Schon wieder geraten die Schweizer Grossbanken ins Visier der amerikanischen Behörden. Diesmal geht es um mutmassliche Gefälligkeiten für Chinas Bonzen und eine geheimnisvolle «Kronprinzessin». 

Wen Ruchun – oder Lily Chang, so ihr Übername – war bei Grossbanken gefragt wie kaum eine zweite Chinesin (Bild oben, links). Die Schweizer Credit Suisse (CS) hatte sie um die Jahrtausendwende engagiert; und auch die amerikanische Konkurrentin J.P. Morgan wusste die Dienste von Wen als Beraterin schon zu schätzen.

Wie sich nun zeigt, kam das wohl nicht von ungefähr. Wen ist nämlich niemand geringeres als die Tochter von Wen Jiabao, der von 2003 bis 2013 als Premierminister Chinas amtierte. Die junge Frau galt damals als Türöffnerin zu einem Beziehungsnetz, von dem jeder China-Banker nur träumen kann.

Albtraum in Verzug

Doch nun sieht es danach aus, dass Lily Chang für die Grossbanken zum Albtraum wird. Wie nämlich die französische Agentur «AFP» mit Bezug auf anonyme Quellen berichtet, wurden die amerikanische Börsenaufsicht SEC sowie das gefürchtete US-Justizministerium (Department of Justice DoJ) bei mehreren international tätigen Grossbanken vorstellig – bei J.P. Morgan und der Credit Suisse, aber auch bei Goldman Sachs, der Deutschen Bank und der UBS.

Die Behörden wollen Namen. Laut der Agentur fordern sie Listen mit Dutzenden Chinesen und Chinesinnen an, die über die Jahre bei den Geldhäusern eingestellt worden waren.

Der Vorwurf: Die Banken hätten mit voller Absicht «Kronprinzen» – also die Söhne und Töchter chinesischer Parteibonzen – mit Posten versorgt, um sich so das Feld für ihre Geschäfte mit der Volksrepublik zu ebnen. Und damit der Korruption Tür und Tor geöffnet.

Der Wind hat gedreht

Doch seit der Jahrtausendwende hat der Wind in China gedreht. Die 2013 neu angetretene Parteispitze hat der grassierenden Günstlingswirtschaft im Land den Kampf angesagt. Chinesische Antikorruptions-Polizisten wurden dabei auch in den USA vorstellig, wo DoJ und SEC im Jahr 2013 Ermittlungen aufnahmen.

Die sind nun offensichtlich so weit gediehen, dass die US-Behörden die Banken nach bekannter Manier in die Mangel nehmen können. Die UBS liess gegenüber «AFP» bereits ausrichten, dass sie voll mit den Behörden kooperiere. Die CS hingegen hielt sich bedeckt zu den laufenden Ermittlungen, wie es weiter hiess.

Bereits letztes Jahr wurde bekannt, dass J.P. Morgan wegen Personalentscheiden in China ins Fadenkreuz von Ermittlungen geraten war. Wie damals auch finews.ch berichtete, wurde der Grossbank vorgeworfen, eigens ein Rekrutierungs- Programm für die Kinder von Chinas Bonzen lanciert zu haben. Das Enthüllungsportal «China Leaks» wollte indessen von solchen Praktiken auch bei der UBS wissen.

Unter scharfer Beobachtung

Für die Schweizer Grossbanken kommen die neuen Untersuchungen in den USA mehr als ungelegen. Im Mai 2014 musste sich die Credit Suisse dort wegen Verstössen gegen das Steuergesetz für schuldig bekennen. Vorletzte Woche gestand die UBS zumindest eine Teilschuld bei der Manipulation von Zinssätzen.

Damit stehen beide Institute in den USA unter anhaltend scharfer Beobachtung.

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