Jürg Stupp: «Wir geben Effizienzgewinne an die Kunden zurück»
Herr Stupp, Sie sind vor rund einem Jahr mit Alletta gestartet (finews.ch berichtete). Wie fällt Ihre Bilanz nach zwölf Monaten aus?
Die Zusammenarbeit mit den Versicherern hat nur langsam Gestalt angenommen. Wir mussten viel Vorarbeit leisten, um zu beweisen, dass unsere Technologie, die Datenverarbeitung und die Kundenführung funktionieren. Diese Beweislast lag bei uns – und wir haben sie erbracht.
Wie reagiert die Kundenseite?
Wir sehen ein klares Bedürfnis nach einer neutralen, unabhängigen Plattform ohne Beratungsdruck. Allerdings ist die digitale Affinität unterschiedlich ausgeprägt. Manche wollen am Ende doch noch etwas auf Papier, andere möchten komplett digital bleiben. Unsere Zielgruppe ist klar die zweite Gruppe.
Ihre Plattform funktioniert in zehn Sprachen. Warum dieser Aufwand?
Weil es sich bewährt. Viele Menschen verstehen Versicherungsdetails besser, wenn sie sich in ihrer eigenen Sprache informieren können. Sie wissen dann zum Beispiel, was eine Gesundheitsdeklaration bedeutet – das schafft Vertrauen und Transparenz.
«Viele Vermittler haben ihre Beratungsprozesse angepasst – oft zulasten der Unabhängigkeit.»
Welche Sprachen werden am meisten genutzt?
Am stärksten sind die Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch vertreten. Englisch ist weniger dominant, obwohl es sich für Expats eigentlich anbieten würde.– dann folgen die weiteren Sprachen wie etwa Portugiesisch oder Serbisch. Bei den Neuzuzügern haben wir einen eigenen Button «Neu in der Schweiz»; hier dominieren klar die Deutschen.
Was unterscheidet Alletta konkret von anderen Vergleichsportalen?
Wir haben derzeit neun Partner-Krankenkassen – allesamt grosse, stabile Anbieter. Der entscheidende Unterschied ist aber: Wir decken als einzige Plattform sowohl Grund- als auch Zusatzversicherungen ab, mit konkreter Berechnung von Prämien und Sparmöglichkeiten. Bei anderen Portalen findet man meist nur eine Grundversicherungsliste mit Preis und Franchise. Wir zeigen hingegen im Detail, was ein Modell wirklich bedeutet: ob man immer denselben Arzt wählen muss, Telemedizin nutzen oder über Gesundheits-Apps gehen muss. Diese Unterschiede sind heute sehr relevant.
Und Sie decken auch Zusatzleistungen ab?
Ja. Bei uns sieht man, wo Versicherungslücken bestehen – etwa bei Prävention, Zahnmedizin oder Spitalaufenthalten. Kundinnen und Kunden sehen ihren derzeitigen Leistungsumfang und Erweiterungsmöglichkeiten. Und sie profitieren von einem Cashback: Weil sie die Beratung weitgehend selbst übernehmen, geben wir ihnen einen Teil der Vermittlerprovision zurück.
Wie funktioniert das Cashback-Modell genau?
Die Entschädigung der Vermittler wurde in den letzten Jahren stark reduziert. Viele Vermittler haben daraufhin ihre Beratungsprozesse angepasst – oft zulasten der Unabhängigkeit. Wir sagen: Wer digital unterwegs ist, braucht keinen physischen Berater. Wir arbeiten effizienter, die Administration ist schlanker, und deshalb geben wir einen Teil dieser Effizienzgewinne an die Kundschaft zurück.
«Wir verkaufen nicht die Produkte eines einzelnen Anbieters, sondern bieten unabhängige Vergleiche.»
Sie haben kürzlich eine KI-Lösung lanciert, die bestehende Policen analysiert. Wie funktioniert das?
Unser SmartReader liest die Police ein und erkennt automatisch, um welche Grund- und Zusatzversicherungen es sich handelt und welche Leistungen abgedeckt sind. Daraus generiert er passende Vergleichsangebote – mit korrekten Preisen, auch für Familienkonstellationen. Das klingt einfach, ist aber technisch sehr anspruchsvoll. Viele Kundinnen und Kunden wollen zuerst sehen: Was würde das, was ich heute habe, bei einem anderen Anbieter kosten.
Und der Datenschutz?
Die Police enthält natürlich persönliche und teilweise sensible Angaben. Wir schützen sie sofort über die Mobilnummer – niemand sonst hat Zugriff. Die Verarbeitung läuft ausschliesslich auf unseren eigenen Servern. Nur wenn jemand eine Versicherung tatsächlich abschliesst, gehen die Daten an die entsprechende Krankenkasse. Nach sechs Monaten löschen wir sämtliche gesundheitsbezogenen Daten.
Welche neuen Produkte kommen als Nächstes?
Wir arbeiten aktuell an Kapitalversicherungen bei Tod und Invalidität – das ist logisch, weil solche Elemente oft auf Krankenkassenpolicen stehen. Danach wollen wir schrittweise weitere Versicherungssparten angehen, eventuell Telekommunikation oder Finanzprodukte. Wichtig ist: Wir verkaufen nicht die Produkte eines einzelnen Anbieters, sondern bieten unabhängige Vergleiche.
Der Vorsorgebereich wäre nicht interessant?
Das wäre ein späterer Schritt. Vorsorgeprodukte sind komplexer, mit anderen Anbietern und oft mit Banken verknüpft. Wir wollen zunächst einfach und schlank bleiben, lernen und wachsen. Erst wenn wir genügend Reichweite haben, können wir auch auf Anbieterseite Veränderungen bewirken.
Zum Schluss: Worauf sollten Versicherte jetzt besonders achten?
Bis Ende November kann man die Grundversicherung wechseln. Das ist auch ein idealer Moment, um die Zusatzversicherung zu überprüfen – selbst wenn diese erst später ausläuft. Wer frühzeitig vergleicht, spart nicht nur Geld, sondern hat das Thema auch erledigt.
Jürg Stupp ist Mitgründer und CEO der Alletta Sales Platform, einem Schweizer Insurtech mit Sitz in Rothrist. Zuvor war er über 25 Jahre bei der Helsana-Gruppe tätig, zuletzt als Leiter Marketing & Vertrieb sowie Mitglied der Geschäftsleitung.















