John Mack, Wallstreet-Grösse und einstiger Co-CEO der Credit Suisse, hat seine Memoiren veröffentlicht. Die darin beschriebenen Zeiten scheinen weit weg – doch seine Jünger weilen noch immer unter uns.

Wer kann auf seine Karriere zurückschauen und schreiben: «Mein Leben ist perfekt. Ich habe in der Finanzwelt voll abgeräumt.»? John Mack, langjähriger CEO von Morgan Stanley und als «Mack the Knife» gefürchteter Sparmeister bei der Credit Suisse (CS), kann. Eben hat er seine Biographie veröffentlicht, und sich damit ein Monument seiner selbst errichtet.

«Up Close and All In» heisst der Band, der beim Verlag Simon & Schuster in New York erschienen ist, und der gleich im Untertitel festhält, was Leserinnen und Leser vom Inhalt zu erwarten haben: «Lektionen für das Leben von einem Wallstreet-Krieger». Tatsächlich sind während Aufstieg und Fall des in einem Kaff im US-Bundesstaat North Carolina geborenen Banking-Titanen die Fetzen geflogen.

Wie ein Gentleman im Dolder Grand

Da sind die Erfolge, an die er gerne erinnert. Unter seiner Ägide wuchs Morgan Stanley von einem Bankhaus mit 300 Angestellten zu einem internationalen Finanzkonzern mit 50’000 Mitarbeitenden heran. Auf der Höhe der Finanzkrise stemmte er sich gegen den Druck der US-Behörden, den taumelnden Koloss für 2 Dollar je Aktie zu verkaufen – und setzte sich durch. Heute zählt das Institut zur Weltspitze des Investmentbanking und gilt auch als Grösse, die den Schweizer Vermögensverwaltung-Banken gefährlich werden könnte.

Diesen Aufstieg schreibt Mack in dem 320-seitigen Monolog gerne sich selber zu. Er lüge nie, sei physisch ein Kraftprotz, direkt, allerdings auch altruistisch im Umgang und ausserdem mutig, schreibt Mack über Mack. Er lässt in seinem Bericht auch den Concierge des Zürcher Luxushotels Dolder Grand nicht aus, der ihn als «Gentleman» bezeichnete (weil Mack einem anderen Gast die grössere Suite überlassen hatte).

Ein Leben in Saus und Braus – auf Firmenkosten

Das passt zum Selbstbild der Branche von damals. 1972 bei Morgan Stanley eingetreten und durch die Ränge aufgestiegen, bis er 1993 als Chef die Zügel der Bank erstmals in der Hand hielt, erlebte Mack die Zeit, als Banker sich als «Master of the Universe» verstanden und unglaubliche Summen verwetten und verdienen konnten. Mack selber garnierte regelmässig Boni im zweistelligen Millionenbereich.

Inbegriffen, folgt man den Zeilen, war ein Leben in Saus und Braus, auf Firmenkosten. Mack rezitiert die gesamte Bestellung an scharfen Wassern während eines Ausflugs mit Kunden und brüstet sich mit seinen intimen Kenntnissen der besten Restaurants, die New York zu bieten hatte. Von den Governance-Ansprüchen von heute, strikter Spesenkontrolle und achtsamen Umgang mit Kollegen und Untergebenen scheint das meilenweit entfernt: Mack leistete sich gerne derbe Spässe auf Kosten seines Umfelds und hatte bei Morgan Stanley einen Kopf mit einem Nagel in der Stirne auf dem Pult stehen, um sein Gegenüber zu verschrecken.

Nackt ausgesperrt

Manchmal wurde Mack in seiner Karriere auch selber übel mitgespielt. Als er 2001 von Phil Purcell als CEO von Morgan Stanley weggeputscht wurde, erinnert er sich an eine Episode, wo er sich nackt aus seinem Zimmer aussperrte. Im selben Jahr wechselte Mack dann zur CS-Vorgängerbank CSFB, wo er 10’000 Jobs strich und versuchte, mit der «Casino»-Mentalität, die er dort vorgefunden hatte, aufzuräumen. 2005 kehrte Mack zurück zu Morgan Stanley, nachdem Purcell geschasst worden war. 2008 war er mit dem Institut «nur wenige Stunden» von der Pleite entfernt.

Was der Erbe des Wallstreet-Kämpen an Lebensweisheiten in den Band packt, haben Weggefährten von einst vom «Wall Street Warrior» persönlich gelernt. Zu nennen ist da Colm Kelleher, seit dem vergangenen Frühling Präsident der Schweizer Grossbank. Er gilt als einstiger Intimus von Mack und wäre diesem beinahe zur CS gefolgt. Auch Kelleher wird ein Hang zu Scherzen nachgesagt – und ein gewisser Machthunger. Das dürfte derzeit sein Umfeld bei der UBS spüren, wo er dem Vernehmen nach die Zügel bei der Grossbank zunehmend fest in die Hand nimmt.