Eine Rolex Daytona als Schnäppchen?

Von Swiss Watch Advisor

Preisanomalien und attraktive Opportunitäten finden sich nicht nur bei Aktien, Obligationen oder anderen Wertpapieren, sondern mitunter auch im Uhrenmarkt. Oftmals muss man gar nicht all zu weit schauen, für viele unerwartet versteckt sich sogar hinter gehypten «Blue Chip»-Modellen viel «Value».

Ein Paradebeispiel ist die allseits bekannte und berühmt-berüchtigte Rolex Daytona. Während die aktuelle Referenz 126500LN bzw. das erst 2023 eingestellte Vorgängermodell 116500LN den Grossteil der Aufmerksamkeit auf sich zieht, finden sich etwas weiter in der Vergangenheit aus mehreren Gründen interessante Alternativen.

Markante Preissteigerungen

Einerseits haben die beiden zuvor genannten Modelle über die letzten Jahre eine beträchtliche Preisanpassung erfahren. Als die Referenz 116500LN 2016 eingeführt wurde, lag der Listenpreis noch bei 11’800 Franken, bei Einstellung Anfang 2023 lag er bereits bei 14’100 Franken. Zwischenzeitlich liegt der im gleichen Jahr vorgestellte Nachfolger 126500LN aktuell bei 14’800 Franken.

Andererseits hat sich der Sekundärmarkt in den letzten sechs bis sieben Jahren signifikant verändert. Während eine 116500LN noch 2018 ab ca. 16’000 Franken zu haben war, wurde das Modell im Jahr 2022 zu Rekordpreisen von über 45’000 Franken gehandelt.

Sweet Spot: Zwischen «Contemporary» und «Vintage»

Aktuell sind die Preise auf dem Sekundärmarkt zwar gesunken, beide Modelle notieren jedoch nach wie vor deutlich über dem offiziellen Verkaufspreis. So kostet beispielsweise eine 126500LN mit weissem Zifferblatt ca. 29’000 Franken, also fast das doppelte des aktuellen Listenpreises.

Ähnlich wie bei Collectible Cars liegt bei Uhren nicht selten der Sweet Spot in Bezug auf «Price/Value» weder bei den aktuellsten noch bei «richtigen» Vintage-Modellen.

Das Beste aus zwei Welten

Zwischen diesen beiden Extremen tummeln sich eine Vielzahl sogenannter «Neo Vintage»-Uhren, welche nicht nur preislich attraktiv sind, sondern in vielen Fällen das Beste aus zwei Welten vereinen.

Die Kombination von Vintage-Designaspekten und modernen Features machen diese Uhren nicht nur äusserlich attraktiv sondern auch alltagstauglich, sodass man sich keine Sorgen um verkratzte Gläser oder Wasserdichtigkeit machen muss.

Zwei Empfehlungen

Bei Rolex spricht man gemeinläufig von 5- sowie gewissen 6-stelligen Referenznummern, die in diese Kategorie fallen und zwischen den 1980er- und 2000er-Jahren hergestellt wurden.

Innerhalb der Daytona-Modellreihe handelt es sich konkret um die Referenzen 16520 und 116520.


16520 – Die «Zenith Daytona»

116520
Mit Zenith-Uhrwerk: Referenz 16520. (Bild: zVg von Sotheby's)

1988 eingeführt, war die 16520 die erste Daytona, die nicht von Hand aufgezogen werden musste. Das Modell erfreute sich grosser Beliebtheit, was bereits in den 90er-Jahren zu langen Wartelisten führte.

In dieser ersten Automatik-Daytona hat Rolex kein hauseigenes Manufakturkaliber verbaut, sondern ein Uhrwerk des Konkurrenten Zenith verwendet, dieses jedoch umfassend an die eigenen Bedürfnisse adaptiert. Entsprechend wird die 16520 oft als «Zenith Daytona» bezeichnet.

Während die Uhr wie bereits erwähnt über Jahre äusserst gefragt war, sind heute günstige Modelle bereits ab knapp 20’000 Franken zu haben. Für eine ikonische Daytona, die seit 25 Jahren nicht mehr hergestellt wird, entspricht dies so gesehen einer «Value Opportunity».


116520 – Der erste Rolex «In-House» Chronograph

16520
Neo-Vintage-Uhr von 2010: Referenz 116520. (Bild: zVg von Sotheby's)

Im Jahr 2000 hat Rolex schliesslich nach langer Entwicklungsarbeit die Referenz 116520 vorgestellt, die erstmals mit einem hauseigenen Uhrwerk, dem Kaliber 4130, ausgestattet war.

Die primären Unterscheidungsmerkmale zum 2016 lancierten Nachfolger 116500LN finden sich in der Lünette (Stahl anstatt Keramik) sowie insbesondere dem weissen Zifferblatt.

Auch hier bestehen attraktive Optionen, beginnen die Preise für eine gebrauchte 116520 doch bereits bei unter 18'000 Franken. Verglichen zum heutigen Listenpreis nur ein minimaler Aufpreis und in diesem Sinne fast schon ein Schnäppchen.


Price is what you pay, value is what you get

Diese teils signifikanten Preisunterschiede zwischen den vier genannten Referenzen stellen in gewisser Hinsicht eine Anomalie dar. So wird ein aktuell noch produziertes Modell zu einem höheren Preis gehandelt als historisch relevante Referenzen, die teilweise seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr bei autorisierten Händlern erworben werden können.

Unabhängig davon, ob es sich um eine 16520 oder 116520 handelt, essenziell ist es, das richtige Exemplar in adäquatem Zustand zu finden.


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