Die derzeitigen Rahmenbedingungen sind ein tödlicher Cocktail fürs klassische Private Banking. Ein Basler Institut lebt mit diesem Mix indessen gut. Nur: Ein gültiges Rezept für diesen Erfolg gibt es nicht.

Die Basler Privatbank Baumann & Cie gehört zur sterbenden Spezies: Sie verwaltet Vermögen im tiefen bis mittleren Milliardenbereich, deutlich unter der kritischen Grösse. Ihre Marge klebt an der auch im Branchenvergleich sehr tiefen Marke von 70 Basispunkten.

Jahr für Jahr steigen hingegen die Regulierungs- und Compliance-Kosten. Das Institut musste in den vergangenen fünf Jahren auch Federn lassen, verlor auf Grund der Steuerbereinigung ausländische Kunden und bezahlte Wiedergutmachung an die US-Justiz.

Ein eigentliches Auslaufmodell...

Das ist ein Mix, den die Beratungsgesellschaften von EY bis PwC als tödlich bezeichnen. Insbesondere Institute von der Grösse einer Baumann & Cie sind in den steigenden Kosten und sinkeden Erträgen gefangen. Als teilhabergeführtes Institut gehört das 1920 gegründete Geldhaus ohnehin zu den Auslaufmodellen in der Branche.

Baumann Teilhaber 500

Und dennoch zeigten sich zu Wochenbeginn am Pressetermin in Basel die drei Privatbankiers Rolf Bühler, Daniel Rüedi und Matthias Preiswerk (im Bild von links nach rechts; Urs Baumann ganz links ist als Teilhaber Ende 2016 ausgeschieden) hoch zufrieden. Das «Bänkli», wie Preiswerk sein Institut liebevoll nennt, sei 2016 wie die ganze Branche widrigen Umständen ausgesetzt gewesen: Schwierige Märkte, passive Kunden, Negativzinsen und ein Obligationenmarkt, der als Anlagesegment komplett weggebrochen sei.

...aber kerngesund

Dennoch weist Baumann & Cie ein solides Ergebnis aus: Der Gewinn von 13,3 Millionen Franken ist zwar 15 Prozent tiefer als im Vorjahr, dafür sind die verwalteten Vermögen nach langem wieder gestiegen. Ausserdem weist die Bank einen mehr als genügenden Eigenmittel-Deckungsgrad von 342 Prozent auf sowie eine Cost-Income-Ratio von 60 Prozent.

Mit anderen Worten: Die Teilhaber präsentieren eine kerngesunde Privatbank und zeigen anstatt des inzwischen zum Branchenton gehörenden Pessimismus eine gute Portion Selbstvertrauen und Zuversicht.

Weiche und harte Faktoren

Wie ist das möglich in einem Umfeld, in dem jährlich jede zehnte Privatbank schliessen muss und die Prognosen düster bleiben? Die Antwort ist nicht einfach. Doch nach den einzelnen Zutaten betrachtet, ist es eine Mischung aus weichen und harten Faktoren.

1. Klassisches Private Banking spielt nicht die Hauptrolle

Baumann & Cie ist zwar eine der wenigen verbliebenen traditionellen Schweizer Privatbanken. Aber die klassische Vermögensverwaltung spielt inzwischen einen Bruchteil der Gesamterträge ein – 2016 waren noch gegen 2,5 Millionen Franken.

Das heisst: Das Institut weist ein diversifiziertes Geschäftsmodell auf, das auf dem Anlage-, Immobilien- und Beteiligungsgeschäft beruht. Diese Bereiche gehören zum Angebot der Bank, die dem Credo folgt: «Wir investieren Kundengelder nur dort, wo wir als Teilhaber auch investieren.»

2. Nicht allzu diversifiziertes Beteiligungsportfolio

Der Ertrag der Baumann-Beteiligungen stieg im vergangenen Jahr um 16,4 Prozent. Den effektiven Ertrag nennt die Bank nicht, aber er sei für das Institut «matchentscheidend», heisst es. Zu den Beteiligungen gehört eine Tochtergesellschaft für die Verwaltung von Finanzanlagen, zurzeit beläuft sich der Buchwert dort auf 170 Millionen Franken.

Weiter zählt das Family Office Trafina zum Unternehmen – eine «Beauty», wie Teilhaber Preiswerk sagte. Baumann & Cie ist zudem zu 30 Prozent am sehr erfolgreichen Mikrofinanz-Spezialisten Responsability beteiligt. Die Bank führt zudem die Immobiliengesellschaft Immovision und ist in einige Schweizer Unternehmen investiert. Diese Diversifikationsstrategie wirft Dividenden und damit Erträge ab.

3. Eigenwillige Anlagephilosophie

Mit 170 Millionen Franken an investierten Eigenmitteln gehen die Privatbankiers ein nicht unerhebliches Risiko ein. Das funktioniert nur mit einer Anlagephilosphie, die alle Partner teilen und eigenwillige Elemente enthält.

So streben die «Baumänner» keine übermässige Diversifikation an, sondern setzen auf Schwerpunkte, zum Beispiel auf Schweizer Small- und-Midcap-Aktien. Das Institut ist dabei langfristig deutlich über der Zielrendite von 5 Prozent geblieben.

4. Chemie zwischen den Partnern stimmt

Die drei verantwortlichen Teilhaber sind ein über viele Jahre zusammengeschweisstes Team. Preiswerk wurde 2002 Bankteilhaber, Rüedi 2008 und Bühler 2012. Dazwischen und danach gab es verschiedene Ein- und Austritte von Komplementären, zuletzt den Abgang von Urs Baumann Ende 2016.

Doch die drei verbliebenen Bankiers treten als verschworenes Trio auf, das Werte und Ideen vollumfänglich miteinander teilt. So vertritt die Bank ihre Strategie.

5. Mentalität zwischen Tradition und Öffnung

Vor einem Jahr titelte die Bank Baumann & Cie eine Medienmitteilung in «Baaseldytsch»: «Mer mache ned dicht!» Sie reagierte auf die zunehmenden Negativschlagzeilen, welche serbelnde Kleinbanken verursachten und öffnete erstmals ihre Bücher.

Das zuvor verschwiegene, feine Basler «Privatbänkli» legte Gewinnzahlen und Strukturen offen – und bekannte sich gleichzeitig zur aussterbenden Spezies der partnergeführten Privatbanken. Davon gibt es in der Schweiz nur noch deren sechs.

Heute sagen die drei Partner: «Wir fühlen uns extrem modern aufgestellt, aber auch zunehmend isoliert.» Der Rechtsform fühlen sie sich als Unternehmer-Banquiers dennoch verpflichtet und wollen nicht austauschbar sein. Gleichzeitig denken Preiswerk, Rüedi und Bühler so unternehmerisch, dass sie ihr Geschäftsmodell den sich verändernden Bedingungen wohl weiter anpassen werden.

6. Stärke als Einzelkämpfer

Auf die Frage, welche Interessenvertretung eine Bank wie Baumann & Cie denn noch geniesse, antworten die Teilhaber lakonisch: «Keine.» Die Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers habe als Standesorganisation massiv an Bedeutung eingebüsst, und die Schweizerische Bankiervereinigung habe in den vergangenen Jahren kein Gehör für die Belange kleine Institute gehabt.

Unter diesen Prämissen führen die «Baumänner» ihren Kampf alleine, beispielsweise gegen die Finma, gegen deren nicht abreissende Regulierungsflut, auf welche die Bank mit Protest und Kreativität reagiert. Oder gegen die Verordnung der Arbeitszeiterfassung, die für eine flexible Privatbank nur zusätzliche Bürokratie schafft. Sich Gehör zu verschaffen, Standpunkte bei der Finma einzubringen, den vorhandenen Spielraum schlau auszunützen oder Regeln zu biegen, bereitet den Baumann-Teilhabern sichtlich Genugtuung.

Neue Auflagen und Regularien nur zu schlucken, ist nicht ihre Sache. Als Privatbankiers sehen sie es auch als Pflicht gegenüber den Kunden an, das Geschäft gegen alle möglichen schädlichen Einflüsse zu verteidigen.

 

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