Es brauche ein radikales Umdenken bei den Banken, was die Karriereplanung anbelange, sagt Lukas Gähwiler gegenüber finews.ch. Dabei fordert der neue Präsident des Verbands ‹Arbeitgeber Banken› mehr Mut.


Herr Gähwiler, was kommt noch alles auf die Schweizer Banken zu?

Wir befinden uns mitten in einem Strukturwandel. Die Digitalisierung stellt die Finanzindustrie vor grosse Herausforderungen, aber auch die zunehmende Regulierung und strengere Compliance-Anforderungen haben weitreichende Konsequenzen für die Banken. Zudem werden die Folgen der Negativzinsen zunehmend spürbar.

Das tönt nicht besonders ermutigend.

Auch wenn die Digitalisierung nicht nur Gewinner hervorbringen wird, so bietet sie für die Bankbranche auch grosse Chancen, nämlich schneller auf Kundenwünsche einzugehen, neue und gut qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen sowie neue Dienstleistungen und Produkte anzubieten. Der springende Punkt ist: Nutzen wir die Digitalisierung als Chance, oder sehen wir sie als Bedrohung und ziehen uns ins Reduit zurück?

Nebst dem Strukturwandel stellt auch die demografische Entwicklung die Bankbranche vor grosse Herausforderungen.

Inwiefern?

In den nächsten zehn Jahren wird in der Schweiz eine Million Arbeitnehmende pensioniert. Aufgrund des demografischen Ungleichgewichts kommen gleichzeitig weniger Menschen in den Arbeitsmarkt. Uns fehlen dann zwischen 300'000 bis 500'000 Arbeitskräfte. Die grösste Herausforderung wird dann sein, genügend Mitarbeitende mit den geforderten Kompetenzen zu finden.

«In Frankreich laufen die Arbeitgeber und -nehmer mit Handschellen herum»

Um auf diese Herausforderungen angemessen reagieren zu können, brauchen wir einen liberalen Arbeitsmarkt. Ich war kürzlich in Frankreich, und ich sage Ihnen: Dort laufen Arbeitgeber- und -nehmer nicht nur mit Handschellen, sondern auch mit Fussfesseln herum. Der starre Arbeitsmarkt geht einher mit einer hohen Arbeitslosenquote.

Sind Sie denn zufrieden wie der Arbeitsmarkt in der Schweiz funktioniert?

Der relativ flexible Arbeitsmarkt ist nach wie vor ein zentraler Standortvorteil der Schweiz. Dazu müssen alle Beteiligten Sorge tragen, auch die Arbeitnehmerverbände, die immer wieder mit dem Wunsch nach mehr Regulierung an uns herantreten. Ich glaube, dass das wirtschaftliche Umfeld es nicht erlaubt, die Vorteile, die der liberale Schweizer Arbeitsmarkt bietet, leichtfertig aufzugeben.

Nur ein Beispiel: Zürich lag 2014 im internationalen Finanzplatz-Ranking «Global Financial Center Index» noch auf Rang 7. Nun ist Zürich aus den Top-Ten gefallen. Noch schlimmer hat es Genf erwischt. Wir sehen uns heute mit neuen globalen Wettbewerbern wie Singapur oder Hong Kong konfrontiert, die alles tun, um ihren Finanzplatz attraktiv zu gestalten.

Wo UBS & Co. ja bestens vertreten sind.

Klar, aber als Arbeitgeberpräsident der Schweizer Banken bin ich interessiert, dass die Gelder hierzulande verwaltet werden – von Mitarbeitenden in der Schweiz.

Läuft der Schweizer Finanzplatz Gefahr, von den aufstrebenden asiatischen Finanzzentren überrollt zu werden?

Uns ist es in den vergangenen Jahren sehr gut gegangen. Doch dieser Zustand ist nicht gottgegeben. Die Schweizer Industrie hat schwer am starken Franken zu tragen, auch wenn sie sich insgesamt bisher sehr gut geschlagen hat. Das ist phänomenal und gibt es vermutlich nur in der Schweiz. Aber wir müssen aufpassen, dass wir die flexiblen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die das möglich machen, bewahren.

«Wir dürfen den Biss nicht verlieren»

Wir dürfen den Biss, sprich den unabdingbaren Willen zum Erfolg, nicht verlieren. Die anderen Länder holen rasant auf – besonders in Asien.

Die Schweizer Bankenwelt leidet unter einem Fachkräftemangel, stellt Ihre Organisation schon länger fest. Wie wollen Sie den beheben?

Wir müssen als Branche das durchaus vorhandene Fachkräftepotential noch besser nutzen und mehr Diversität in die Bankenwelt bringen., indem wir beispielsweise ältere Bankleute länger im Arbeitsprozess behalten. Das bedingt, dass wir auch über neue Arbeitsmodelle nachdenken. Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, mit 65 die höchstmögliche Karrieresprosse zu erklimmen und den höchstmöglichen Lohn zu beziehen.

Es gilt, älteren Arbeitnehmenden die Ausbildungsgefässe zur Verfügung stellen und sie bei der Weiterbildung zu unterstützen. Hierbei handelt es sich aber auch um eine Holschuld. Die älteren Mitarbeitenden müssen an ihrer ‹employability› kontinuierlich arbeiten.

Wie steht es um die Frauen?

Wir haben zwar eine hohe Erwerbsquote bei Frauen, aber viele arbeiten Teilzeit. Bei der UBS habe ich Roundtables ausschliesslich mit Frauen über alle Kaderstufen hinweg organisiert mit dem Ziel, Frauen innerhalb der UBS Schweiz gezielt zu fördern.

 «Hierzulande sind die bürokratischen Hürden eindeutig zu hoch»

Dabei hat sich gezeigt, dass viele Frauen Teilzeitpensen suchen, da der wirtschaftliche Druck nicht gleich hoch ist wie in anderen Ländern. Dem müssen wir Rechnung tragen, wenn wir das Potential der vielen, gut ausgebildeten Frauen nutzen wollen.

Fehlt es nicht vielmehr an geeigneter Betreuungsinfrastruktur?

Da gibt es in der Tat noch Aufholpotenzial. Die bürokratischen Hürden und Anforderungen für den Betrieb einer Krippe sind in der Schweiz viel zu hoch, was das Angebot verknappt und verteuert. Allerdings: Vor wenigen Jahren musste in Zürich eine Kindertagesstätte geschlossen werden, an welcher die UBS beteiligt war, weil die Familien die Kinder lieber am Wohnort betreuen lassen wollten.

Was unternimmt Ihr Verband konkret dagegen?

Die Banken unternehmen schon sehr viel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, namentlich durch das Angebot von flexiblen Arbeitsbedingungen. Oder mit Angeboten für Frauen, die nach einer Auszeit wieder in ihren Beruf zurückkehren wollen. ‹Arbeitgeber Banken› gibt zudem dieses Jahr eine Studie in Auftrag mit der Fragestellung, wie die Diversität gefördert werden kann. Ich habe verschiedene Ideen. Aber warten wir die Ergebnisse ab.


Lukas Gähwiler wurde Anfang Juni 2017 zum Präsidenten des Branchenverbands ‹Arbeitgeber Banken› gewählt und tritt die Nachfolge von Barend Fruithof an. Es ist vorgesehen, dass Gähwiler im Vorstandsausschuss des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes (SAV) Einsitz nimmt. Seit September 2016 ist er zudem Chairman der UBS Schweiz, nachdem er sechs Jahre lang die UBS Schweiz als CEO geleitet hatte. Davor war er 20 Jahre in verschiedenen Funktion bei der Credit Suisse tätig gewesen. Begonnen hat der 52-Jährige seine Karriere bei der St. Galler Kantonalbank.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.21%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.81%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.94%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.41%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
pixel