Was tun amerikanische Banken, wenn reiche Chinesen mit Riesenbeträgen bei ihnen anklopfen? Die Testfrage stellt Renate Schwob von der Bankiervereinigung.

Renate_SchwobRenate Schwob ist Leiterin Finanzmarkt Schweiz und stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bankiervereinigung

Die einen zieht es in die Schweiz, die anderen nach den USA, Australien oder nach Kanada. Franzosen, die Frankreich verlassen, lassen sich wohl aus sprachlichen und kulturellen Gründen gerne in der Schweiz nieder, vor allem in der Romandie, wo die Unterschiede zu ihrem Herkunftsland gering sein mögen.

In Frankreich verursacht der Wegzug vermögender Bürger verständlicherweise Ärger, geht doch mit jedem Abgang eines Steuerzahlers dem Staat entsprechendes Steuersubstrat verloren, vor allem dann, wenn die Steuerlast überwiegend oder fast ausschliesslich auf den Schultern vermögender Bürger ruht.

Ein fadenscheiniges Argument

Dass ein Staat hier versucht ist, mit allen rechtsstaatlichen und nicht rechtsstaatlichen Mitteln solche Abgänge zu verhindern, ist zwar auch verständlich, aber im Zeitalter der Personenfreizügigkeit immer schwieriger durchzusetzen – es sei denn, die Personenfreizügigkeit werde so verstanden, dass der eigene Bürger zwar in einem ausländischen Arbeitsmarkt tätig sein darf, die Ergebnisse seiner Tätigkeit aber gefälligst im Herkunftsland abliefern muss.

Zu behaupten, der Auszug vermögender Bürger hänge damit zusammen, dass sie ihr Vermögen und ihre Einkünfte nicht ordnungsgemäss versteuert haben, ist nicht nur fadenscheinig, sondern wäre auch ein Eingeständnis, dass die Steuerfahndung im eigenen Land nicht funktioniert – vielleicht, weil sie sich allzu sehr auf das im Ausland gelegene Vermögen der eigenen Bürger konzentriert?

Franzosen in die Romandie, Chinesen in die USA

Aufhorchen lässt aber nicht nur der Auszug der Franzosen aus Frankreich, sondern – wie man unlängst lesen konnte – der Auszug chinesischer Parteikader aus China. Der Fall von Weng Guokiang erregt die Gemüter im Reich der Mitte. Weng soll sich mit seiner Familie und mit 200 Millionen Yuan (30 Millionen Franken) ins Ausland abgesetzt haben, und er soll bei weitem kein Einzelfall sein.

Interessant ist nun, dass sich diese Parteikader nicht etwa in die Schweiz absetzen, sondern in die USA, nach Australien oder Kanada – Länder, in denen wohlhabende Ausländer leicht Aufenthaltsgenehmigungen erhalten und eine Auslieferung nach China praktisch ausgeschlossen ist.

Wie erfüllen wohl die dortigen Banken ihre Sorgfaltspflichten, wenn chinesische Ex-Kader mit Riesenbeträgen ankommen? Verlangen sie möglicherweise eine Selbstdeklaration, dass das Geld ehrlich erworben und ordnungsgemäss versteuert sei?