Im Gegensatz zur UBS, die seit Monaten durchs Fegefeuer muss, ist die CS derzeit Everybody’s Darling. Weltweit gilt sie als Musterbank. Was ist davon zu halten?

Vom britischen «Economist» zur besten Bank der Welt gekürt, von den Analysten mit Lob überhäuft und seit kurzem wieder die mächtigste Bank der Schweiz – die Credit Suisse erlebt einen Höhenflug. Dass vor wenigen Jahren noch das gleiche Institut am Boden lag und die halbe Schweiz wohl keinen Rappen mehr auf die CS gewettet hätte, erscheint bloss noch wie ein entrückter Alpraum. Ebenso, dass die UBS unlängst noch das Vorzeigeunternehmen im Swiss Banking war.

In der ganzen Lobhudelei über die Credit Suisse geht also möglicherweise auch vergessen, dass der Erfolg in der Finanzwelt sehr zyklisch ist. Zudem: Eine Bank in den aktuellen Zeiten zur besten zu küren ist, wie es der «Economist» selbstironisch formuliert hat, «als ob man einen Preis für das hübscheste kriegszerstörte Dorf verleihen würde».

An den nackten Zahlen gemessen hat auch die Credit Suisse in der Krise enorme Verluste eingefahren. Bloss wirken sie halt vergleichsweise bescheiden, solange man sich die horrenden Ausfälle vor Augen hält, welche die UBS verschmerzen musste.

Mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr mag die Credit Suisse zwar eindeutig in der Pole-Position liegen. Das heisst aber noch lange nicht, dass bei der nunmehr grössten Bank der Schweiz alles im Reinen ist. Die CS ist an einigen Stellen noch gefordert.

1. Management und Verwaltungsrat

Der Generationenwechsel an der obersten Spitze der Credit Suisse ist noch nicht vollzogen. Hans-Ulrich Doerig ist zwar ein gestandener Banker, doch er hat nur der Not gehorchend das Präsidium des Verwaltungsrats übernommen. Denn eigentlich wäre Urs Rohner der Kronfavorit gewesen. Doch die Behörden in Bern lehnten ihn ab – mangels ausreichender Bankerfahrung.

Solange indessen Doerig als Übergangspräsident amtet, wird es den Quantensprung, den die CS in den nächsten zwei Jahren fraglos nehmen muss, nicht geben. Dadurch droht die Bank in wichtigen strategischen Fragen an Dynamik zu verlieren. Ausserdem dürfte der doch bald anstehende Präsidentenwechsel auch im Management wieder für Rochaden respektive für Unruhe sorgen.

2. Investmentbanking

Zwar ist jetzt viel davon die Rede, dass die Credit Suisse an der Wall Street nach den Turbulenzen der letzten 18 Monate zu den Top-Adressen gehört. Die Bank hat dies allerdings nicht durch eine bessere Strategie erreicht, sondern vor allem, weil ein Grossteil der Konkurrenz ganz einfach versagt hat. Mit anderen Worten: Die CS wurde an die Spitze gespült. Den Beweis, dass sie zu den Vorreitern des Investmentbanking gehört, ist sie bislang schuldig geblieben.

In den USA hat die Credit Suisse über die letzten vier Jahrzehnte Milliarden von Franken verloren – wie sie in Amerika nachhaltig verdienen will, muss sie noch zeigen. Ansonsten könnte es bei der nächsten Blase gemäss dem alten Rhythmus wieder einmal die CS und nicht die UBS treffen.

3. Grossbanken-Mentalität und Lehman-Papiere

In ihrem Heimmarkt steht die Credit Suisse alles andere als grossartig da. Dass sie einer Vielzahl von Kunden riskante Lehman-Papiere aufschwatzen liess oder ins Portefeuille packte, kostete sie viel Kredit. Da zeigte sich pure Grossbankenmentalität. So zementierte die Bank ihren Ruf als Deal-Makerin amerikanischen Stils, die im Kunden eher ein Objekt kurfristiger pekuniärer Begierde sieht als einen ebenbürtigen Partner in einer langfristigen Beziehung. Inzwischen musste die CS zurückkrebsen und eine Reihe von Kunden besser kompensieren, als sie es ursprünglich wollte. Doch das Image leidet weiter, spürbar vor allem im Produkteverkauf.

4. Schweizer Markt

Vor gut einem halben Jahr wurde bekannt, dass Hans-Ulrich Meister von der UBS zur CS wechselt, wo er heute der Chef Schweiz ist. Der gestandene Banker mit hoher street credibility muss allerdings noch beweisen, dass seine neue Arbeitgeberin im Heimmarkt auch künftig zu den führenden Instituten gehört.

Gerade durch die internationalen Probleme hat das Image der beiden Grossbanken im Heimmarkt nachhaltig gelitten; die Kleinen haben davon gehörig profitiert. Die Marktanteile haben sich verschoben, gleichzeitig tritt die UBS nun auf Geheiss von CEO Oswald J. Grübel extrem aggressiv am Markt auf; sie will ja nicht alles verlieren. Die erschwert die Lage für die CS, zumal dies weder den Goodwill noch die Flexibilität der kleinen Banken hat, noch bei der Umsatzbolzerei der UBS mitmachen will. Meister und seine Ex-UBS-Crew haben die Strategie im Schweizer Markt noch nicht klar umrissen.

5. Begrenzte Grösse

Philipp Hildebrand, der designierte Nationalbank-Präsident, hat es vergangene Woche unmissverständlich gesagt: Die Grösse der beiden Schweizer Grossbanken darf nicht zu einer Gefahr für unser Land werden. Darum soll alles unternommen werden, damit die beiden Institute nicht ins Unkontrollierbare wachsen, sondern sozusagen konkursfähig werden, zumindest in Teilen.

Dieses Ziel wird vor allem erreicht werden, wenn die Regulatorien und Vorgaben an die wirtschaftlichen Kennzahlen strikter gehandhabt werden. Das wird eine Realität, allerdings hat das zwangsläufig auch zur Folge, dass der Spielraum für die beiden Grossbanken enger wird; und damit schwinden auch die Ertragsaussichten – im internationalen Wettbewerb könnte dies zum Nachteil werden.

6. Private Banking

Die im Jahre 2006 vollzogene Fusion der Privatbankentöchter Clariden, Leu, Hofmann sowie Banca di Gestione Patrimoniale und CS Fides hat sich bis heute nicht bewährt. Konkret: Die Bank Clariden Leu musste im vergangenen Jahr einen massiven Abfluss an Kundengeldern verzeichnen. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Ausserdem sorgen Wechsel im Top-Management für anhaltende Unruhe.

Aus Kundensicht gibt es obendrein wenig Argumente, sich ausgerechnet einer Privatbank anzuschliessen, die von einer Grossbank kontrolliert wird. Zu diffus bleibt dabei die Unabhängigkeit des Instituts. Anders formuliert: Die Clariden Leu hat es bis heute nicht geschafft, sich ein eigenes Profil zuzulegen. Stattdessen mäandert das Institut durch die Bankenlandschaft und kommt so kaum auf befriedigende Ertragszahlen.

Durch die jüngsten Veränderungen in Sachen Bankgeheimnis dürfte das Geschäft für Vermögensverwaltungsinstitute wie Clariden Leu zweifelsohne noch schwieriger werden. Verschiedene Institute – so Julius Bär – haben sich entsprechend neu positioniert. Bei der Credit Suisse sind entsprechende Schritte bislang ausgeblieben. Im konzernweiten Private Banking muss mehr Klarheit einkehren.

Fazit: Ohne Zweifel steht die Credit Suisse im Moment sehr gut da. Doch das darf nicht darüber hinweg täuschen, dass einige Bereiche schwach funktionieren. Vor allzu grossem Optimismus sollte man sich in der überaus zyklischen Finanzwelt ohnehin hüten. Morgen kann schon wieder alles ganz anders sein. War es nicht so, dass bis vor drei Jahren die UBS unter der vermeintlich umsichtigen Führung Marcel Ospels nur so mit Lob überhäuft wurde?

 

 

 

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