Die Coronakrise hat auch den Liebhabern rarer und teurer Oldtimer-Automobile zugesetzt. Wie einer neuen Markstudie zu entnehmen ist, hielten die Sammler die Hand auf den schönsten Stücken.

Wie viele der weltweit noch existierenden 38 Ferrari 250 GTO fahren in der Schweiz? Dieser und zahlreichen anderen Fragen ist die (selbst ernannte) Oldtimer-Bibel «The Key» in der diesjährigen Ausgabe nachgegangen. Kernstück der Publikation, hinter welcher der vom bekannten Liechtensteiner Banker Fritz Kaiser gegründete Classic Car Trust steht, ist einmal der Datensatz zu den bedeutendsten Sammlungen der Welt – und natürlich ihren renommierten Eigentümern.

Die Erhebung, die in der verschwiegenen Welt der millionenschweren Auto-Aficionados ihresgleichen sucht, benennt das Jahr 2020 als «annus horribilis» für die Szene. Der Wert der 100 wertvollsten Sammlungen hat in den letzten Monaten nicht mehr wesentlich zugenommen und umfasst weltweit mehr als 5'000 rare Oldtimer im Gegenwert von insgesamt über 10 Milliarden Dollar. Dies, nachdem der Wert der Sammlungen von 2018 zu 2019 noch um 20 Prozent zugelegt hatte.

Schweizer Protagonisten

Die Stagnation bei den Werten ist allerdings auch der Tatsache geschuldet, dass die Stichprobe mehr Fahrzeuge erfasst: 2'800 davon finden sich in den USA, 690 in Italien und immerhin 360 in der Schweiz; hier halten die acht bedeutendsten Sammler Autos im Wert von rund 93 Millionen Dollar (Grafik unten). Darunter finden sich der im Nahrungsmittel-Geschäft reich gewordene Albert Spiess (Platz 12 von 100) oder Carlos Monteverde (Rang 39), Sohn der monegassisch-brasilianischen Philanthropin Lily Safra.

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Der Mann mit der wertvollsten Sammlung überhaupt ist diesem Ranking zufolge der Niederländer Evert Louwman, der einer Dynastie von Autohändlern entstammt und in Den Haag ein eigenes Museum für seine Stücke unterhält.

In Corona-Zeiten fuhr die Crème der Szene allerdings an die Seitenlinie: Während zwar durchaus Auktionen stattfanden und sich auch der Online-Kanal dafür als recht tauglich erwies, wechselten kaum superteure Raritäten den Besitzer. Die Pole-Position hält eine Ferrari 575 GTI, der einst an den Autorennen in Le Mans fuhr, mit einem Preis von 4'290'000 Dollar.

Im Schnitt über 70

Wie die «Key»-Autoren feststellen, könnte der Marschhalt bei den Preisen aber die geeignete Gelegenheit zum Einstieg als Sammler darstellen. Ein scharfen Anstieg beim Gegenwert von Transaktionen liess sich allein den neueren Baujahren, den «Youngtimern» feststellen (siehe Grafik unten). Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass tatsächlich einige Neueinsteiger beginnen, eine Sammlung aufzubauen.

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Wie unter reichen Unternehmern – die oft deckungsgleich mit Oldtimer-Fans sind – zeichnet sich bei den Sammlern die Nachfolge-Thematik immer deutlicher ab: Die wenigsten Top-Sammler sind unter 50 Jahre alt; der Durchschnitt liegt bei 73 Jahren. Das hat in diesem Fall auch damit zu tun, dass die Eigentümer mit ihren Autos gealtert sind: Viele Fahrzeuge wurden vor langen Jahren zu deutlich tieferen Preisen erstanden. Wer für sie dereinst das Steuer übernimmt, ist nicht in jedem Fall klar: Einige verfügen über interessierte Erben, wie etwa der US-Modemacher Ralph Lauren (Rang 3), der selber über 80 Jahre alt ist. Bei anderen wird sich die Frage nach dem Nachlass stellen.

Die Publikation ging dabei erstmals der Frage nach, ob nicht Frauen in die Bresche springen könnten. Oldtimer-Sammlerinnen sind rar, bisher sitzen Partnerinnen und Ehefrauen meist auf dem Beifahrersitz, wenn Männer an ihre historischen Flitzer zu Rallyes und Nostalgie-Rennen kutschieren. Doch was ist mit dem Nachwuchs?

Bei Frauen nachgefragt

«Key» hat 1'100 Frauen in Amerika und Europa, darunter auch in der Schweiz,  zum Thema Oldtimer befragt. Das für dieses Hobby nötige Kleingeld stand dabei weniger im Fokus, sondern eher die Einstellung. Fazit – Frauen betrachten Autos vor allem als das, was sie eigentlich sind: als Fortbewegungsmittel. Zwar gaben in der Umfrage im Schnitt 62 Prozent an, gerne zu fahren. Noch mehr, 63 Prozent, sahen in den Autos aber eine Notwendigkeit, und nur 13 Prozent als Quelle von Spass.

Was Oldtimer angeht, überwiegen die Kosten in der Rechnung. 77 Prozent halten die Vehikel für aufwändig im Unterhalt, zwei Drittel der Teilnehmerinnen gestehen «Classic Cars» immerhin einen Wert als Investment und Statussymbol zu. Einen besitzen möchte aber nur jede Dritte.

Dieser Wunsch ist immerhin nicht ganz so selten wie die superlativen Ferrari 250 GTO in der Schweiz: Hierzulande sind davon gerade mal fünf Stück zu finden.