Der aktuelle Risikoreport der Finanzaufsicht nennt zwei neue Hauptgefahren für Schweizer Banken und Versicherer. Nur eine davon ist eine Überraschung.

Die Gefahren für den Schweizer Finanzplatz haben zugenommen, folgt man der diesjährigen Ausgabe des «Risikomonitors» der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Im Vergleich zum Vorjahr erkennt der am Donnerstag veröffentliche Report nämlich zwei neue Hauptrisiken – die Anzahl der genannten Gefahrenquellen steigt damit von bisher sieben auf nunmehr neun.

Neu misst die Aufsicht den Risiken im Zusammenhang mit der Liquidität und Refinanzierung sowie mit der Auslagerungen von Geschäftsaktivitäten eine höhere Bedeutung bei. Sieben Risiken bestanden bereits im Vorjahr: Zinsrisiken, Kreditrisiken bei Hypotheken, Kreditrisiken bei übrigen Krediten, Credit-Spread-Risiken, Risiken vor Cyber-Angriffen, Risiken im Bereich der Geldwäschereibekämpfung sowie Risiken wegen eines erschwerten grenzüberschreitenden Marktzugangs.

Rolle der sozialen Medien

Auslöser für die Hochstufung der Liquiditätsrisiken ist, wenig verwunderlich, der «Bank-Run» auf die Credit Suisse (CS) im vergangenen Frühling. Anstatt das in akuten Zahlungsschwierigkeiten stehende Institut gemäss der «Too big to fail»-Regulierung in den Konkurs zu schicken, entschieden sich Bund, Finma und Nationalbank damals für milliardenschwere und teils staatlich garantierte Liquiditätshilfen – und zwangen die CS zum Verkauf an die Konkurrentin UBS.

Diese Turbulenzen im Bankensektor hätten gezeigt, dass die Folgen einer durch Liquiditätsengpässe verursachten Krisensituation signifikant sein können, stellt die Aufsicht im Bericht fest. «Die Turbulenzen im Bankensektor im März 2023 haben einige Herausforderungen in Bezug auf das Liquiditätsrisiko der Banken deutlich gemacht», so der Report. «Diese betrafen insbesondere die Geschwindigkeit und das Volumen der Einlagenabflüsse, die Konzentration in der Finanzierungsstruktur, sowie die Rolle der sozialen Medien und des digitalen Finanzwesens.»

Immer mehr an Dritte ausgelagert

Unabhängig von dem Hauptrisiko Liquidität behalte die Finma auch die spezifischen Risiken, die sich der Übernahme der CS durch die UBS ergeben, im Fokus ihrer Aufsichtstätigkeit, hiess es weiter. Und: grössere Verwerfungen an den Finanzmärkten können aber auch zu einem erhöhten Illiquiditätsrisiko bei Versicherungsunternehmen führen, gab die Aufsicht zu bedenken.

Während die Hochstufung der Liquidtät zum Hauptrisiko auf der Hand liegt, gilt dies für das Thema Auslagerung auf den ersten Blick weniger. Wie der Monitor selber festhält, greifen Finanzinstitute seit vielen Jahren auf externe Dienstleister zur Erbringung der Kernaufgaben zurück. In den letzten Jahren habe aber der Umfang an Auslagerungen und die Anzahl solcher Massnahmen pro Beaufsichtigten zugenommen. «Dabei steigt auch die Anzahl an Unterakkordanten und damit die Komplexität der Lieferkette», so der Bericht.

Konzentration in der Cloud

Nachdem die Corona-Krise die Risiken von Lieferketten auch im Finanzwesen schonungslos an den Tag gelegt hat, ist man auch bei der Aufsicht vorsichtig geworden. Unterbrüche von kritischen Funktionen, so die Bedenken der Finma, beeinträchtigten im Extremfall die Stabilität des Finanzmarkts.

Im Auge hat die Aufsicht dabei vor allem die IT. Rund 80 Prozent der Banken und 60 Prozent der Versicherer lagerten ihre Informatik-Infrastruktur zumindest teilweise aus, heisst es. Somit seien sie für die Erbringung ihrer Dienstleistungen massgeblich von Dritten abhängig. «Der Umstand, dass jeder dritte Cyberangriff auf Finanzinstitute über Drittparteien erfolgt, verdeutlicht die damit verbundenen Risiken». Ebenfalls Sorgen bereitet der Trend hin zu Diensten aus der Datewolke. Cloud-Dienstleistungen mit ihrer Konzentration auf einige wenige grosse Anbieter erhöhten die operationelle Abhängigkeit des Finanzmarkts von einem einzelnen Dienstleister.

«Ein Unterbruch oder ein unbeabsichtigter Zugriff auf Daten bei diesen kritischen Dienstleistern kann zu einer massiven Auswirkung auf den Schweizer Finanzmarkt führen», mahnt die Behörde hierzu.

Eine Blackbox für die Aufsicht

Passend dazu gewählt ist auch das Trendthema des diesjährigen Reports – wiederum wenig überraschend – der Aufstieg der Künstlichen Intelligenz. «Besondere Herausforderungen ergeben sich namentlich im Zusammenhang mit der Verantwortung für KI-Entscheidungen, der Zuverlässigkeit von KI-Anwendungen, der Transparenz und Erklärbarkeit sowie der Gleichbehandlung von Finanzmarktkundinnen und -kunden.

Das ist ein Hinweis darauf, dass die Zukunftstechnologie aus Sicht der Behörden derzeit noch vor allem eines ist: Eine Blackbox, bei deren Erkundung die Finma und auch die Branche noch ziemlich am Anfang steht.

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