Zunächst sah es nach einer Katastrophe aus, und die Erfahrungen der Schweizer Banken mit den USA waren schmerzhaft. Doch die Amerikaner der Auslöser dafür, dass der hiesige Finanzplatz heute viel besser dasteht.

1. Das Bankgeheimnis wäre ohnehin gefallen

Dem Druck der USA haben weder der Bundesrat, noch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma und auch nicht die Banken widerstehen können: Mehr als 100 Institute legten den amerikanischen Steuerbeamten Kundenbeziehungen offen. Damit ist das Schweizer Bankgeheimnis vollends Geschichte. Doch die USA oder den Schweizer Bundesrat allein dafür verantwortlich zu machen, ist eine zu enge Sicht auf die Dinge.

Fakt ist: Das Bankgeheimnis stammt aus einer analogen Welt, die es heute nicht mehr gibt. Oder anders formuliert: Die digitale Welt ist transparent. Personendaten sind vielfach in einem überraschenden, wenn nicht erschreckendem Ausmass öffentlich. Daten lassen sich in praktisch jedem Umfang auf Knopfdruck abspeichern, transferieren – und auch verkaufen.

Wie durchlässig die Systeme geworden sind, haben Leute Hervé Falciani oder Edward Snowden gewiesen. Das Bankgeheimnis ist ein überkommenes Relikt aus einer anderen Zeit. Es wäre auch ohne die USA im internationalen Geschäft der Banken verschwunden.

2. Milde Bussen gegen die meisten Banken

Beobachter, Berater und die Banken selber gingen von viel höheren Bussen aus. Und das bis zuletzt: Noch Anfang 2015 war davon die Rede, dass Schweizer Banken im Rahmen des laufenden US-Programms mit bis zur Hälfte der inkriminierten Kundengelder gebüsst werden könnten.

Effektiv erwiesen sich dann schon 10 Prozent als harte Strafe. Eine Aufstellung der Neuen Helvetischen Bank (NHB) zeigte kürzlich, dass die Schweizer Banken bisher insgesamt mehr als 4 Milliarden Dollar an Bussen zahlten – gemessen am «aufgedecktem» Schwarzgeld von über 40 Milliarden Dollar ist dies bescheiden.

Die Privatbank Julius Bär, bei der Beobachter mit Strafzahlungen von bis zu einer Milliarde Dollar rechneten, stellte letzten Sommer «nur» 350 Millionen Dollar für den US-Steuerstreit zurück. Und selbst die Credit Suisse, die 2014 mit 2,6 Milliarden Franken die bisher höchste Busse an die amerikanischen Behörden zahlte, kam glimpflich davon.

3. Credit Suisse: Als ob nichts geschehen wäre

Gut 2,6 Milliarden Franken sind exorbitant viel Geld, und das Urteil der US-Justiz, eine kriminelle Organisation zu sein, macht den Ruf einer Bank zunichte – würde man meinen. Doch nicht so bei der Credit Suisse. Sie hat beides geschluckt, ohne zu wanken, Busse und Urteil. Und Brady Dougan fühlte sich 2014 noch sicher genug zu sagen: «Wir haben einen guten Job gemacht.»

Tatsächlich: Das US-Justizministerium sowie im Steuerbetrugsfall die beteiligten Institutionen und Aufsichtsbehörden hatten zwar eine furchterregende Drohkulisse aufgefahren: Verurteilung, Busse, Banklizenzentzug, Anklagen gegen Manager. Doch bei der Busse ist es geblieben. 

Die Auslieferung von Kundendaten lief über den Rechtsweg. Die Credit Suisse kann ihr Geschäft mit US-Pensionskassen-Geldern auf Geheiss von Präsident Barack Obama weiter ausüben, und das Geschäft in Amerika hat reputationsmässig keinen Kratzer abgekommen.

4. Milde Urteile gegen Schweizer Banker

Die USA haben mehr als 20 Schweizer Banker der Beihilfe des Steuerbetrugs angeklagt. Manche haben sich der Anklage gestellt, andere wie Martin Liechti oder Raoul Weil wurden verhaftet, wieder andere sind flüchtig. Das heisst, sie können die Schweiz nicht mehr verlassen oder nur in Länder reisen, die kein Auslieferungsabkommen mit den USA haben.

Kein Zweifel, die US-Justiz hat das Leben dieser Banker auf den Kopf gestellt. Doch Beobachter konstatieren: Auf die in der angelsächsischen Justiz übliche Zur-Schau-Stellung («name and shame») haben die US-Behörden zwar nicht verzichtet. Hingegen liessen die beteiligten Staatsanwälte und Richter Pragmatismus und zum Teil auch Milde walten.

Exemplarisch war das Verfahren gegen den früheren UBS-Wealth-Management-Chef Raoul Weil. Das einschüchternde Vorgehen der USA machte zunächst klar: An Weil wird ein Exempel statuiert. Ihm drohten bis zu fünf Jahre Haft. Am Ende erhielt er allerdings einen Freispruch.

Oder jüngst Hansruedi Schumacher, der seinen Vorgesetzten Weil angeschwärzt hatte. Selber bekannte er sich schuldig, kam aber mit einer Busse und einer Bewährungsstrafe davon. Die Ironie: Der einzige, der in einem US-Gefängnis eine Strafe absitzen musste, war Bradley Birkenfeld – der amerikanische Whistle-Blower, der alles ins Rollen gebracht hatte.

5. Der Markt lockt wie eh und je

Noch immer beherrscht der Abbau von US-Altlasten die Schlagzeilen. Doch die Prioritäten im Schweizer Private Banking liegen mittlerweile ganz anders: Viele Schweizer Finanzinstitute wollen auf den grössten Vermögensverwaltungs-Markt der Welt keinesfalls verzichten. Die Grossbank UBS, über die der Steuersteit mit den USA einst losbrach, bolzt unter dem umtriebigen Robert McCann Kundengelder wie noch nie.

Das Zürcher Traditionshaus Bank Vontobel beabsichtigt, ihre Filiale im texanischen Dallas demnächst um weitere Niederlassungen zu ergänzen. Auch kleinere Player wie die Genfer Banken Syz und Reyl sind in den Staaten vor Ort gegangen. Gleichzeitig betreiben mehr als 40 speziell lizenzierte Schweizer Banken das Offshore-Geschäft mit deklarierten amerikanischen Vermögen.

6. Sauberes Offshore-Banking

Die USA haben ihr Gewicht als hegemoniale Macht eingesetzt, um den Schweizer Banken das Handwerk mit unversteuerten US-Kunden zu legen. Die Erfahrung war in der Tat unangenehm, und die Bereinigung des Geschäfts mit Schwarzgeld ist noch nicht abgeschlossen.

Doch der Strukturwandel war notwendig und überfällig. Das umstrittene Offshore-Geschäftsmodell hat dem Ruf des Schweizer Finanzplatzes zusehends geschadet. Es führte zu einem Verlust der Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Institute. Das Ende der Schwarzgeld-Ära war also auch ein Weckruf und ein Anstoss, das Swiss Banking zu modernisieren, es effizienter zu gestalten und die professionellen Qualitäten zu schärfen.

Ein sauberes, leistungsstarkes Schweizer Offshore-Banking ist zweifelsohne ein besseres Aushängeschild für den Schweizer Finanzplatz als eine Hochburg dubioser Gelder zu sein.

7. Wieder ein Musterschüler

Gewiss, es ist erst sieben Jahre her, seit der damalige Finanzminister Hans-Rudolf Merz das Bankgeheimnis als «unverhandelbar» bezeichnete. Doch unter stetem Beschuss aus den USA und anderen Ländern sowie der Androhung auf «schwarze Listen» zu gelangen, hat sich der Schweizer Finanzplatz innert kurzer Zeit zum Musterschüler in Sachen Transparenz gewandelt.

Das Mantra von der «Weissgeldstrategie» wird seither an allen Bank-Podien wiederholt, die automatische Lieferung von Bankkundendaten ans Ausland (AIA) ist ab 2017 Realität und die Anpassung der Geldwäschereiverordnung an die GAFI-Standards kommt bereits nächstes Jahr.

Mit den Finanz-Richtlinien Fidleg und Finig will die Schweiz ab 2018 zudem Gesetzes-Äquivalenz mit dem EU-Raum erreichen – und bereits diskutiert auch die Bankbranche über den Fall des Bankgeheimnisses im Inland. Dass die USA selber von den AIA-Bestimmungen teilweise ausgenommen sind, nehmen die Schweizer Banker mit einem Schulterzucken hin.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.48%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.54%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.27%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.13%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.59%
pixel