Die Granden des traditionellen Finanzwesens schauen mit Verwunderung und Staunen auf digitale Vermögenwerte. Nur finden sie keine Strategie, um an der Krypto-Party auch zum Zuge zu kommen.

Die Banken bekämen ein Problem mit dem anhaltenden Boom bei den Kryptowährungen, berichtet die «Financial Times» (Artikel kostenpflichtig). Die Erwartungen, Dienstleistungen rund um digitale Vermögenswerte anzubieten würden steigen, sowohl von den eigenen internen Handelsabteilungen als auch von einer wachsenden Zahl von Kunden.

Weniger begeistert dürften die Compliance-Abteilungen und Verwaltungsräte der Banken sein, auch wenn sie ebenfalls das Gefühl haben, etwas tun zu müssen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Nur weiss niemand so genau, wie man das anstellen soll.

Handfeste technische Probleme

Abgesehen von einem potenziellen Vertrauensverlust, wenn die Krypto-Märkte wieder einmal Einbrechen, stünden die Banken auch vor handfesten technischen Problemen. Sie könnten bei der Digitalisierung nicht so schnell handeln. Sie müssten sich an Vorschriften halten, deren Inhalt derzeit noch unklar sei, oder die noch nicht einmal in Kraft seien, schreibt die «FT» weiter. Zudem müsse man Talente finden und halten.

Und was passiert, wenn sich das Ganze als grosser Betrug herausstellt?

In aller Stille

«Das Universum der digitalen Vermögenswerte ist zu gross, um es zu ignorieren. Wir glauben, dass kryptobasierte digitale Vermögenswerte eine völlig neue Anlageklasse bilden könnten», schreibt die Bank of America in einer Analyse, die sich mit Kryptowährungen beschäftigt.

Mehrere grosse Banken haben Beteiligung an digitalen Märkten angekündigt oder planen entsprechende Vorhaben. Viele europäische Händler ziehen in aller Stille nach.

Kehrtwende der Commerzbank

Das Research-Team der deutschen Commerzbank hatte noch im vergangenen Februar eine Mitteilung verschickt, in der es erklärte, warum seine Analysten Bitcoin nicht abdeckten. Die Bank sehe «es nicht als ihre Aufgabe an, die Preisentwicklung rein spekulativer Anlagen zu kommentieren oder vorherzusagen», hiess es damals. Im September richtete die Bank dann doch ein Team für digitale Vermögenswerte ein.

«Krypto expandiert in den traditionellen Finanzmarkt», sagt David Kinitsky, Geschäftsführer der amerikanischen Kraken Bank. «Unternehmen (aus der Kryptowirtschaft) werden sich in diesem neuen Medium gegenüber den etablierten Unternehmen durchsetzen, so wie wir es in anderen Branchen auch gesehen haben, als das Internet eingeführt wurde.»

Definitiv ein Problem

Während bei Kryptowährungen Spitzentechnologie verwendet wird, sei die Technologie-Landschaft der Banken knarrend, fragmentiert und oft obskur, schreibt die «FT» weiter. «Banken sind keine wirklich technikaffinen Unternehmen. Sie verfügen einfach nicht über die digitale Infrastruktur», erklärt Diogo Monica, Mitbegründer von Anchorage Digital, einem Anbieter von Bank- und Kryptotechnologie.

«Die Banken haben definitiv ein Problem», so ein auf die Finanzbranche spezialisierter Personalvermittler. Junge Programmierer würden bei Krypto- oder technologieorientierten Unternehmen besser bezahlt und mehr Flexibilität geniessen. Und in vielen Fällen sei die Arbeit einfach interessanter.

Wohler bei Goldman Sachs

Es gibt aber auch Hoffnung. Die Reputation und der bedeutende Kundenstamm grosser Banken wird dann zum Tragen kommen, wenn konservativere Investoren wie Versicherungen sich engagieren.

«Es wird immer Partner geben, die sich bei Goldman Sachs wohler fühlen werden als bei einer Krypto-Firma», sagt Christine Trent Parker, Partnerin bei der Anwaltskanzlei Reed Smith. Und wenn sie Technik brauchen, können die Banken sie jederzeit einkaufen.

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