Die Corona-Pandemie hat das Geschäftsreisen-Segment praktisch zum Erliegen gebracht. Jetzt zeichnet sich langsam eine Erholung ab. Aber ist sie auch nachhaltig – und reisen die Businessleute jetzt vernünftiger? Das sagen Schweizer Geschäftsreisen-Spezialisten.

Von Markus Fässler, freier Mitarbeiter

Rund ein Viertel der Mitglieder führen wieder bis zu 50 Prozent ihrer Reisen von 2019 durch – so das Resultat einer kürzlich lancierten Umfrage des Verbandes Deutsches Reisemanagement (VDR). Ein Niveau wie vor der Pandemie ist aber kaum denkbar.

Denn: Mehr als 60 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sie künftig um bis ein Drittel weniger Dienstreisen unternehmen werden. Dies zum einen aus Sicherheits- und Kostengründen, aber auch, weil sich die alternativen Formen wie Zoom-Meetings bewährt haben.

Immerhin: Nach den überaus harzigen zwei Jahren scheint es nun auch im Geschäftsreisen-Segment langsam aber sicher wieder aufwärts zu gehen.

Ziele in Europa gefragt

Diese Erholung ist auch bei den Schweizer Geschäftsreise-Spezialisten spürbar. «Wir sehen aktuell, dass es einen Nachholbedarf an Geschäftsreisen gibt», sagt Roland Birchmeier, CEO des zur Hotelplan Group gehörenden Geschäftsreiseanbieters bta first travel. Gefragt seien in Europa und Nordamerika wieder dieselben Destinationen wie vor der Corona-Pandemie. Dazu gehören etwa London, Paris, Berlin, New York, Chicago und Los Angeles.

Ähnlich sieht es bei Kuoni Business Travel aus. Laut Geschäftsführer Andreas Schneider wurden bisher meist Ziele in Europa gebucht. Durch den Wegfall vieler Einschränkungen in den vergangenen Wochen steigen die Buchungen jedoch auch bei den Langstreckenzielen wieder an.

Praktisch inexistent ist Asien. Grund sind die weiterhin andauernden Reiseeinschränkungen. «Der Markt hat sich noch nicht erholt, und die Nachfrage für Reisen nach Asien ist noch sehr tief», so Roland Birchmeier.

Durch den Krieg in der Ukraine ist mit Russland ein weiteres Land weggefallen, das vor der Pandemie gut gebucht war, heisst es bei Kuoni Business Travel. Umsatzmässig bewegt man sich bei bta first travel bereits wieder auf Vor-Pandemieniveau und bei Kuoni Business Travel erreichte man im Mai die Volumen von 2021.

Beratungsbedarf intensiv

Interessantes offenbart der Blick auf die Branchenherkunft der Geschäftsreisenden. Bei Kuoni Business Travel sind insbesondere Leute aus dem Maschinen- und Anlagenbau wieder unterwegs. Immer stärker ist das auch für Mitarbeitende aus dem Vertrieb und Management der Fall.

Klar ist, dass sich durch die Pandemie das Segment Business Travel stark verändert hat. Das hat auch einen Einfluss auf die Beratung. «Wir stellen fest, dass die Expertise unserer Mitarbeitenden sehr gefragt ist. Der Informationsbedarf der Kunden ist nach wie vor gross», so Roland Birchmeier von bta first travel.

«Bei Kuoni Business Travel ist die Anzahl der Anfragen im Verhältnis zu den Buchungen nach wie vor ungleichmässig hoch. Vieles, was vor zwei Jahren völlig normal war, muss nun erst wieder zur Routine werden», sagt Andreas Schneider.

Balance finden

Veränderungen finden auch in Bezug auf den Wert einer Geschäftsreise statt. Dies hat der Geschäftsreiseanbieter BCD Travel im Report «Business Travel Trends for 2022» als einen der Trends fürs laufende Jahr identifiziert.-

Zwar schätzen Mitarbeitende Reisen wegen der Möglichkeiten, Kollegen, Kunden und Geschäftspartner persönlich zu treffen. Aber Firmenreiseprogramme müssen sich laut dem Report an die von der Pandemie hervorgerufenen neuen Arbeitsweisen anpassen und unter anderem auch die richtige Balance zwischen virtuellen und persönlichen Treffen finden.

Und nicht zuletzt wird die Nachhaltigkeit immer wichtiger. Das ist auch bei Kuoni Business Travel und bta first travel nicht anders. Beide geben an, dass für Geschäftsreisen ins nahe Ausland vermehrt auf den Zug statt auf das Flugzeug gesetzt werde.

Tendenz zu längeren Aufenthalten bei Flugreisen

Seit Anfang 2022 ist auch in der Schweiz eine Zunahme der geschäftlichen Flugreisen erkennbar. Laut dem Business Travel Index des Corporate-Payment-Spezialisten AirPlus International nimmt die Zahl der in der Schweiz über AirPlus abgewickelten Transaktionen von Monat zu Monat zu.

Nach einer kurzen Stagnation im April wurden im Mai 2022 knapp dreimal so viele Flüge über AirPlus verbucht als im Januar. Mit dem anziehenden Reisegeschäft schmilzt auch der Abstand zum Vorkrisenjahr 2019 von Monat zu Monat. Im Monat Mai 2022 lag das Abrechnungsvolumen in der Schweiz lediglich noch um 15,1 Prozent unter dem Niveau von Mai 2019.

Ökologisches Umdenken?

Dass das Thema nachhaltige Geschäftsreisen hohe Wichtigkeit in den Schweizer Unternehmen geniesst, belegt auch die zunehmende Dauer der Geschäftsreisen. Laut dem AirPlus Business Travel Index dauerten Interkontinentalreisen von Januar bis Mai 2022 im Schnitt 12.5 Tage (2019: 10,3 Tage), Europareisen 4,6 Tage (2019: 3,7 Tage) und geschäftliche Reisen in der Schweiz erhöhten sich markant auf durchschnittlich 18,5 Tage (2019: 3,4 Tage).

«Hier zeigen sich die heutigen Möglichkeiten und die Akzeptanz gegenüber ‹remote work› deutlich», sagt Andy Stehrenberger, Geschäftsführer von AirPlus in der Schweiz. «Anstelle mehrmals innerhalb der Schweiz von A nach B zu reisen, werden Reisen zusammengelegt oder der Arbeitsplatz gleich für einen längeren Zeitraum verlegt. Diese Tatsache zeugt auch von einem ökologischen Umdenken», sagt Stehrenberger. (TC)