Anleihen statt Bankkredite. Damit liebäugeln mittelgrosse Unternehmen. Rolf Knell, Leiter Corporate Finance der Neue Helvetische Bank, sagt gegenüber finews.ch weshalb.

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In Deutschland setzen Unternehmen auf der Fremdkapitalseite statt der traditionellen Bankkredite vermehrt Instrumente wie Unternehmens- oder Wandelanleihen ein. Ähnliches ist nun auch in der Schweiz zu beobachten. Hierzulande sind es nicht mehr nur börsenkotierte Unternehmen, die auf die Finanzierung mittels Anleihen setzen, sondern auch nichtkotierte Gesellschaften.

Jüngstes Beispiel ist die Firma Bauwerk Parkett aus St. Margrethen. Zur Finanzierung der Akquisition beziehungsweise teilweisen Fusion mit der norwegischen Boen begab das Unternehmen unter der gemeinsamen Federführung der Neue Helvetische Bank und der Raiffeisen Schweiz eine Anleihe von 80 Millionen Franken, mit einem Coupon von 4,125 Prozent und einer Laufzeit von fünf Jahren. Die Anleihe der privat gehaltenen Bauwerk Parkett wird an der SIX Swiss Exchange kotiert und handelt zur Zeit im Graumarkt zwischen 102 und 103 Prozent.

Herr Knell, hat die Neue Helvetische Bank mit dieser öffentlichen Anleihe der nicht börsenkotierten Bauwerk Parkett auf dem Schweizer Finanzplatz eine neue Ära eingeläutet?

Nein, keine neue Ära. Mit der Versandapotheke «Zur Rose» haben wir bereits einen am Kapitalmarkt wenig bekannten Namen eingeführt. Es ist jedoch ein klares Signal an Unternehmen, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, dass zur Begebung einer öffentlich aufgelegten Anleihe keine Börsenkotierung der Aktien notwendig ist.


«Eine Folge der Erfahrungen aus der Finanzkrise»


Wir erachten die Anleihe im aktuellen Marktumfeld mit tiefen Zinsen und einem enormen Investorenappetit auf Schweizer-Franken-Anleihen grundsätzlich als sehr attraktiv für Unternehmen ab einer bestimmten Grössenordnung.

Wieso griff die Bauwerk Parkett nicht auf die herkömmliche Finanzierung durch Bankkredite zurück? 

Die Finanzierung von Bauwerk Parkett wurde 2009 aufgesetzt, also mitten in der Finanzkrise. In der Finanzkrise wurden generell sehr harte Konditionen durchgesetzt, die bei den Unternehmen insgesamt das Gefühl hinterliessen, dass Kreditbanken ihren Geschäftspartnern nicht immer auf Augenhöhe, sondern «von oben herab» begegnen. Dies hat die Unternehmen dazu bewegt, Alternativen anzuschauen. Bei unseren Lösungen hingegen stimmen unseres Erachtens die Interessen zwischen Emittent, Investor und Bank.

Ist die Finanzierung für die Bauwerk Parkett mittels Anleihe vorteilhafter als ein herkömmlicher Bankkredit?

Eine Anleihe ist normalerweise unbesichert. Aus der Mischung einer unbesicherten Anleihe mit zum Beispiel hypothekarisch besicherten Finanzierungen können insgesamt sehr attraktive Konditionen für Unternehmen entstehen. Dies kann mit einer der Gründe sein, weshalb die Anleihe als Instrument vermehrt genutzt wird, was sich auch an der stetig zunehmenden Anzahl von Transaktionen zeigt, welche die Neue Helvetische Bank seit ihrem operativen Start im März 2011 begleiten konnte.


«Der Anleiheinvestor schaut mehr auf die Risiken»


Welches sind die Voraussetzungen, damit Unternehmen sich auf die gleiche Weise wie die Bauwerk Parkett am Kapitalmarkt Mittel beschaffen können?

Die regulatorische Forderung beinhaltet, dass das Unternehmen mindestens seit drei Jahren als Gesellschaft Bestand hat, Swiss GAAP FER, IFRS oder US GAAP als Rechnungslegungsstandard verwendet und andererseits ein Anleihensvolumen von mindestens 20 Millionen Franken aufnimmt.

Wir berücksichtigen aber auch die Eigenmittelausstattung, Verschuldungskennzahlen, die Geschäftsentwicklung und operative Cashflows. Es ist aber anzumerken, dass der Anleiheinvestor im Gegensatz zum Aktieninvestor weniger auf zukünftiges Wertsteigerungspotenzial ausgerichtet ist; er schaut vielmehr auf die Risiken.

Kommt diese Finanzierungsform in der gegenwärtigen Situation für Banken, die eher ein Bedürfnis auf der Eigenmittelseite bekunden, gar nicht in Frage?

Gerade bei Anleihensemissionen werden während der Transaktion häufig die wesentlichen Risiken von der Bank auf den Emittenten überwälzt. Einerseits werden bei Banken, die auch im Kreditgeschäft tätig sind, potenziell Kreditrisiken der Banken durch Anleihen abgelöst.


 «Wir machen das Gegenteil und fühlen uns wohl dabei»


Andererseits werden Platzierungsrisiken durch «Best-Efforts-Platzierungen» während der Transaktion von der Bank auf den Emittenten überwälzt. Dies setzt entsprechend Eigenmittel der Bank frei und würde für die gegenwärtig präferierte Platzierungsform der Banken bei Anleihen sprechen.

Wir hingegen machen mit Festübernahmen das Gegenteil und fühlen uns wohl dabei. Die Neue Helvetische Bank überwälzt das Platzierungsrisiko nicht auf den Emittenten und hat kein relevantes Kreditbuch und damit auch keine Interessenkonflikte. Wir können uns auf die Interessen unserer Kunden fokussieren, denen im Übrigen die aktuellen Bedürfnisse der Banken auf der Eigenmittelseite eigentlich egal sind.

Wie beurteilen Sie generell die Lage im Schweizer Kapitalmarkt?

Der für uns relevante Schweizer Kapitalmarkt ist für Eigen- und Fremdkapital sehr aufnahmefähig.


«Wir wollen nicht Trübsal blasen»


Wie kann sich eine relativ jünge Bank in einer Zeit etablieren, in der die Probleme dominieren, die Strukturen sich verschieben und die Bankenmodelle den neuen Herausforderungen angepasst werden?

Wir versuchen, Lösungen für Probleme anzubieten und nicht in das allgemeine Trübsal zu blasen. Indem wir auf die Bedürfnisse unserer Kunden innovativ eingehen, beispielsweise mittels einer Coupon-Range und einem erhöhbaren Nominalbetrag bei unseren Anleihenstransaktionen, können wir einen Mehrwert in dem Sinne generieren, als dass der Kunde bei einer guten Nachfrage auch von einem besseren Coupon profitieren kann, während wir auf die Generierung einer möglichst hohen Nachfrage incentiviert sind. Entsprechend haben wir gleichgerichtete Interessen mit unserem Kunden.


Rolf Knell, 55-jährig, ist Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Corporate Finance der Neue Helvetische Bank. Nach langjähriger Tätigkeit in der Industrie, unter anderem bei Phoenix Mecano sowie im Corporate-Finance-Bereich bei verschiedenen Banken in der Schweiz, war Knell zuletzt Managing Director eines Vermögensverwalters für alternative Anlagen in Vaduz.

Er hält einen Master of Science der Carnegie Mellon University, Pittsburgh, und ist Maschineningenieur HTL.
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