Der Informationsaustausch ist Realität geworden. Darüber mag man denken, wie man will. Er ist nun die Wirklichkeit, nach der wir uns ausrichten sollten, schreibt Urs Kapalle.

Urs KapalleUrs Kapalle ist Leiter Tax Strategy bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Die Wirtschaftskommission des Nationalrates hat diese Woche 43 weitere Abkommen zum Automatischen Informationsaustausch (AIA) beraten. Es gilt, diese auf 2018 hin zu genehmigen. Die vorgesehene, sorgfältige Prüfung durch den Bundesrat ist zentral. Der AIA ist das Paradebeispiel für die konsequente Umsetzung eines internationalen Standards. Wieso? Als Antwort ein paar Fakten: Im Jahr 2013 erteilen die G20-Staaten der OECD den Auftrag, einen Standard zum internationalen Austausch von Bankdaten für Steuerzwecke auszuarbeiten.

Im Jahr 2014 wird dieser von der OECD und den G20-Staaten genehmigt. Bereits seit 2016 wenden über 50 OECD/G20-Staaten den AIA untereinander an. Heute liegt die Zahl der Staaten, die ihn übernommen haben oder noch übernehmen, bei mehr als 100.

Fortschritte in Singapur

Druck übt die OECD auf Länder aus, die das Regelwerk zu langsam umsetzen. So musste etwa Hongkong unlängst bekanntgeben, den AIA früher als vorgesehen, schon ab 1. Juli 2017, mit über 70 Staaten einzuführen.

Auch bei Singapur stellen wir Fortschritte fest, und Panama oder die Bahamas mussten gar umdenken. Einzig in den USA zeigen sich kaum Fortschritte. Hier bleibt die OECD gefordert, damit sich auch die USA bewegen.

Im Fahrplan

Für die Überprüfung der Umsetzung des AIA sind minutiöse Länderexamen durch das Global Forum der OECD vorgesehen. Kein Staat kann sich bei diesen Prüfungen verstecken oder Abseits stehen!

Die Schweiz ist im Fahrplan der internationalen Entwicklungen gut positioniert, ohne aber vorzupreschen. Wir haben den AIA mit 38 Ländern 2017 eingeführt. Jetzt befasst sich das Parlament mit der Genehmigung von Abkommen mit 41 weiteren Staaten und der vorläufigen Anwendung des AIA mit Singapur und Hongkong auf das Jahr 2018 hin.

Wenn die Schweiz die neuen 43 Abkommen nicht auf 2018 hin ratifiziert, wird sie sich selber schaden und international unter Druck geraten.

Wichtiger Prüfmechanismus

Sehr wichtig ist der in der aktuellen Vorlage vorgesehene «Prüfmechanismus». Er entspringt einem klaren Anliegen der Wirtschaft. Demnach überprüft der Bundesrat – nach der Ratifizierung – nochmals bei jedem einzelnen «AIA-Land», ob die Anforderungen des globalen Standards auch tatsächlich eingehalten werden.

Der AIA-Standard sieht vor, dass ein Land seine Meldungen an ein anderes Land sistieren kann, wenn sich dieses andere Land in erheblicher Weise nicht an die Vereinbarungen zum AIA hält. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Bestimmungen zum Datenschutz nicht sauber eingehalten werden. Der Bundesrat müsste diese Prüfungen zum Zeitpunkt vor dem Abliefern der ersten Meldungen, das heisst vor September 2019, vornehmen und dem Parlament darüber schriftlich Bericht erstatten.

Erhebliche Mängel

Dadurch könnten in erster Linie die Gewährung des Datenschutzes und der Datensicherheit in diesen Ländern nochmals vertieft geprüft werden. Es erlaubt aber auch einen Blick unter Wettbewerbsaspekten, sprich zur Frage, ob diese Länder mit unseren relevanten Konkurrenzfinanzplätzen Abkommen haben, und ob so das «level playing field» gewährleistet ist.

Bei nachweisbar erheblichen Mängeln wäre es möglich, Meldungen auszusetzen, so wie das im Standard als Notmassnahme vorgesehen ist.

Sorgfältige Prüfung gefordert

Aus unserer Sicht ist zentral, dass das Parlament die Abkommen rasch genehmigt und dem vorgesehenen Prüfmechanismus zustimmt. Vom Bundesrat erwarten wir, dass die Prüfungen sehr sorgfältig und im nötigen Detailierungsgrad vorgenommen werden.

Nicht zu dieser Prüfung gehören können allerdings weitere Kriterien, wie Korruptionsindexe, die von Nichtregierungs- oder selbsternannten Organisationen publiziert werden. Sie sind kein unter dem Standard der OECD vorgesehenes Kriterium.

Einfach die Wirklichkeit

Der AIA ist eine Realität geworden. Darüber mag man denken, wie man will. Er ist einfach die Wirklichkeit, nach der wir uns ausrichten sollten. Die Devise heisst: Abkommen jetzt ratifizieren und Prüfmechanismus für 2019 beschliessen!