Bei einer wichtigen Konferenz, heuer in Rom, versuchen Experten jedes Jahr, den Goldpreis vorauszusagen. Der Durchschnitt gilt dabei vor allem als Indikator für die derzeitige Stimmung.

Die Idee ist alt. «Die meisten, die beispielsweise schätzen, wie viele Bonbons sich in einem Glas oder Luftballons in einem Fahrzeug befinden, werden voraussichtlich ziemlich daneben liegen. Aber nimmt man den Durchschnitt der gesamten Schätzungen, so trifft das Ergebnis oft erstaunlich genau zu», sagt Adrian Ash vom Goldhandelsunternehmen BullionVault.

Bei Zukunftsprognosen kann «die Weisheit der Vielen» ebenfalls behilflich sein. Besonders dann, wenn es sich um Fachleute handelt, die ihr Glück darin versuchen, die Gold- und Silberpreise für das nächste Jahr einzuschätzen.

Wie der örtliche Tennisverein

Die London Bullion Market Association (LBMA) besteht aus einer Gruppe von Bankern, Brokern, Veredlern, Gutachtern sowie Betreibern von Münzpräge-Anstalten, Minen und Tresoren. Sie alle haben ein gemeinsames Interesse: Den weltweit bedeutendsten ausserbörslichen Handelsplatz für Gold und Silber auf bestmögliche Art und Weise zu koordinieren.

Auf dem ausserbörslichen Grosshandelsmarkt werden täglich mehr als 600 Tonnen Gold und 3'000 Tonnen Silber gehandelt. Wirft man allerdings einen Blick auf die Jahresabschlüsse der LBMA, so stellt man fest, dass diese Organisation mit einem kleineren Budget arbeitet als es vermutlich ein örtlicher Tennisverein tut.

Bei einem Bierchen oder zwei

Jedoch sind Banker, Broker und der ganze Rest recht gesellige Menschen. Die in London Ansässigen ebenso wie die stets neu hinzukommenden Mitglieder aus der restlichen Welt, insbesondere aus China. Und das jährliche Treffen gibt den Mitgliedern die Möglichkeit, bei einem Bierchen (oder zwei) sich über den Handel und letzten Klatsch auszutauschen und dabei neue Geschäftsbeziehungen und Deals anzukurbeln.

So wird es auch vom 29. September bis zum 1. Oktober 2013 in Rom ablaufen, wo die 14. Jahreskonferenz stattfinden wird. Um die Dinner (und die Reise im nächsten Jahr) rechtfertigen zu können, gibt es zwei Tage lang Seminare.

Ernüchternde Ideen

Zu den Hauptrednern der letzten Jahre gehörten unter anderem Marc Faber und Pierre Lassonde. Des Weiteren wird bei dem Treffen von mehr als 700 Markt-Akteuren wieder gemutmasst, wie sich die Edelmetall-Preise innerhalb des nächsten Jahres entwickeln werden.

Dies ist allerdings weniger richtungsweisend gedacht, sondern fängt vielmehr das derzeitige Sentiment in den Fachkreisen ein. Denn schon lange gibt es eine Kluft zwischen dieser «Weisheit der Vielen» und der Realität zwölf Monate später. Oder wie es Rhona O'Connell von GFMS in 2009 ausdrückte: «Dies ist wohl eine recht ernüchternde Idee für all diejenigen unter uns, die vorgaben, eine Kristallkugel zu besitzen.»

Optimismus hat etwas nachgelassen

Nachdem die Experten während der weltweiten Finanzkrise den Goldpreis viel zu niedrig vorhersagten, hoben die Vertreter des professionellen Gold- und Silbermarkts ihre Erwartungen an. Allerdings genau zu jenem Zeitpunkt, als der Preis zu fallen begann.

«In diesem Jahr habe ich das Gefühl, das der Optimismus etwas nachgelassen hat und (die Fachleute vom starken Preisanstieg) nun nicht mehr so überzeugt sind», erklärt Tom Kendall, Leiter der Edelmetall-Abteilung der Credit Suisse.

Genau in die andere Richtung

Um sich darüber zu informieren, wie die diesjährige Prognose ausfallen wird, können interessierte Leute den «BullionVault Twitter» verfolgen und sich mit den «GoldNews» auf dem Laufenden halten.

«Goldbugs» achten auch auf weitere Nachrichten und Meinungen von der wichtigsten Veranstaltung des weltweiten Edelmetallmarkts. Denn wenn sie auch sonst nichts bietet, so lässt sich anhand der kollektiven Goldpreis-Prognose von Rom 2013 zumindest erahnen, wie schnell sich unter Umständen die Preise genau in die andere Richtung bewegen könnten.