S.D. Prinz Michael von Liechtenstein: «Da sehe ich eine globale Gefahr»

Donald Trump dürfe man nicht wörtlich nehmen, sagt S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein im Interview mit finews.ch. Was wir heute in den USA beobachten, hält er aber für eine neue Art der staatlichen Einflussnahme. Umso wichtiger ist es für ihn, dass Private ihre Vermögen richtig strukturieren. Prinz Michael selber ist auch in Kryptowährungen investiert – zumal das traditionelle Finanzsystem sehr schwerfällig, komplex und teuer ist.  


Durchlaucht, Sie beklagen regelmässig die zunehmend eingeschränkte Meinungsfreiheit in unserer Gesellschaft. Die politisch linksstehende «Woke-Bewegung» trägt wesentlich dazu bei. Doch denken Sie nicht auch, dass US-Präsident Donald Trump diese Entwicklung mittlerweile ebenso beschleunigt?

Sicher. Trump hat relativ klare Strategien, und man muss ihn ernst nehmen. Aber man darf ihn nicht wörtlich nehmen. Was wir heute in den USA verfolgen, ist tatsächlich eine neue Art der Einflussnahme des Staates.

Über kurz oder lang wirkt sich dies auch auf das Privateigentum aus. Beunruhigt Sie das nicht?

Doch. Allerdings ist das Privateigentum mittlerweile überall auf der Welt in Gefahr. Die (staatlichen) Ansprüche werden immer massloser; denken wir nur an die vielen steuerlichen und regulatorischen Massnahmen, die darauf abzielen, dass man nur noch beschränkt über sein Eigentum verfügen kann.

«Das alles ist eine extreme Einschränkung der Eigentumsrechte.»

Das geschieht sowohl auf nationaler Ebene im Rahmen von Vermögens- und Erbschaftssteuern als auch länderübergreifend, etwa durch die OECD. Das alles ist eine extreme Einschränkung der Eigentumsrechte.

Wie rechtfertigt denn der Staat, dass er einen Prozentsatz oder zum Teil sogar die Hälfte des Vermögens bei Erbschaften für sich beanspruchen kann – nur weil man die «Schandtat» begeht, zu sterben? Dabei ist es erwiesen, dass Privateigentum einer der wichtigsten Faktoren für den Wohlstand der Gesellschaft ist.

Wie kann man sein Finanzvermögen heute vor dem Zugriff des Staates schützen?

Es wird immer wichtiger, sein Vermögen richtig zu strukturieren, sprich zu entscheiden, welche Rechtsformen man wählt und in welchen Jurisdiktionen man sich ansiedelt, selbst wenn dies zugegebenermassen immer komplexer wird. Aber das ist extrem wichtig.  

«Das traditionelle Finanzsystem ist tatsächlich sehr schwerfällig, komplex und teuer.»

Und noch etwas muss man sehen: Vermögen wird auch durch Verschwendungssucht vernichtet.  Insofern ist es am wichtigsten, dass man Eigentum und damit auch sein Vermögen als eine, wenn nicht die grösste Verantwortung versteht.

Welchen Rat geben Sie als langjähriger Finanzexperte?

Schauen Sie, es gibt keine Patentlösungen. Wenn Sie beispielsweise ein Unternehmen besitzen, das an einen Standort gebunden ist, sind Ihre Möglichkeiten eingeschränkt. Doch insgesamt glaube ich, dass man vor allem Weitsicht braucht.

Was genau meinen Sie damit?

Man soll nicht jedem Trend, der gerade in Mode ist, nachrennen. Verantwortung tragen ist etwas anderes. 

Krypto-Währungen sind ein solcher Trend – als Alternative zum Fiat-Geld. Oder doch nicht?

Ich sehe da zwei Erklärungen. Erstens ist die Technologie da und dermassen ausgereift, dass sie nicht mehr wegzudenken ist. Gleichzeitig ist es eine Tatsache, dass das Vertrauen in Fiat-Geld schwindet.  

Zweitens ist das traditionelle Finanzsystem tatsächlich sehr schwerfällig, komplex und teuer. Man könnte auch sagen, in vielen Belangen ineffizient. Wenn ich beispielsweise eine Spende nach Brasilien machen will, dann kostet mich die Überweisung schon einen beträchtlichen Teil meines Geldes. Mit anderen Worten: Es besteht eine grosse Ineffizienz in unserem System.

«Er wurde nicht müde, zu betonen, wie böse, schlecht und gefährlich Bitcoin sei.»

Genau hier kommt die digitale, dezentrale Finanzwelt ins Spiel. Wie weit sie sich durchsetzen wird, weiss ich allerdings auch nicht. Ich weiss nur, dass es da sehr grosse Veränderungen geben wird. Das ist faszinierend.

Sind Sie selbst in Bitcoin investiert?

Ja, ein wenig. Ich habe einmal begonnen, mich dafür zu interessieren. Das war, glaube ich, im Jahr 2013. Damals war Jacob Joseph Lew US-Treasurer. Er wurde nicht müde, zu betonen, wie böse, schlecht und gefährlich Bitcoin sei.

Da habe ich mir gedacht, wenn der das sagt, dann muss es ein heisses Thema sein. Wenn etwas so halb kriminell beschrieben wird, dann ist es umso interessanter. Ich habe damals wenig investiert, was offensichtlich ein grosser Fehler war. 

Die jüngere Generation, im Bankenjargon auch «NextGen» genannt, geht da unverkrampfter ans Werk. Meinen Sie nicht?

Ja und nein. Natürlich versteht sie die heutigen Techniken und Technologien viel besser, aber am Ende des Tages stellt sich ungeachtet des Alters immer die Frage: Fühlt man sich verantwortlich für das Vermögen, das man besitzt?

Eigenverantwortung ist auch ein zentrales Thema der alljährlichen Gottfried-von-Haberler-Konferenz, die Sie vergangene Woche zum 19. Mal organisiert haben. Was gab eigentlich vor zwanzig Jahren den Ausschlag dafür?

Am Anfang stand das European Centre of Austrian Economics, ein Think Tank, der auf den Ideen und Thesen der Österreichischen Schule und namentlich des Ökonomen Gottfried von Haberler beruht, der ein Liechtensteiner war und in Harvard wirkte.

«Leider war diese Annahme falsch.»

Damit wollten wir Antworten und Lösungen für die Probleme von heute finden. Eine Konferenz dazu war insofern naheliegend.

Heute sagen Sie, unsere Werte seien auf dem Prüfstand. Vor 20 Jahren war die Welt noch eine ganz andere. Was bewegte Sie damals?

Auslöser war das Jahr 1989. Damals dachte man, den Sozialismus überwunden zu haben und hoffte, zu einer individuelleren Gesellschaft zurückzufinden. Leider war diese Annahme falsch. Stattdessen ist die Einflussnahme des Staates überall auf der Welt bloss noch stärker gewachsen.

Wie erklären Sie sich dieses Phänomen?

Ich glaube, das ist eine psychologische Frage. Schon in der Bibel steht, dass die Menschen nach einigen guten Jahren übermütig werden und übertreiben, bis dann eine Gegenbewegung einsetzt. Heute leben wir in einer extremen Spannbreite zwischen Individualismus und Kollektivismus.

Die jüngsten Entwicklungen in den USA unter der Trump-Administration sind sehr schwierig einzuschätzen. Haben die USA ein Problem?

Das würde ich so nicht sagen. Auch in Europa ist die Situation widersprüchlich und unübersichtlich. Es gibt diverse supranationale Organisationen, wie die OECD oder auch die G20, die alles standardisieren wollen. Alle diese Bemühungen haben eines gemeinsam: Sie zielen darauf ab, den Bürger zu kontrollieren. Da sehe ich eine globale Gefahr.

«Wir tauschen die Freiheit ein gegen eine Illusion namens Sicherheit.»

Natürlich liegt es nicht in der Verantwortung der Politik, sondern es ist die Aufgabe jedes einzelnen Bürgers, seine Freiheit zu schützen. Doch da hapert es, weil es oft bequemer ist, die Verantwortung auf jemanden anderen, zum Beispiel den Staat, abzuschieben. Wir tauschen die Freiheit ein gegen eine Illusion namens Sicherheit.

Apropos Sicherheit: Der Finanzplatz Liechtenstein hat es geschafft, nach einer turbulenten Zeit mit diversen Steuerskandalen vor rund zwanzig Jahren wieder die Reputation eines sicheren und gleichzeitig modernen Finanzzentrums zu erlangen. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?

Es sind verschiedene Faktoren, die da zusammenspielen. Wir haben, sagen wir, «glückliche Parameter» rund um uns herum: eine stabile Staatsform, ein Staat ohne Schulden, ein Staat auch, der nicht auf einmal gierig wird und steuerliche Abenteuer eingeht. Wichtig ist auch das Triple-A-Rating Liechtensteins, und natürlich sind wir in einer komfortablen Situation durch den Zollvertrag mit der Schweiz und dem EWR in Europa.

«Als Kleinstaat – wie die Schweiz – muss man sich einfach mehr anstrengen.»

Uns ist allerdings auch bewusst, dass wir anpassungsfähig bleiben müssen, um gewisse Trends möglichst vorwegzunehmen; als Kleinstaat – wie die Schweiz – muss man sich einfach mehr anstrengen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Das ist eine grosse Herausforderung, gleichzeitig aber auch eine enorme Chance. Wir müssen permanent besser werden, produktiver – effizienter.


S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein ist Stiftungsratspräsident des in Vaduz ansässigen, liberalen Think Tanks European Center of Austrian Economics Foundation (ECAEF). Die ECAEF begrüsst die Tradition der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und fördert durch verschiedene Aktivitäten das Verständnis dieser sozioökonomischen Theorie. Das Interview wurde im Rahmen der der ECAEF ausgerichteten 19. Gottfried-von-Haberler-Konferenz geführt. Darüber hinaus ist S.D. Prinz Michael geschäftsführender Präsident des Verwaltungsrats des in Vaduz ansässigen Industrie- und Finanzkontors, einem Treuhandunternehmen, das auf Vermögenserhalt und -schutz spezialisiert ist.