Suparna Sampath: «Warum man in Fixed Income investieren soll»

Anleihen liefern fixe laufende Erträge und schützen das Kapital, wenn es an der Aktienbörse kracht. Im Interview mit finews.ch verrät die Vanguard-Fixed-Income-Analystin, weshalb sie Investment-Grade-Bonds gegenüber anderen Marktsegmenten favorisiert. Grund dafür ist das günstige Zusammenspiel von Zins- und Kreditkomponente – ausser im Szenario einer Stagflation.

Vanguard, einer der weltweit grössten Asset Manager, hat sich mit kostengünstigen Exchange Traded Funds (ETF) und passiven Fondslösungen insbesondere im Fixed-Income-Bereich auch hierzulande einen Namen gemacht.

Natürlich bietet der seit Jahren in der Schweiz präsente US-Vermögensverwalter mittlerweile auch eine reiche Palette von Produkten für Investoren an, die aktiv anlegen wollen. finews.ch hat sich im Zürcher Büro von Vanguard mit Suparna Sampath über die Vor- und Nachteile von aktivem und passivem Anlegen im Anleihenbereich unterhalten, aber auch darüber, weshalb Obligationen in ein ausgewogenes Portfolio gehören.

Die Vanguard-Fixed-Income-Analystin hat sich auf Anleihen in Euro im Bereich Investment Grade (IG, Anlagequalität) spezialisiert. Emittenten solcher Bonds sind Unternehmen (Corporates) aus verschiedenen Sektoren, aber ebenso Finanzschuldner (Financials), also Banken und Versicherungen.

Frau Sampath, der «Liberation Day» hat zu heftigen Kursschwankungen geführt, auch an den Bondmärkten. Anleger mit passiven Bondprodukten waren diesen schutzlos ausgeliefert. Sprechen diese Episode und die seither allgemein erhöhte Volatilität nicht für aktives Investieren?

Die Debatte passiv versus aktiv ist schon uralt. Ja, ein aktiver Fonds kann reagieren, aber es hängt vom Manager ab, ob er auch richtig handelt. Anleger, die aktiv investieren wollen, müssen daher ganz genau prüfen, nach welchen Kriterien sie den Manager auswählen. Der Selektionsprozess ist entscheidend. Passive Anleger haben dieses Problem nicht. Wir wollen einfach, dass die Anleger unsere Produkte verstehen und die Risiken abschätzen können – egal ob aktiv oder passiv. Deshalb sind unsere Produkte möglichst einfach ausgestaltet.

Was heisst das konkret?

Dass die Anlagerichtlinien klar und die Limiten fix sind, im Bondbereich z.B. für die Duration, die durchschnittliche Restlaufzeit. Wer beispielsweise bei uns einen aktiven IG-Fonds erwirbt, weiss, dass unser Mehrwert, das Alpha, überwiegend von der Auswahl der Bonds und nicht von Makrowetten auf Zinsen oder Währungen abhängt.

«Anleger sollen einfach unsere Produkte verstehen und die Risiken abschätzen können – egal ob aktiv oder passiv.» 

Das heisst, dass jede einzelne Anleihe eines Schuldners im Anlageuniversum genau analysiert werden muss.

Ja, wir verfügen über ein grosses Team von Bonitätsanalysten, die jeden Sektor, jeden Schuldner und jede Anleihe unter die Lupe nehmen. Das bildet das Fundament unseres Angebots als Bondhaus.

Und was steht zurzeit auf Ihrer Favoritenliste?

Sektormässig meiden wir die Autoindustrie und haben eine Präferenz für Financials.

Aber die Aktien und Bonds von Banken haben doch wie andere Sektoren stark negativ auf die US-Zollpolitik reagiert.

Ja, weil sie als High-Beta-Werte die Marktbewegungen voll mitmachen. Doch fundamental betrachtet werden höhere Zölle die Banken nur wenig belasten, zudem profitieren sie von Steuererleichterungen und der Deregulierung.

«Fundamental betrachtet werden höhere Zölle die Banken nur wenig belasten.»

Die nach der Coronakrise rasant angestiegenen Zinsen haben die Anlageklasse Fixed Income wieder vorübergehend attraktiv gemacht. Nun jedoch senken die Zentralbanken ihre Leitsätze. Ist das Comeback der Bonds schon wieder vorüber?

Ja, die Zinsen sind derzeit rückläufig, aber sie werden nicht so tief fallen wie 2020. Statt wie damals «lower for longer» heisst es nun «higher for longer». Es könnte weniger Zinssenkungen geben, als die Märkte zurzeit antizipieren, und zudem ist die Laufzeitprämie höher. Aber letztlich geht es um eine Grundsatzfrage…

Und wie heisst diese?

Weshalb soll man überhaupt in Fixed Income investieren? Weil die Anlageklasse erstens sichere Erträge liefert und zweitens in der Regel das Kapital schützt, wenn es am Aktienmarkt kracht. Ich sage in der Regel, weil die negative Korrelation nicht immer spielt. 2022 war ein Jahr, in dem bis auf Liquidität alles Anlagekategorien miserabel performten. Heute besteht eine gewisse Gefahr darin, dass die Zollpolitik in eine Stagflation führt. Das würde den Schutzmechanismus der Anleihen ebenfalls aushebeln.

«Statt wie damals ‹lower for longer› heisst es bei den Zinsen nun ‹higher for longer›»

Sie haben sich auf ein bestimmtes Anleihensegment, IG-Bonds in Euro, spezialisiert. Wie überzeugen Sie Anleger davon?

Unsere direkten Konkurrenten sind auf der einen Seite Staatsanleihen. Hier kann man damit argumentieren, dass der laufende Ertrag von IG-Bonds immer noch ansehnlich ist. Selbst wenn eine Rezession käme, würde das Segment immer noch einen positiven Gesamtertrag liefern. Dann würden sich zwar die Renditeaufschläge (Credit Spreads) ausweiten, was den Wert ausstehender Anleihen drückt. Aber das tiefere Zinsniveau würde diesen Effekt kompensieren. In einem Stagflationsszenario allerdings würde dieser Mechanismus nicht so spielen.

Haben Staatsanleihen nicht den Vorteil, dass der Handel auch in Krisen viel liquider ist?

Auch der IG-Markt bleibt dann recht liquid, wie sich am «Liberation Day» bestätigt hat. Der Credit Spread hat sich zwar stark ausgeweitet, aber es waren immer Käufer und Verkäufer vorhanden.

«In Stresssituationen verhalten sich High-Yield-Papiere ähnlich wie Aktien, was man als Bondinvestor nicht unbedingt haben will.»

Und was ist die Konkurrenz auf der anderen Seite?

Da stehen die hochverzinslichen Anleihen (High Yield, HY), Bonds von Schuldner mit einer Bonität unterhalb der IG-Grenze. Sie bieten grundsätzlich einen noch höheren laufenden Ertrag, dafür kann die Volatilität in Stresssituationen extrem hoch sein. Dann verhalten sich HY-Obligationen ähnlich wie Aktien der entsprechenden Emittenten, was man als Bondinvestor nicht unbedingt haben will. Aber klar, 2024 war ein Spitzenjahr für HY.

Was sind eigentlich die Haupttreiber für die Performance von IG-Bonds?

Zum einen die Duration, d.h. das Zinsrisiko, und zum anderen der Credit Spread, also das Kreditrisiko. Deshalb weisen IG-Bonds wie erwähnt so vorteilhafte Portfolioeigenschaften auf. Wächst die Wirtschaft, profitieren sie vom abnehmenden Kreditrisiko. Schrumpft die Wirtschaft, sind sie aufgrund der sinkenden Zinsen attraktiv.