zweckehe von UBS und CS der einzige Ausweg war, um eine Finanzkrise von internationalem Ausmass abzuwenden. Dank raschem Eingreifen habe der Schaden am Schweizer Finanzplatz eingegrenzt werden können.

Ob diese Einschätzung, bei der sich die Akteure gerne selber auf die Schultern klopfen, zutreffend ist, nimmt die inzwischen eingesetzte parlamentarische Untersuchungskommission genau unter die Lupe. Aller Voraussicht nach wird sie mit ihren Untersuchungen allerdings mehr als ein Jahr brauchen, um Licht ins Dunkel dieser für den Finanzplatz und die Schweiz ebenso gravierenden wie unrühmlichen Erschütterung zu bringen.

Klares Verdikt der Wirtschaftsführer

Bei vielen Führungskräften aus der Schweizer Wirtschaft sind die Meinungen hingegen schon gemacht.

Entgegen anderslautender Bekundungen ist hinter vorgehaltener Hand immer wieder zu hören, dass das Debakel um die Credit Suisse und nicht zuletzt die Notrettung mithilfe staatlicher Einmischung unter Anwendung von Notrecht den Schweizer Finanzplatz in Verruf gebracht hat.

Lange Liste von Verfehlungen

Die Liste der missachteten Schutzmechanismen bei der grössten europäischen Bankenfusion seit der Finanzkrise ist in der Tat lange: keine umfassende Due Diligence, keine Bedenkzeit, keine kartellrechtliche Prüfung und keine Aktionärsabstimmung.

Dass damit das Investorenvertrauen und letztlich der gute Ruf der Schweiz beschädigt worden ist, scheint unbestritten.

Privatbanken bisher keine Krisengewinner

Sichtbar wird das angekratzte Image der sonst so auf Stabilität und Rechtsstaatlichkeit bedachten Schweiz auch bei den Privatbanken, die besonders mit dem «Swiss Banking» hausieren.

So sprechen etwa die von der Beratungsgesellschaft KPMG gemessenen Abzüge von Kundengeldern bei Schweizer Privatbanken eine ziemlich eindeutige Sprache. Der Schluss liegt nahe, dass der Umgang mit dem CS-Debakel weitere Kreise gezogen und auch im Ausland für Stirnrunzeln gesorgt hat.

Wie lange der Vertrauensverlust in den Schweizer Finanzplatz anhält, ist ungewiss. Zuversichtlich mag stimmen, dass gemäss den KPMG-Experten ein Grossteil der Kunden von Schweizer Privatbanken derzeit noch bereit ist, einen Aufpreis für kundenorientierte und verlässliche Bankdienstleistungen auf einem wettbewerbsintensiven Schweizer Finanzplatz zu bezahlen.

Ausgewogenes Bild bei Millionären

Einen weiteren Mosaikstein für die beschädigte Reputation liefert eine Umfrage bei Schweizer Millionären, die gern gesehene Kunden von Schweizer Banken sind.

Im Swiss HNWI Monitor 2023 der Beratungsgesellschaft Kunz & Huber halten sich die Einschätzungen der 400 Befragten zu den Auswirkungen der CS-Notübernahme durch die UBS in etwa die Waage.

Versagen auf mehreren Ebenen

Ältere, loyale Investoren und UBS-Kunden sehen die Übernahme allerdings etwas positiver als wechselbereite Kunden mit weniger Finanzwissen.

Klare Noten verteilen die Millionäre hingegen an die verschiedenen Akteure im Drama um die CS-Rettung. Kompetent agiert haben demnach das UBS-Management, die Schweizerische Nationalbank (SNB) und der Bundesrat.

Eine schlechte Figur abgegeben haben dagegen das CS-Management, die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) sowie die Schweizerische Bankiervereinigung.

Dauerhafter Rückschlag

Zu den Gewinnern der grundlegenden Neuordnung der Schweizer Bankenlandschaft gehören gemäss den Befragten in drei bis fünf Jahren die UBS, ihr Aktionariat und die Kantonal- sowie Regionalbanken.

Mit leeren Händen stehen nach Ansicht der Millionäre demgegenüber die CS-Aktionäre da. Und: Zu den grossen Verlierer zählen sie den hiesigen Arbeitsmarkt und den Schweizer Finanzplatz.

«Safe Haven» in Gefahr

Wenn die befragten Millionäre recht behalten, werden konkurrenzierende Finanzzentren wie Singapur aus der Misere zweifellos Kapital schlagen und der Schweiz schneller als ihr lieb ist den Rang als führender Offshore-Finanzplatz ablaufen wollen.

Es könnte aber auch noch schlimmer kommen, wenn wegen den Nachwehen der CS-Rettung nicht nur der traditionelle Ruf als «Safe Haven» nachhaltig beschädigt würde, sondern der neu entstehende Bankenkoloss UBS, der etwa doppelt so gross ist wie die jährliche Schweizer Wirtschaftsleistung, auch noch in Schieflage geriete. Jedenfalls ist die grösste europäische Bankenfusion seit der Finanzkrise von 2008 ein Unterfangen mit ungewissem Ausgang - wie jeder komplexe Firmenzusammenschluss.

Auf den Schweizer Finanzplatz wartet eine Herkulesaufgabe.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.65%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.57%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.18%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.07%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.53%
pixel