Im Wettstreit um die wichtigsten Finanzplätze hat Singapur eine wegweisende Fintech-Initiative gestartet. Hierzulande hoffen Akteure bislang vergeblich darauf. Die Schweiz hat sich dennoch zu einem Zentrum einer gewichtigen Fintech-Sparte entwickelt.

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Singapur gibt sich nicht mehr damit zufrieden, das führende Finanzzentrum Asiens zu sein. Ende 2014 hatte Premierminister Lee Hsien Loong das «Smart Nation Programme» angekündigt. Und eine «Smart Nation» brauche ein smartes Finanzzentrum, folgerte er. Die Entwicklung und der Einsatz von Technologien seien der Schlüssel dazu.

Diese Woche folgte ein bedeutender Schritt auf diese Ankündigung: Die Monetary Authority of Singapore (MAS), Zentralbank und Aufsichtsbehörde in einem, kündigte die Gründung einer Fintech Innovation Group (FTIG) an.

Vision des «Smart Financial Centre»

Dabei handelt es sich um eine Arbeitsgruppe, welche nicht nur für alle regulatorischen Belange im Fintech-Bereich verantwortlich ist, sondern für die Strategie zur Weiterentwicklung aller Fintech-Bereiche. MAS-Chef Ravi Menon sagte, die FTIG sei ein ernstes und verbindliches Engagement der Behörde, die Vision des «Smart Financial Centre» zu verfolgen.

Die FTIG wird sich auf drei Bereiche konzentrieren, denen jeweils ein Chef vorsteht: Auf Technologien für Bezahlsysteme und weitere Finanzdienstleistungen, auf Technologien im Bereich Cloud Computing und Big Data sowie auf technologische Innovationen, die das Potenzial haben, in der Finanzindustrie einen Durchbruch zu erlangen.

Ruf nach einer Schweizer Fintech-Strategie

Man stelle sich vor, was das auf die Schweiz übertragen hiesse: Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) lanciert zusammen mit der Schweizerischen Nationalbank auf Geheiss des Bundesrats einen Schweizer Fintech-Masterplan. Tatsächlich hallt der Ruf nach einer konzertierten Schweizer Fintech-Strategie immer wieder durch Foren, Konferenzen und auch die Medien – meist begleitet von harscher Kritik, weil eine solche vermisst wird.

Schlimmer noch: Der Finma wird vorgeworfen, Fintech-Startups regulatorische Hürden in den Weg zu stellen und sie so gegenüber Konkurrenten in Deutschland, Grossbritannien und den USA zu benachteiligen.

Lapidare Bundesrats-Antwort

Es lässt sich anhand verschiedener Parameter belegen, dass der Schweizer Finanzplatz tatsächlich den «digitalen» Anschluss verloren hat: Gründungszahlen von Fintech-Startups, die Höhe von Investorengeldern in Jungunternehmen, die Anzahl von Startup-Hilfen und Inkubatoren etc.

Das Fehlen einer Vision und einer Strategie für einen Fintech-Finanzplatz wird aus einer Antwort des Bundesrates auf eine Interpellation aus dem Nationalrat vom vergangenen Februar ersichtlich. Im Rahmen der Schweizer Finanzmarktpolitik werde die Entwicklung regulatorischer Rahmenbedingungen ausländischer Finanzplätze auch in Bezug auf Fintech verfolgt, hiess es darin lediglich.

Hoffnung gibt es: Denn der «Beirat Zukunft Finanzplatz» ist mit der Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie beauftragt. Digitale Innovation dürfte einer der relevanten Themenbereiche sein, blieb der Bundesrat allerdings relativ vage. Ob in der Expertengruppe zudem das notwendige «digitale» Know-how vorhanden ist, ist aufgrund der Mitgliederliste eher zweifelhaft.

Finma ist gegenüber Fintech aufgeschlossen

Von der Finma lässt sich dies – entgegen der teilweise direkten und lauten Kritik – nicht sagen. Sie hat im vergangenen Mai ein Regelwerk für Kryptowährungen wie Bitcoin erstellt und kurz darauf der Bitcoin-Börse Ecurex eine Bewilligung erteilt.

Zurzeit analysiere die Behörde zudem, welche bestehenden Regulierungen zurzeit gegen neue Technologien unnötig diskriminierend wirken könnten, sagte ein Sprecher auf Anfrage von finews.ch. Ausserdem seien bereits Prozesse implementiert worden, die eine raschere Bewilligungspraxis der Gesuche von Startups mit neuen Geschäftsmodellen ermöglichten.

Private Banking für Fintech wenig geeignet

Der Finma sei sich auch bewusst, dass regulatorische Hürden für kleine und neue Marktteilnehmer teilweise schwerer zu nehmen seien als von den grossen etablierten Playern.

Es ist klar: Der Schweizer Finanzplatz wird vom Private Banking und den beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS dominiert. Insofern ist es wenig erstaunlich, dass sich in der Startup-Szene im Bereich Online-Vermögensverwaltung oder Robo-Advice bis auf wenige Ausnahmen wie TrueWealth wenig tut.

Ausserdem gilt gerade das Private Banking mit vermögenden Kunden, die herausragende Domäne des Schweizer Banking, als Finanzdienstleistung, die in Bezug auf Services zwar digitalisiert werden kann, wo jedoch der physische Kundenkontakt wichtig bleiben wird.

Die Schweiz, ein «Krypto-Hub»

Dass die Schweiz international aber völlig ins Fintech-Hintertreffen geraten ist, trifft indes nicht zu. Den Kritikern ist entgangen, dass sich die Schweiz innerhalb kurzer Frist zu einem «Krypto-Hub» entwickelt hat. Vor allem in Zug haben sich eine Reihe von Startups angesiedelt, die Geschäftsmodelle mit der virtuellen Währung Bitcoin pflegen.

Xapo, eine auf die Speicherung von Bitcoin spezialisierte Firma, hat beispielsweise ihren Hauptsitz in die Schweiz verlegt, weil die Qualitäten und Rahmenbedingungen des Landes für das Xapo-Geschäftsmodell von grossem Vorteil sind: Sicher, stabil, demokratisch, unabhängig.

Interessanterweise sind dies genau die Grundeigenschaften, welche den Schweizer Finanzplatz für das traditionelle Banking stark gemacht haben.

Eine Vision des «Safe Financial Centre»?

Wenn Singapur also die Vision verfolgt, das «Smart Financial Centre» der Welt zu werden, kann sich die Schweiz gut auf alte Tugenden stützen und die Vision eines «Safe Financial Centre» aufstellen.

Im digitalen Zeitalter, wo Datensicherheit und Persönlichkeitsschutz nicht nur im Banking von enormer Wichtigkeit sind, könnte die Schweiz sich hervorragend positionieren.

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