Börsenabsturz und Krypto-Crash kosten die Superreichen Milliarden; ihre Vermögen sind im ersten Semester stark geschmolzen. Wie haben die Schweizer Milliardäre abgeschnitten?

Ob in der Schweiz, in Deutschland oder anderswo in Europa: Die Aktienmärkte haben sich im ersten Halbjahr so schlecht entwickelt wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Auch an der Wall Street setzte es im ersten Semester herbe Verluste ab. Das US-Leitbarometer S&P-500 verzeichnete die schlechteste Jahreshälfte seit 1970.

Die Kursverluste an den globalen Aktien- und Bondmärkten belaufen sich auf rund 35 Billionen Dollar, sagt Ronald-Peter Stöferle, Managing Partner des Liechtensteiner Vermögensverwalters Incrementum, in einem Interview mit finews.ch. Die Einbussen entsprechen dem kombinierten Bruttoinlandprodukt der USA und China.

Blocher-Geschwister auf der Rutschbahn

Unter die Räder gekommen sind auch die meisten Schweizer Milliardäre; die erste Jahreshälfte war ein Debakel für die Wohlbetuchten hierzulande. Der Milliardärsliste von Bloomberg zufolge sind im Schweizer Quervergleich die Vermögen von Magdalena Martullo-Blocher und Rahel Blocher in absoluten Zahlen am stärksten geschmolzen. Die Geschwister verdanken ihren Reichtum vor allem dem Schweizer Chemieunternehmen Ems-Chemie, das seit Jahrzehnten von der Familie Blocher geführt wird.

Im Gegensatz zu Magdalena Blocher, die den Posten des CEO bekleidet, ist Rahel Blocher aber nicht aktiv in die Emser Geschäfte eingebunden. Magdalenas Vermögen ist seit Jahresbeginn um 2,88 Milliarden auf aktuell 7 Milliarden Dollar geschrumpft. Schwester Rahel Blocher hat sich mit einem Minus von 2,8 Milliarden auf 6,78 Milliarden Dollar leicht besser gehalten.

Kräftig Federn lassen musste auch Ernesto Bertarelli. Das Familienvermögen wird noch auf 18,7 Milliarden Dollar geschätzt. Das sind 2,43 Milliarden Dollar weniger als vor sechs Monaten.

Chelsea-Mitbesitzer hält sich recht gut

Andre Hoffmann, Urenkel von Roche-Gründer Fritz Hoffmann, hat auch schon bessere Tage erlebt. Sein Vermögen verringerte sich in der ersten Jahreshälfte um 983 Millionen auf 6,87 Milliarden Dollar. Urenkelin Vera Michalski-Hoffmann hat ebenfalls 983 Millionen Dollar eingebüsst. Ihr derzeitiges Vermögen wird noch auf 6,42 Milliarden Dollar geschätzt, das sind 12,5 Prozent weniger als zu Jahresbeginn. Gleiches gilt für Maja Hoffmann.

Im Vergleich dazu hat sich Hansjörg Wyss recht gut gehalten. Der Berner Milliardär und Philantrop, der vor kurzem zusammen mit einem Investoren-Konsortium den Londoner Fussballklub Chelsea übernommen hat, weist noch ein Vermögen von 8,36 Milliarden Dollar auf. Das sind 5,3 Prozent oder 465 Millionen Dollar weniger als Anfang Jahr.

Tech- und Krypto-Koryphäen hart durchgeschüttelt

Im Klub der Superreichen fallen die Einbussen der Schweizer Milliadäre vergleichsweise überschaubar aus. Vor allem Wohlbetuchte aus den USA blicken auf ein tiefrotes erstes Halbjahr zurück. Am heftigsten erwischt hat es aber Changpeng Zhao, den Gründer und CEO der Krypto-Börse Binance. Er ist derzeit rund 80 Milliarden Dollar ärmer als zu Jahresanfang. Im Zuge des Krypto-Crashs fiel sein Vermögen um fast 83 Prozent auf noch 16,6 Milliarden Dollar.

Nicht viel besser erging es US-Wirtschaftskapitänen wie Meta-Chef Mark Zuckerberg (–65,9 Milliarden Dollar), Tesla-CEO Elon Musk (–59,9 Milliarden Dollar) oder Amazon-Gründer Jeff Bezos (–59,3 Millarden Dollar). Am Hungertuch werden sie trotzdem nicht nagen. Sie gehören weiterhin zu den Reichsten der Reichsten.

Nicht alle weinen auf dem Weg zur Bank

Als reichsten Schweizer führt Bloomberg den Fintech-Unternehmer Guillaume Pousaz, der 2012 das in London ansässige Checkout.com ins Leben rief. Er besitzt aktuell 19,4 Milliarden Dollar und rangiert damit in der Spitzenliste der Milliardäre auf Platz 74. Sein Vermögen wird 11,7 Milliarden Dollar höher geschätzt als zu Jahresbeginn. Im April allerdings hatte das US-Wirtschaftsmagazin Forbes das Vermögen des Studienabbrechers noch bei 23 Milliarden Dollar veranschlagt. 

Ein gutes Halbjahr hatte auch ein Ehepaar, das eher die «Old Economy» vertritt. Mit geschätzt 17,2 Milliarden Dollar belegen Gianluigi und Rafalea Aponte Platz 88 der Bloomberg-Liste. Ihr Vermögen ist im Halbjahr knapp 6,9 Milliarden Dollar gewachsen. Der gelernte Kapitän Gianluigi Aponte stieg 1970 zusammen mit seiner Frau Rafaela in die Schifffahrtsbranche ein und gründete mit MSC die mittlerweile zweitgrösste Reederei der Welt, gemessen an der Frachtkapazität.