Chinas Kapitalmarkt bleibt ausländischen Investoren weitgehend verschlossen. Die Schweiz hat allerdings Mittel und Wege, Chinas Tore für westliche Unternehmen aufzustossen.

Der Schweizer Staatssekretär Jörg Gasser reiste kürzlich als Mitglied einer hochkarätigen Bundesratsdelegation unter Führung von Finanzminister Ueli Maurer nach Asien, wo er in Peking, Schanghai, Singapur und Hongkong Halt machte. Mit von der Partie war rund 20 Vertreter des Schweizer Finanzplatzes, wie auch finews.ch berichtete.

Die Schweizer Regierung stellte dabei einen Plan vor, wie sich die chinesische Wirtschaft liberalisieren liesse. Das Vorhaben stützt sich auf eine 65-jährige diplomatische Beziehung zwischen der Schweiz und China. Im dritten Teil der finews.ch-Interviewserie erklärt Jörg Gasser, welche Rolle die Schweiz in der Öffnung Chinas spielen könnte.


Jörg Gasser, Sie waren im vergangenen Monat Teil einer Finanzdelegation nach Asien unter der Führung von Bundesrat Ueli Maurer. Wie war Ihr Eindruck?

Ich hegte keine grossen Erwartungen. Entsprechend überrascht war ich von der Empfänglichkeit der Beamten, allen voran in China. Nicht nur Finanzthemen sprachen sie an, sondern auch strategische Fragen und Herausforderungen, die China tangieren.

Was erhofft sich China denn konkret von der Schweiz?

Chinas Fünf-Jahres-Plan ist recht spezifisch. Ich glaube nicht, dass wir den Öffnungsprozess im Finanzbereich beschleunigen können. Aber wir können den Chinesen die Vorzüge des Schweizer Finanzplatzes erklären, mit dem Ziel, von einer künftigen Öffnung Chinas zu profitieren.

Weshalb hat China überhaupt ein Interesse an Schweizer Know-how?

Aufgrund unseres starken Finanzplatzes ist China bestrebt, die Kooperation mit uns zu intensivieren. Es ist kein Zufall, dass für einen Renminbi-Hub die Schweiz auserkoren wurde. Die Eidgenossenschaft ist klein und stellt somit für die Volksrepublik keine Gefahr dar. Geopolitisch verhält sich unser Land neutral, es ist nicht Teil der EU, die Märkte sind offen und die Wirtschaft ist stabil.

Aber China pflegt mit vielen Ländern stabile Beziehungen.

Das stimmt, aber lassen Sie mich folgende Beispiele geben: Xi Jinping weilte im vergangenen Januar volle vier Tage in der Schweiz. Das ist ein ungewöhnlich langer Aufenthalt und war nicht mit anderen Staatsbesuchen verknüpft – das hat man in China durchaus registriert.

Xi persönlich lud im Gegenzug unsere Bundespräsidentin Doris Leuthard zur Konferenz «One Belt, One Road» nach Peking ein. Der Anlass fand diese Woche statt. Die offenen Märkte hierzulande spielen auch eine Rolle. Die Übernahme von Syngenta durch ChemChina wurde in China als Willkommenszeichen gewertet. Solche Ereignisse werden in China wohlwollend wahrgenommen.

Wie sieht es im Finanzsektor aus?

Schweizer Finanzdienstleister sind in China aktiv soweit es das Gesetz erlaubt. Die enge wirtschaftliche Bande ist auch Zeichen, dass chinesische Banken hierzulande willkommen sind. Sie werden nicht den hiesigen Retailmarkt konkurrenzieren. Aber wir brauchen chinesische Banken hier in der Schweiz, um unseren Banken den Zugang nach China zu ermöglichen. Die Beziehungen zwischen China und der Schweiz ergänzen sich und stellen eine Bereicherung für die Internationalität unseres Finanzplatzes dar.

Haben Sie etwas Spezifisches aus China mitgebracht?

Wir würden uns wünschen, dass Schweizer Banken in China grössere Anteile an chinesischen Banken erwerben könnten. Derzeit ist es ausländischen Banken nur erlaubt, eine Minderheitsbeteiligung zu halten. Trotz guten Beziehungen zwischen beiden Ländern, wird sich China diesbezüglich kaum bewegen. Aber wir können darauf hinarbeiten, dass die Schweiz bei einer stärkeren Öffnung favorisiert wird.

Was liegt für China drin?

Wir sind neutral und pflegen keine versteckte Agenda. Wir haben bereits ein Freihandelsabkommen mit China. Diese beiden Faktoren, zusammen mit dem wechselseitigen Zugang zu den Finanzmärkten, macht die Schweiz zu einem Testfall für die Öffnung der chinesischen Finanzmärkte.


Jörg Gasser hat sein Amt als Staatssekretär für internationale Finanzfragen im Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) am 1. Juli 2016 angetreten. Seine berufliche Karriere begann er beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Von 1996 bis 2007 verantwortete er anspruchsvolle Verhandlungen, etwa als stellvertretender Chefdelegierter in Pakistan und im Irak, später als Abteilungsleiter am Sitz des IKRK in Genf.

Im Jahr 2008 wechselte er ins Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) und ab Anfang 2011 ins Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD). Er war an allen wichtigen internationalen finanz-, steuer- und währungspolitischen Geschäften beteiligt. Gasser hat einen Master-Abschluss der Universität Zürich in Volkswirtschaft und Internationalen Beziehungen.

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