Wohl kein Banker in der Schweiz kann so viele Auszeichnungen vorweisen wie der künftige CEO der Credit Suisse. Doch Tidjane Thiams Karriere ist nicht ganz ohne Makel – und das hat ausgerechnet mit seiner neuen Arbeitgeberin zu tun.

Drei KMU-Besitzer aus der amerikanischen Stadt St. Louis reisen nach Europa. Dort erhoffen sie sich den Deal des Lebens. Doch es kommt anders – und der Trip endet im nackten Chaos.

Das ist in aller Kürze der Plot von «Unfinished Business», dem neuesten Film aus den Studios von 20th Century Fox in Hollywood. In den USA, wo der Streifen letztes Wochenende angelaufen ist, rangiert er bereits in den Top-Ten.

Das dürfte auch Tidjane Thiam (Bild oben) gefreut haben: Er ist Verwaltungsrat des Mutterhauses 21st Century Fox, das zum Imperium von Medien-Mogul Rupert Murdoch gehört.

Applaus gewohnt

Neben Thiams neuer Rolle verblasst jedoch jede Hollywood-Produktion: Er wurde am Dienstag zum künftigen CEO der Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS) ernannt. Damit trifft Thiam, der bisher als Chef des grössten britischen Versicherers Prudential amtete, auch in der Schweiz auf «Unfinished Business» zuhauf: Es wird zu seiner Hauptaufgabe bei der CS werden, dem Schweizer Institut eine griffige Strategie zu verleihen.

Das Kursfeuerwerk der CS-Aktie am Dienstag zeigte, dass ihm das durchaus zugetraut wird: Die Titel stiegen am Dienstag innert weniger Stunden um gut 8 Prozent.

Vom WEF auserkoren

thiamLH 160Applaus ist sich der 52-jährige an der Elfenbeinküste geborene Franzose indes gewohnt. Wie kaum ein anderer Finanz-Spezialist wurde er in der Vergangenheit mit Auszeichnungen und Ehrenämtern nur so überhäuft. In Frankreich, wo Thiam eine Ausbildung an Elite-Schulen absolvierte, wurde ihm 2011 die höchste Ehrerweisung zuteil, die das Land zu vergeben hat: Die Aufnahme in die Ehrenlegion.

Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet (Bild links) steckte ihm damals höchst persönlich die Medaille ans Revers. Im Jahr 2013 zeichnete ihn dann der damalige französische Finanzminister mit dem Grand Prix de l'Economie aus.

Auch anderswo wurde der künftige Chef der CS mit Lorbeeren überhäuft. Grossbritannien kürte ihn zweimal in Folge zum einflussreichsten Schwarzen im Land, und der damalige Premierminister Tony Blair bestellte ihn in die eigens gegründete Afrika-Kommission. Beim World Economic Forum (WEF) im schweizerischen Davos sitzt Thiam im International Business Council, bei der Weltbank war er als Berater tätig.

Der CS nicht zugehört

In seiner Bilderbuchkarriere, die ihn vom Berater bei McKinsey zum Versicherer Aviva an die Spitze von Prudential nun zur CS führte, musste Thiam allerdings auch Rückschläge einstecken.

So platzte 2010 die von Thiam als Chef von Prudential angebahnte Übernahme des asiatischen Konkurrenten AIA. Der smarte Franzose geriet damals ins Kreuzfeuer der Kritik: Die Eigner von Prudential verweigerten die Gefolgschaft in dem Deal, und die britische Finanzaufsicht FSA büsste den Versicherer schliesslich mit 30 Millionen Pfund – weil sie nicht im Voraus über die Transaktion informiert worden war.

Für die Unterlassung wurde Thiam zudem von der Behörde persönlich gerügt.

HarveyMcGrath 160Eine pikante Rolle in der Angelegenheit spielte dabei ausgerechnet die Credit Suisse. Ihre Investmentbanker hatten Prudential im AIA-Deal beraten und eindringlich darauf gedrängt, den Regulator zu begrüssen. Wie die britische «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) aus den Beratungsprotokollen zitiert, befürchteten jedoch Thiam und der Verwaltungsrat des Versicherers ein Leck bei der FSA – und schlugen den Rat der Schweizer Banker in den Wind. Während Chef Thiam die AIA-Schlappe überlebte, musste Prudential-Präsident Harvey McGrath (Bild links) abtreten.

Weggeputschter Privatisierer

Weniger Glück hatte Thiam 1999 an seinem Geburtsland, der Elfenbeinküste. Damals nahm er als Minister für Wirtschaftsentwicklung den Hut, nachdem es im bitterarmen westafrikanischen Staat zum Militärputsch gekommen war. Thiam hatte in seiner Amtszeit die Privatisierung zahlreicher Staatsunternehmen vorangetrieben.

kofi annan 160Auch von diesem Rückschlag liess sich Thiam offensichtlich nicht beirren: Als Mitglied des Africa Progress Panel (APP), dem einflussreiche Persönlichkeiten des Kontinents angehören, bleibt er dem wirtschaftlichen Aufschwung in der Region verpflichtet. Das diesjährige Programm des Panels – wo übrigens auch Ex-Uno-Generalsekretär Kofi Annan (Bild links) mittut – dürfte dabei so recht nach dem Gusto Thiams geraten sein: 2015 soll zum Jahr der Finanzen in Afrika werden.

Man darf gespannt sein, welche Rolle dabei die Credit Suisse spielen wird – der Run der westlichen Banken auf Afrika hat gerade erst begonnen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.5%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.56%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.26%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.11%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.57%
pixel