Die Börsenlage ist unsicher: Wie verhält sich ein Investment-Experte, der ein Milliardenportefeuille verwaltet? Hans F. Lauber von Arecon im Interview.

Hans.F.Lauber.quadratHans F. Lauber ist Gründer und CEO der Zürcher Vermögensverwaltungsfirma Arecon.


Herr Lauber, die Börse steckt in einer nervösen Phase. Es ist unklar, wohin die Reise in den nächsten Monaten geht. Wie nehmen Sie als Vermögensverwalter die Situation wahr?

Es ist tatsächlich nicht einfach, wobei es nicht nur die aktuellen Themen wie die hohe Staatsverschuldung und die Euro-Krise sind, welche die Börse belasten. Der Markt befindet sich grundsätzlich an einem Wendepunkt.

Wie kommen Sie darauf?

Über die letzten 25 Jahre hatten wir im Prinzip einen kontinuierlichen Bullen-Markt. Abgesehen von einigen Baissen ging es immer aufwärts, zumal die westlichen Notenbanken die Zinsen laufend senkten und mit ihrer Politik des billigen Geldes ideale Voraussetzungen dafür boten. Inflation war kaum je ein Thema, während die Unternehmen immer höhere Gewinne erzielen konnten. Erst mit der Finanzkrise hat sich das geändert.


«Die Zinsen lassen sich nicht weiter senken»

Was sind die Konsequenzen?

Die Zinsen lassen sich nicht weiter senken. Damit fällt der wichtigste Faktor weg, der die Aktienhausse des letzten Vierteljahrhunderts begünstigt hat. Das hat enorme Konsequenzen. Der Markt ist kein Selbstläufer mehr.

Tiefe Zinsen, labile Märkte. Trotzdem müssen vor allem institutionelle Investoren weiter anlegen.

Die lange Hausse in der Vergangenheit führte zu fixen Anlageprofilen und Benchmarks sowie zu einem passiven Risiko-Management. Das Gros der Investoren ging stets davon aus, dass der Markt immer weiter steigt, und sich ein aktives Management der Strategie und der Risiken nicht lohne. Das ist nun nicht mehr der Fall, und gleichzeitig sind viele Investoren nervös, weil sie wegen der tiefen Zinsen auf dem Geldmarkt keine Rendite erzielen.


«Ich empfehle einen aktiven Anlagestil»

Erklärt das die hohe Volatilität im Moment?

Ja, viele Anleger versuchen sich nun mal da und dort, mal in Schwellenländern, dann im Gold oder in strukturierten Produkten. Sobald es aber einen Hauch von Unsicherheit gibt, steigen sie wieder aus. Das erklärt die teils extremen Schwankungen an der Börse. Psychologische Beweggründe überwiegen.

Zu welchem Verhalten raten Sie?

Ich empfehle einen aktiven Anlagestil mit einem starken Augenmerk auf die Asset Allocation. Anlageopportunitäten müssen rascher genutzt und die Risiken aktiv gemanaged werden. Es reicht nicht mehr, sich an jahrzehntelangen Erwartungen auszurichten und stur an einer Strategie festzuhalten.


«Substanz in den Investments ist heute unentbehrlich»

Gleichzeitig liegt der Fokus verstärkt auf der Werthaltigkeit und der Rendite der verschiedenen Anlagen. Gerade angesichts der grossen Unwägbarkeiten allein in der Euro-Zone ist Substanz in den Investments mehr denn je unentbehrlich.

Können Sie das genauer ausführen?

Obschon wir die Talsohle der Finanzkrise überwunden haben, kann vorläufig nicht von einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung die Rede sein. Im Gegenteil. Die Haushaltsprobleme innerhalb der EU haben die ökonomischen Fortschritte zunichte gemacht. Es herrscht Hilf- und Ratlosigkeit angesichts der unglaublichen Dimensionen des Übels, und die eilig gefällten Entschlüsse drohen die Erholung wieder im Keim zu ersticken. Schnellschüsse aus der Hüfte heraus sind sicher nicht das richtige Mittel, um irgendwelche Probleme zu lösen.

Sie spielen auf die Sparmassnahmen der verschiedenen Staaten an, welche nun ihre Budgets konsolidieren wollen. Was halten Sie davon?

Grundsätzlich ist es richtig, dass die Finanzen ausgeglichen werden müssen. Nachdem die Anleger die hohen Defizite offensichtlich nicht mehr bereit sind, zu akzeptieren, haben die Staaten gar nicht mehr die Freiheit, über den Zeitpunkt der Sanierung selbst zu bestimmen.


«Absicherungskosten sind extrem billig»

Und da sich in einer schwächelnden Wirtschaft das Problem nicht einfach über das Schaffen von Inflation lösen lässt, gibt es auch keine Alternative dazu. Die Auswirkungen der Sparpolitik werden die Anlagemärkte sicher weiter belasten.

Welche Anlagen empfehlen Sie derzeit?

Interessant scheinen uns vor allem Investments in ausländischen Unternehmensanleihen, bei welchen das Währungsrisiko abgesichert wird. Die Absicherungskosten sind extrem billig, die Zinskurven ausserordentlich steil, und die Kreditaufschläge nach wie vor sehr attraktiv. Ähnliches gilt für Wandelanleihen, welche zusätzlich eine gewisse Partizipation an den Aktienmärkten mit beschränktem Risiko erlauben.


«Es empfiehlt sich, den Aktienanteil eher tief zu halten»

Um dem längerfristigen Risiko der Inflation zu begegnen, ist auch ein Engagement in inflationsgeschützten Anleihen sinnvoll, da diese auf Grund der aktuellen Deflationsängste günstig bewertet sind. Den Aktienanteil empfiehlt es sich, eher tief zu halten und mit Stop Losses abzusichern, um so gröbere Verluste zu vermeiden.

Was halten Sie von Aktien?

Wir richten unseren Fokus auf Substanztitel, welche in Krisen meist deutlich besser performen und sich danach auch schneller erholen. Unter Substanz verstehe ich insbesondere starke Bilanzen mit geringer Verschuldung, tiefe Refinanzierungsrisiken und einen hohen freien Cash Flow sowie eine stabile und interessante operative Gewinnmarge.

Welche Titel fallen konkret in dieses Raster?

Momentan finden sich solche Titel insbesondere in den Sektoren Kosumgüter (Nestle und Unilever), Telekommunikation (Vodafone und France Telecom), Technologie (Cisco und Microsoft) und Industrie (Siemens und Skanska AB). Auch sollte ein Investment in Gold nicht fehlen, das sozusagen als Absicherung für den «schlimmsten Fall» betrachtet werden kann.


«Es ist nicht unser Ziel, Umsatz oder Kommissionen zu generieren»

Nach welchen Kriterien setzen Sie Ihre Anlagephilosophie um?

Weil wir unsere persönlichen Vermögenswerte ebenso investieren, handelt es sich bei unseren Empfehlungen nicht um Marktmeinungen, sondern um eigene Erwartungen, an denen der Kunde analog partizipieren kann. Unter diesen Bedingungen sind wir absolut unabhängig. Unsere Anlagepolitik unterliegt keinen bankinternen Einschränkungen. Unsere Empfehlungen haben überhaupt nicht zum Ziel, Umsatz oder Kommissionen zu generieren.


Hans F. Lauber ist Gründer und CEO der Zürcher Vermögensverwaltungsfirma Arecon, die heute acht Personen beschäftigt. Er bringt mehr als zwanzig Jahre Erfahrung im Asset Management für Institutionelle und Privatanleger mit.

Vor der Gründung von Arecon im Jahr 2007 arbeitete Lauber zuletzt als Chief Investment Officer der Winterthur-Gruppe und Mitglied der Konzernleitung. Dort verantwortete er ein Anlagevolumen von rund 145 Milliarden Franken. Zuvor hatte er verschiedene leitende Funktionen bei der Credit Suisse sowie bei der Privatbank Coutts inne.

Die Firma Arecon verwaltet Vermögen von rund 1,6 Milliarden Franken mit der Absicht, eine absolute Rendite zu erzielen. Der Ansatz ist vor allem für Pensionskassen, die das Risiko einer Unterdeckung nicht einer statistischen Wahrscheinlichkeit überlassen wollen, sondern dieses aktiv verwaltet haben möchten. Darüber hinaus zählen Stiftungen und Privatpersonen zum Kundenstamm sowie Unternehmen, die ihre Liquidität verwalten lassen.

 

 

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