Der CFA-Titel gilt in der Finanzbranche weltweit als hochbegehrt. Doch die grössten Schweizer Banken haben zuletzt immer weniger der Investmentprofis beschäftigt.

Wer die Prüfungen zum Chartered Financial Analyst (CFA) auf sich nimmt, hat sich das zuvor gut überlegt: Für jede Stufe der dreiteiligen Examens werden 250 bis 300 Lernstunden veranschlagt, insgesamt gilt es 9'000 Seiten Stoff zu bewältigen. Und die Durchfall-Quote in den beinharten, weltweit gleichzeitig abgehaltenen Tests ist hoch. Zwei von drei Kandidaten rasselten dieses Jahr durchs Level 1 der Examen.

Wer diese Tortur durchsteht, der darf das begehrte Kürzel im Titel führen, kann Mitglied der einflussreichen CFA-Standesorganisation werden und sich insgesamt gute Jobchancen im Finanzfach ausrechnen. Das motiviert aufstrebende Jungbanker auch in der Schweiz – hierzulande stiegen die Anmeldungen für die Examen zuletzt um 7 Prozent.

Insgesamt rückläufig

Doch nun erhält das schöne Bild vom Karrierenbeschleuniger Risse. Denn während die Anmeldungen noch zunehmen, ist die Anzahl der als CFA-Mitglieder aufgeführten Absolventen bei den grössten zehn Schweizer Banken insgesamt rückläufig – und dies nun das zweite Jahr in Folge, wie die Schweizer CFA Society im aktuellen Geschäftsbericht festhält (siehe Grafik unten).

Die UBS bleibt mit aktuell 278 CFA-Mitgliedern in ihren Diensten der grösste Arbeitgeber für die Finanzprofis – 2017 waren allerdings noch 358 «member» für die Grossbank tätig gewesen. Nach unten zeigt der Trend auch bei der Erzrivalin Credit Suisse (CS). Dort sank die Anzahl Mitglieder von 300 auf 257. Insgesamt sind schweizweit rund 3'500 Mitglieder registriert.

CFAGrafik 500

Verlagerung auch Richtung Fintech

«Wir stellen bei den beschäftigten CFA-Mitgliedern eine Verlagerung von den Schweizer Top-Ten-Banken weg zu kleineren Instituten fest, zu den unabhängigen Vermögensverwaltern und in den Fintech-Bereich», kommentiert Christian Dreyer, Chef der Schweizer CFA Society, die Entwicklung gegenüber finews.ch. Laut der Standesorganisation spielt dabei der Umstand, dass die Mitgliedschaft kostet und periodisch erneuert werden muss, bei dem Befund keine Rolle. Die Erneuerungsrate sei stabil, heisst es.

Bei den Grossbanken wiederum nimmt man den Befund zur Kenntnis, will diesen aber nicht weiter kommentieren. Offenbar fällt es den Instituten schwer, sich einen Reim darauf zu machen.

Unter Druck

Kenner des Jobmarkts im Swiss Banking weisen aber darauf hin, dass gerade bei den grossen Geldinstituten das spezifische Investment-Knowhow von CFA-Absolventen zunehmend weniger gefragt sei. Anlege- und Beratungsprozesse werden automatisiert, und die Finanzanalyse steht wegen neuer Richtlinien wie Mifid II generell unter Druck. Dies bestätigt auch eine neue Umfrage des konkurrierenden Standesnetzwerks Swiss Financial Analysts Association (SFAA) – deren Mitglieder betrachten das Banking zunehmend als hartes Pflaster.

Gleichzeitig nimmt die Fülle von Bildungsangeboten zu. Es gibt diverse weniger aufwändige und zeitintensive Lehrgänge, um sich Finanzexpertise anzueignen. Hinzu kommt seit einigen Jahren die bankinterne Zertifizierung, bei der ebenfalls Investment-Knowhow vermittelt wird und die für die Karriere absolut entscheidend ist.

Examen für den Standort

Nicht nur die Standesorganisation selber betrachtet die Zahlen rund um den als Gütesiegel geltende CFA-Titel mit Besorgnis. So kam die Schweizer Fondsbranche in einer Studie zum hiesigen Asset Management unlängst zum Schluss, dass es dem Metier im internationalen Vergleich an Nachwuchs mangelt. So sei das hiesige Investmentgeschäft punkto CFA-Absolventen in Kernfunktionen zwar mit Rang fünf unter den Top-Ten weltweit. Doch bei der Anzahl Kandidaten in Kernfunktionen bringe es die Schweiz nur auf den 15. Platz.

Dies zeige, dass es weitere Anstrengungen braucht, um das Knowhow der im Asset Management angestellten Kräfte zu verbessern, folgert der Bericht. Das ist die Krux in der Wissensnation Schweiz: Unternehmensinterne Ausbildungsentscheide werden sehr schnell zur Standortpolitik. Dreyer von der CFA Society sagt es so: «Wenn unsere Wettberber ihre Fachkompetenz stärker ausbauen, dann leidet die internationale Wettbewerbs-Fähigkeit.»