Erneut ermitteln die US-Behörden gegen die UBS. Wieder geht es um vermutete Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Der Bank droht einmal mehr ein zäher Rechtsstreit. Doch diesmal könnten die Folgen für den ganzen Schweizer Finanzplatz fatal sein.

Das amerikanische Finanzblatt «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) hat am Donnerstag über eine neue Untersuchung gegen die UBS wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Wertpapierbetrug berichtet. Der Artikel zitiert «Insider aus Behörden» mit vielen Details, so dass am Wahrheitsgehalt kaum zu zweifeln ist.

Ausserdem passt der Bericht zur bisherigen Taktik der US-Justiz, offizielle Untersuchungen und Ermittlungen gegen Banken über die einheimische Finanzpresse anzukündigen. Die UBS kommentierte den Bericht bislang nicht, auch das US-Justizdepartement äusserte sich nicht.

Gemäss Bericht leitet die Staatsanwaltschaft in Brooklyn mit Hilfe des FBI die Untersuchung. Die UBS erhielt in den vergangenen Tagen eine so genannte «subpoena», eine richterliche Vorladung unter Strafandrohung.

Cash in anonymen Wertpapiere

Der Hauptvorwurf gegen die UBS lautet – wie bereits im 2009 beigelegten Steuerverfahren – auf Beihilfe zum Steuerbetrug. Die Bank soll ihren Kunden mittels so genannter «bearer bonds» und «bearer shares» geholfen haben, Gelder vor dem US-Fiskus zu verstecken. Die Halter dieser Papiere sind anonym.

Wer sie und die Coupons physisch besitzt, kann den Gegenwert oder die Zinsen bei der emittierenden Bank einkassieren. Weil diese Wertpapiere geradezu prädestiniert waren für Steuerbetrug oder Geldwäscherei, wurden sie 1982 in den USA weitgehend verboten.

Aber die UBS soll sie ihren US-Kunden weiterhin angeboten oder sie für manche Klienten gehalten haben, heisst es im «Wall Street Journal». Ausserdem sollen Angestellte der Bank über die legalen Risiken dieser Papiere diskutiert haben, und wie man die entsprechenden Praktiken vertuschen könne.

Wurden Praktiken vertuscht?

Diese Diskussionen stünden im Kern der laufenden Ermittlungen, heisst es weiter. Dabei wollen die Ermittler herausfinden, ob kriminelle Energie aufgewendet wurde, um die umstrittenen Praktiken nachträglich vor den Behörden zu verheimlichen.

Unklar ist der Bericht in Bezug auf die Periode, während der die UBS diese Praktik angewendet haben soll. Genau das ist ein Knackpunkt – für die UBS, aber auch für den gesamten Schweizer Finanzplatz.

Denn die UBS hat bekanntermassen 2009 mit dem US-Justizdepartement ein «deferred prosecution agreement» abgeschlossen und für ihre bislang aufgedeckten Steuerbetrugspraktiken eine Busse von 780 Millionen Dollar bezahlt.

Hat UBS das Vergleichsabkommen verletzt?

Die Bank blieb damit während 18 Monaten von jeder ähnlichen Strafverfolgung ausgeschlossen, solange sie in der Zeit keine weiteren Vergehen beging. Gemäss «Wall Street Journal» stellen die neuerlichen Vorwürfe gegen die Bank keine Verletzung des 2009 abgeschlossenen Vergleichs dar.

Es stellen sich in diesem Zusammenhang aber folgende Fragen: Waren die Praktiken mit den «bearer bonds» in der UBS schon bekannt gewesen, als der Deal 2009 ausgehandelt wurden? Und wurden die Praktiken entdeckt und allenfalls vertuscht? Bot die UBS gewissen US-Kunden auch nach 2009 noch solche «bearer bonds» an?

Vor allem in Bezug auf die Höhe einer allfälligen Busse ist das Ausmass dieser Art von Steuerhinterziehung relevant. Kann die US-Justiz der UBS  diese vermuteten Steuerbetrügereien tatsächlich nachweisen, droht der Bank eine Verurteilung als kriminelle Organisation. Dies geschah vergangenes Jahr bereits mit der Credit Suisse, die darüber hinaus noch 2,5 Milliarden Franken an Busse bezahlen musste. Immerhin durfte sie ihre US-Banklizenzen behalten.

Reputation stark beschädigt

Während die juristischen und finanziellen Folgen für die UBS wohl verkraftbar wären, würde es in Bezug auf ihre Reputation anders aussehen. Gewichtige Stimmen auf dem Schweizer Finanzplatz hatten schon früh eindringlich davor gewarnt: Sollte die UBS erneut in US-Ermittlungen wegen Steuertricks nach 2009 gelangen, wäre dies ein «Worst-case»-Szenario.

Jegliche Glaubwürdigkeit der Bank wäre dahin. Sie stünde nicht nur als Wiederholungstäterin da, Management und die hochbezahlten Juristen der Bank wären die naiven Ignoranten, welche die US-Justiz und die Folgen der Ermittlungen massiv unterschätzt hätten.

Die Auswirkungen auf den Finanzplatz und den Private-Banking-Standort Schweiz wären besonders negativ. Denn seit einigen Jahren versucht die Schweiz, sich als steuerehrlicher Offshore-Bankenplatz zu positionieren und kämpft gegen aufstrebende andere Finanzzentren um grenzüberschreitend angelegte Vermögen, wobei gerade die UBS als global grösste Vermögensverwalterin das Schweizer Aushängeschild ist.

Ganzer Finanzplatz geschwächt

Nicht absehbar sind die direkten Folgen auch für jene Schweizer Banken in den Kategorien 1 und 2 des US-Steuerprogramms, die darauf warten, ob sie nun eine Busse bezahlen müssen. Es ist durchaus möglich, dass die erneuten Steuerermittlungen gegen die UBS – unabhängig von ihrem Ausgang – die Justizbehörden in den USA weniger gnädig stimmen könnten als vielleicht insgeheim gehofft worden war.

Die finanziellen Folgen wären dannzumal für manches Bankhaus eine noch grössere Bürde. Eine Schwächung des Finanzplatzes bedeuten die neusten Untersuchungen ohnehin.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.61%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.53%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.31%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.13%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.41%
pixel