Trotz der vielfältigen und in rascher Kadenz erfolgten Krisen zieht der im kommenden Herbst abtretende Nationalbank-Präsident Thomas Jordan eine positive Bilanz der Geldpolitik der vergangenen Jahre. Und sieht nun den besten Zeitpunkt, die Leitung in neue Hände zu übergeben.

«Wenn man sich in einer Führungsposition befindet, ist es immer wichtig, sich auch Gedanken über den richtigen Zeitpunkt für einen Rückzug zu machen», sagte der Präsident der Schweizerischen Nationalbank Thomas Jordan am Freitagnachmittag vor den Medien im Zürich. «Ich habe den Bankrat gestern Abend über meine Entscheidung informiert.»

Der Entscheid, per Ende September 2024 von seinem Amt zurückzutreten, war demnach keine spontaner Entschluss, der einen konkreten Auslöser brauchte.  Vielmehr hält Jordan den jetzigen Zeitpunkt für geeignet.

Auf dem besten Weg

Man sei auf bestem Weg die Preisstabilität wiederherzustellen und habe die Finanzstabilität gesichert. Und das sind die Grundprinzipien der SNB-Politik. «Allein darum sollte der Entschluss gut nachvollziehbar sein.» Es gebe weder gesundheitliche Gründe noch spiele dabei die Diskussion um die CS-Notfusion mit der UBS eine Rolle.

Jordan bezeichnete es als ein Privileg 27 Jahre lang bei der SNB auf allen Stufen gearbeitet zu haben. «Dabei habe ich viel von meinen Chefs, aber auch von meinen Kollegen gelernt.»

Nachfolge offen

Zur Nachfolgeregelung wollte er sich jedoch nicht äussern, und das liege nicht in seiner Kompetenz. «Wir sind ein genügend grosses Land mit genügend guten Leuten, um eine Nachfolge für das Direktorium zu finden.»

Jordan hat bereits vor seiner Zeit als Direktoriumsmitglied und als Präsident verschiedene Krisen erlebt und daran mitgearbeitet sie zu bewältigen. Er zählte dabei die Neuformulierung der geldpolitischen Strategie oder die UBS-Rettung 2009 auf.

Viele Einzelinteressen

Später folgten dann die Euro-Schuldenkrise, die Frankenaufwertung, Euro-Mindestkurs und deren Abschaffung ober die Negativzinsphase. Auch die Corona-Pandemie und der Ukrainekrieg hätten die Schweiz, die Wirtschaft und auch die SNB vor Herausforderungen gestellt.

Die Sicherstellung der Finanzstabilität durch die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS im vergangenen Jahr sei ein wichtiger Schritt gewesen, betonte Jordan. Dabei sei die Zusammenarbeit mit Bundesrat und Finma immer sehr gut gewesen. «Aber natürlich ist man manchmal unterschiedlicher Meinung.»

Der Druck auf die SNB sei in diesem Fall nicht höher gewesen als in anderen kritischen Situationen auch. «Die SNB steht immer von verschiedenen Seiten unter Druck. Es gibt in der Geldpolitk viele Einzelinteressen.»

Schwierige Entscheidungen

Viele der Entscheide während seiner Amtszeit seien unter grossem Druck und hoher Unsicherheit getroffen worden und seien schwierig gewesen. «Man kann sich seine Zeit nicht aussuchen, sondern muss mit den Gegebenheiten umgehen.» Gefragt, ob er eine Entscheidung aus seiner Amtszeit bedauert, sagte er: «Ich bereue nichts!»

Umso wichtiger sei es, dass die SNB auch weiter ihre Unabhängigkeit behält. Dafür sieht Jordan auch eine klare Unterstützung in der Politik, Wirtschaft und der Bevölkerung. «Die ordnungspolitischen Grundsätze sind die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg und den Wohlstand der Schweiz.»

Intelligent formuliertes Mandat

«Die SNB hat ein enges aber sehr intelligent formuliertes Mandat», betonte Jordan. Man sollte nicht damit experimentieren ihr Aufgaben zuzuweisen, für die sie nicht geeignet sei.

So hätten etwa Forderungen während der CS-Krise nach einem «Whatever it takes»-Moment oder Rufe nach einer Verstaatlichung die Kompetenz der Notenbank deutlich überschritten. «Da wurden Wünsche an die SNB herangetragen, die nicht zu ihren Aufgaben zählen.»

Zuerst Cooling-off-Periode abwarten

Pläne für die Zeit nach seinem Rücktritt hat Jordan noch nicht. «Bis Ende September werde ich noch voll für die SNB eintreten.» Nach seinem Ausscheiden muss Jordan eine «Cooling-off-Periode» von sechs Monaten einhalten, bei systemrelevanten Banken von zwölf Monaten.

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