Das Finanzierungsumfeld für Fintechs ist schwierig. Zwei Schweizer Jungunternehmen stechen dieses Jahr jedoch hervor, wie eine internationale Beratungsfirma festhält.

Das Marktumfeld für Fintechs bleibt sehr anspruchsvoll. Herausforderungen wie hohe Inflation, steigende Zinsen, geopolitische Unsicherheiten, tiefe Bewertungen und fehlende Exits waren zwar zu erwarten. Andere Probleme traten in der ersten Jahreshälfte jedoch unerwartet auf, wie der Zusammenbruch mehrerer US-Banken oder der Untergang der Credit Suisse in der Schweiz.

Die Unwägbarkeiten spiegeln sich zur Jahresmitte in den Finanzierungen von Fintechs. Die Investoren gehen sehr selektiv vor und konzentrieren sich bei ihren Investitionsentscheidungen auf Kernthemen wie operative Effizienz, nachhaltige Cashflows und Profitabilität. Das Motto der vergangenen Jahre – Wachstum um jeden Preis – ist deutlich in den Hintergrund getreten, auch bei vielen der einst erfolgsverwöhnten Fintechs selbst.

Trotz Rückschlägen auch Lichtblicke

Die Gesamtfinanzierungen von Fintech-Unternehmen gingen laut der Beratungsgesellschaft KMPG von 63,2 Milliarden Dollar in der zweiten Jahreshälfte 2022 auf nunmehr 52,4 Milliarden Dollar in den ersten sechs Monaten 2023 zurück. Gleichzeitig sank die Zahl der weltweiten Fintech-Deals von 2’885 auf 2’153.

Trotz der Marktturbulenzen gab es im ersten Halbjahr aber auch Lichtblicke. So stiegen die Fintech-Finanzierungen in Nord- und Lateinamerika von 28,9 auf 36 Milliarden Dollar, wie die halbjährlich erscheinende Studie «Pulse of Fintech» zeigt. Mehrere Subsektoren verzeichneten ebenfalls ein hohes Finanzierungsniveau, darunter Fintechs in den Bereichen Logistik und Lieferketten sowie Nachhaltigkeit (ESG).

Schweizer Startups im Rampenlicht

Im Wirtschaftsraum EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika) blieb die Stimmung dagegen verhalten, da die Investoren aufgrund makroökonomischer Unsicherheiten an der Seitenlinie standen. Das Gesamtvolumen der Fintech-Finanzierungen fiel deutlich auf rund 11,2 Milliarden Dollar, verglichen mit 27 Milliarden Dollar in den sechs Monaten zuvor.

Grossbritannien zog die meisten Fintech-Finanzierungen an. Die Hälfte der zehn grössten Deals fand im Vereinigten Königreich statt, das damit seine Position als Top-Standort für Fintechs festigt. Unter den Ländern, in denen grosse Transaktionen stattfanden, ist erfreulicherweise auch die Schweiz vertreten: Zwei Transaktionen klasssieren sich unter den europäischen Top-Ten.

Das Zürcher Startup Teylor und das Lausanner Blockchain-Unternehmen Metaco gehören zu den grössten und wichtigsten Highlights in Europa. Sie stehen stellvertretend für die Stärken des Schweizer Fintech-Ökosystems.

So hat der Krypto-Riese Ripple bei der Übernahme von Metaco dem Westschweizer Technologieunternehmen ein bemerkenswertes Preisschild aufgedrückt. Teylor wiederum hat bei namhaften Finanzgrössen wie Barclays einen dreistelligen Millionenbetrag eingesammelt. Damit will das Zürcher Jungunternehmen die Kreditfinanzierung für KMU vorantreiben.

Frische Impulse

Auch auf regulatorischer Seite hat sich in Europa einiges getan. Mitte Jahr veröffentlichte unter anderem die Europäische Kommission ihren lang erwarteten Entwurf der überarbeiteten Zahlungsdienstrichtlinie sowie ihre Vorschläge für eine Verordnung über Zahlungsdienste und einen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten. Diese sorgen für klare Rechte und Pflichten bei der Weitergabe von Kundendaten über Zahlungskonten hinaus.

Laut KMPG soll dies dazu beitragen, das Interesse und die Finanzierung im Bereich Open Banking und Embedded Finance zu steigern. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmern des Ökosystems dürfte davon profitieren. Generell rechnen die Experten mit einer längerfristig starken EMEA-Region, sobald die Marktunsicherheiten nachlassen.

Holprig, aber vielversprechend

Kurzfristig bleibt das globale Marktumfeld jedoch herausfordernd. KMPG erwartet, dass das zweite Halbjahr 2023 für Fintechs aufgrund der bestehenden makroökonomischen und geopolitischen Unsicherheiten holprig werden könnte. Wenig überraschend gehen die Experten davon aus, dass Künstliche Intelligenz (und wahrscheinlich auch die Finanzierung) ein heisses Thema bleiben wird, auch wenn die Fintech-Aktivitäten verhalten bleiben.

Sobald sich der Markt jedoch stabilisiert, dürften auch die Finanzierungen im Fintech-Bereich wieder anziehen. Insbesondere der Zahlungsverkehr ist gut positioniert, um neben Insurtech und Wealthtech die Finanzierung fortzusetzen und zu beschleunigen. Sollten sich die Marktbedingungen verbessern, könnten auch die M&A-Aktivitäten wieder zunehmen, da sowohl Private-Equity-Investoren als auch Unternehmen auf der Suche nach guten Deals sind.

Neuer Trend im Krypto-Bereich

Zu den weiteren Trends, die sich für die zweite Jahreshälfte abzeichnen, gehört auch ein wachsendes Interesse an Blockchain- und Digital Asset-Lösungen im ESG-Bereich. Die Aufsichtsbehörden werden ihre Kontrollen weiter verschärfen, während Länder um ihre Position als Drehscheibe für verantwortungsvolle Krypto-Finanzierung konkurrieren.

KPMG geht daher davon aus, dass insbesondere Blockchain-basierte ESG- und Nachhaltigkeitslösungen wie Emissionsgutschriften, Rückverfolgbarkeit der Lieferkette und tokenisierte Klimalösungen stärker in den Fokus der Anleger rücken werden.

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