Der Fachkräftemangel ist nur eines der Probleme am Arbeitsmarkt, für welche die Macher von Found selbstbewusst Lösungen präsentieren. Jetzt hat das Schweizer HR-Startup frische Millionen eingesammelt – und kann auf Unterstützung aus der Finanzszene zählen.

Folgt man Ranjit de Sousa, dann hat sich der Rekrutierungsprozess in den vergangenen 200 Jahren nicht wesentlich verändert. Mit der Digitalisierung seien zwar die Inserate auf Plattformen wie Jobs.ch gewandert, und Algorithmen durchforsteten für Firmen die Stellenbewerbungen, sagt der Co-Gründer des vergangenen Frühling gestarteten Startups Found.Doch im Grunde sei alles beim Alten geblieben.

Dies, während sich die Arbeit selber rasant weiterentwickle. Die Folge, findet de Sousa, sei ein dysfunktionaler Stellenmarkt. «Die Arbeitgeber suchen vergeblich nach dem richtigen Knowhow und klagen über Fachkräftemangel. Und die Arbeitnehmenden sitzen unglücklich im Job fest, weil der Aufwand der Stellensuche so hoch ist», sagt der HR-Entrepreneur, der zuvor Leitungsfunktionen beim Stellenvermittungs-Konzern Adecco innehatte. 
 


Bewerber spielen Online-Game

Eine Wurzel des Übels sieht de Sousa dabei in der unzureichenden Datenlage. Es bei bekannt, dass 85 Prozent aller Stellensuchenden ihren Lebenslauf beschönigten oder gar mit Unwahrheiten füllten. Dies, während die Unternehmen die Superfrau oder den Supermann suchten und dafür mit so wichtigen Informationen wie dem Lohn geizten. Umso wichtiger, findet de Sousa, seien objektive Informationen. 



Dort setzt Found an. Das Startup spielt mit Bewerberinnen und Bewerbern ein auf der Neurowissenschaft basierendes Online-Game, bei dem die Fähigkeiten und Verhaltensweisen der Probanden getestet werden – nicht nur das eigentliche Knowhow, sondern auch das Vorgehen beim Lösen von Problemen und einiges mehr. «Wir verteilen dabei keine Noten, sondern halten die verschiedenen Ausprägungen von Eigenschaften fest», so der Jungunternehmer.

Dutzende Firmen gewonnen

Derweil werden bei den Arbeitgebern für die aus Sicht der Stellensuchenden wirklich relevanten Information eingeholt: Angaben zum Lohnband oder zum «Tech-stack», also zu den digitalen Instrumenten, die im Job zur Anwendung gelangen.

Daraus lässt sich ablesen, dass die Found-Gründer derzeit auf die hiesige Startup- und Scaleup-Szene zielen. Hier haben sie nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten 60 Firmen als Kunden gewonnen sowie Kontakte zu rund 750 Talenten im Arbeitsmarkt geknüpft. Inzwischen hat Found auch Geldgeber für einen nächsten Ausbauschritt gefunden: Im Rahmen einer Seed-Finanzierungsrunde fliessen dem Jungunternehmen 2,2 Millionen Franken frisches Kapital zu.

Ex-Adecco-CEO als Geldgeber

Unter den Investoren tummelt sich dabei einige bekannte Namen der Schweizer Wirtschaftszone. So Patrick De Maeseneire, der ehemalige CEO von Adecco und des Schokoladenhersteller Barry Callebaut, Tobias Ursprung, einer der Gründer des Private-Equity-Hauses Capvis, sowie Stefan Mühlemann, der bis vor kurzem als Präsident des von ihm gegründeten Zürcher Fintechs Loanboox wirkte. Hinzu kommt mit Arc Investors eine Londoner Wagniskapital-Firma. 
 


Sie alle setzen auf die disruptive Kraft des Geschäftsmodells von Found. Tatsächlich sind einige Ingredienzen vorhanden, um die Personalrekrutierung wenn nicht auf den Kopf zu stellen, so doch einen kräftigen Stoss zu versetzen.

60 Sekunden für einen «Pitch»

Da ist einmal die Ebene der Preise. Anders als Headhunter, die einen Anteil am künftigen Lohn eines Kandidaten verlangen, verrechnet Found Unternehmen eine Flat-Fee von im Schnitt 19’900 Franken pro erfolgreiche Rekrutierung. Bei Löhnen von 100’000 bis zu 250’000 Franken, die für Kader in der Techszene bezahlt werden, ist das relativ wenig.

Weiter dreht das HR-Tech-Startup den Bewerbungsprozess um und digitalisiert ihn. So findet die Software von Found bis maximal fünf Kandidatinnen und Kandidaten pro Stellenausschreibung, die von ihren Fähigkeiten her am besten zu den Anforderungen der Firmen passen. Anschliessend muss sich das Unternehmen – und nicht etwa die künftigen Arbeitnehmenden – bewerben.

Das geschieht vermittels Video-«Pitches» von maximal 60 Sekunden, bei denen die Unternehmen vom Startup unterstützt werden. Gelingt ein «Match», geht die Bewerbung bereits in die nächste Runde.

Schon bald in den Staaten?

Und wie es sich für einen angehenden Disruptor gehört, hegen Found, das sind neben den Gründern de Sousa und Georg Hirschi auch der Technologie-Chef Niklas Nyholm, ehrgeizige Wachstumspläne. Schon im kommenden Jahr will man in die USA expandieren, der Anspruch ist durchaus global. 
Wie sich allerdings zeigt, können sich die Found-Macher aber noch nicht ganz auf digitale Hilfsmittel verlassen.

Bei der Entwicklung eines Kandidaten-Pools, das A und O jedes Stellenvermittlers, zählt man nicht nur auf die Sozialen Medien und Mitgliedschaften bei diversen Ausbildungsprogrammen – sondern eben auch auf die Mundpropaganda.

«Rund 35 Prozent unserer Community an Talenten ist so zustande gekommen», erklärt de Sousa.