Die Bank sei soviel wert, wie der Name, der an der Tür stehe – das sagt Firmengründer Eric Syz im Interview mit finews.ch. Wenn die Familie die Bank verkaufen würde, wären viele der besonderen Eigenschaften des Hauses sofort weg oder zumindest in Gefahr, erklärt Syz.


Herr Syz, im vergangenen Jahr schrumpften die verwalteten Vermögen des Syz-Gruppe nochmals um 1,4 Milliarden Franken, nachdem sie sich bereits 2019 um 2 Milliarden Franken verringert hatten. Was ist der Grund für diesen anhaltenden Rückgang?

Das hängt mit der Oyster-Fondssparte zusammen. Im Jahr 2019 war der Rückgang performance-bedingt, während 2020 der Verkauf zum Rückgang führte. Insofern sollte 2021 eine Normalisierung eintreten.

Sie haben im Corona-Jahr 2020 angeblich eine aussergewöhnliche Investment-Performance erzielt. Können Sie das genauer erklären?

In unserem Geschäft nimmt das Sentiment, also die Marktstimmung, eine überdurchschnittlich grosse Bedeutung ein, nicht zuletzt auch durch die Medien, was wiederum oft zu Überreaktionen führt. Wir haben im Gegensatz dazu einen institutionellen Qualitäts-Investmentprozess und versuchen, Gefühls-agnostisch zu bleiben und von unseren quantitativen Modellen und makroökonomischen Daten unsere Anlagestrategie abzuleiten.

«Im weiteren Jahresverlauf blieben wir investiert und haben einen Wahlsieg von Joe Biden erwartet»

Das hat 2020 dazu geführt, dass wir bereits im Februar/Anfang März unser Aktien-Engagement abgesichert und teilweise reduziert haben, weil wir zum Schluss gekommen waren, dass die Bewertungen sehr hoch waren. Das war noch vor der grossen Marktkorrektur im März, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde.

Was geschah dann?

Ab Ende März und im April, aber vor allem im Mai haben wir wieder begonnen, Aktien-Positionen aufzubauen, als sich immer deutlicher abzeichnete, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten weltweit nicht zum Stillstand gekommen waren. Im weiteren Jahresverlauf blieben wir investiert und haben einen Wahlsieg von Joe Biden erwartet.

Zudem gingen wir davon aus, dass früher oder später ein erster Impfstoff präsentiert würde. In unseren diversifizierten Mandaten haben wir so eine Performance von knapp 10 Prozent erzielt und in unseren etwas riskanteren Strategie etwa 10 Prozent, wie auch unlängst eine unabhängige Analyse (nur auf Französisch) zeigte.

Das Neugeld zu beziffern, ist im Moment eher schwierig, da es aufgrund des Verkaufs der Oyster-Sparte immer noch zu zahlreichen Umschichtungen kommt.

Die Syz-Gruppe erlitt 2020 einen Verlust von mehr als 8 Millionen Franken. Das ist zwar deutlich weniger als 2019, als ein Minus von 25 Millionen Franken resultierte. Trotzdem, was hat 2020 das Ergebnis am stärksten getrübt?

Der Verlust hat ebenfalls mit dem Verkauf der Oyster-Fondssparte zu tun, zumal unseren verbliebenen Einheiten, das Syz Asset Management und die Bank Syz profitabel waren, während Syz Capital nur zwei Jahre nach seiner Gründung schon fast die Gewinnschwelle erreichte und dem Businessplan weit voraus ist.

«Diese Bereinigung gibt uns nun neue Perspektiven, so dass 2021 kein Verlust mehr resultieren müsste»

Mit dem Verkauf der Oyster-Sparte konnten wir zwar eine Anzahl Mitarbeitende in anderen Bereichen aufnehmen, aber gleichzeitig mussten wir Büros in Europa sowie rund 60 Arbeitsstellen abbauen, darunter jene Beschäftigten, die zu iM Global Partner wechselten. Das hat Kosten verursacht.

Ich wollte das auch richtig machen und die Leute bis zu einer Neueinstellung unterstützen. Diese Bereinigung gibt uns nun neue Perspektiven, so dass 2021 kein Verlust mehr resultieren müsste.

Was macht Sie so zuversichtlich?

Wir wollen qualitatives, also profitables Wachstum anstreben. Natürlich könnten wir auch Volumen bolzen und Kundengelder um jeden Preis akquirieren, wie das einige andere tun. Wir als Boutique definieren uns über die Anlageperformance, die wir den Kunden bieten. Wir sind vermutlich die einzige Bank, die den Kundinnen und Kunden die Möglichkeit gibt, nicht die gesamten fixen Verwaltungsgebühren zu erheben, sondern wir reduzieren sie und erheben eine Performance-Fee.

«Das geht auf die Dauer nicht»

Ist der Kunde mit uns zufrieden, wird er auch bereit sein, etwas mehr dafür zu bezahlen. Viele Privatbanken wollen heute gleichzeitig beides sein: Zara und Hermès – also billig für die Massen und luxuriös für eine ausgewählte Klientel. Das geht auf die Dauer nicht. Die Syz-Gruppe positioniert sich klar im Premiumsegment.

Im Asset Management verwalteten Sie Ende 2020 insgesamt 10,5 Milliarden Franken. Das ist in etwa gleich viel wie vor einem Jahr. Warum diese Stagnation?

Das Asset-Management-Geschäft ist im Umfeld von Tief- und sogar Negativzinsen ein sehr schwieriges Geschäft. Tatsächlich stiegen unsere verwaltenten Vermögen leicht, und das ist eine Leistung. Selbst wenn unsere Leute einen ausgezeichneten Job machen, können sie mit festverzinslichen Anlagen nicht mehr viel herausholen.

«Die Performance liegt zwischen 15 und 20 Prozent»

Darum haben wir in den vergangenen Jahren vorausschauend einen Fokus auf ESG-Investments gesetzt und dabei auch den ersten Schweizer Green-Bond-Fonds emittiert. Diese Massnahmen werden sich positiv auf die weitere Entwicklung auswirken.

Syz Capital, das dritte Standbein der Gruppe, das vor allem auf Privatmarkt-Anlagen spezialisiert ist, verwaltet zwei Jahre nach der Gründung 1,5 Milliarden Franken. In welche Anlagen ist dieses Geld geflossen?

Zum einen in Single-Private-Equity-Deals, bei denen wir immer auch als Familie involviert sind. Ein anderes Beispiel ist Litigation Finance. Das sind Prozessfinanzierungen. Wir haben einen ersten Fonds mit 70 Millionen Franken aufgelegt, den wir vor kurzem geschlossen haben. Er war überzeichnet.

Weitere solche Vehikel sind geplant. Litigation Finance ist absolut marktagnostisch, korreliert also nicht mit den Finanzmärkten. Die Performance bewegt sich zwischen 15 und 20 Prozent.

Die Bank hat im vergangenen Jahr angekündigt, nach Istanbul zu expandieren. Konnten Sie dieses Geschäft trotz der Corona-Pandemie starten?

Ja, wir haben unsere Niederlassung eröffnet und kommen plangemäss voran. Das Büro unterstützt unseren Türkei-Desk in Genf. Wir schauen uns weitere Destinationen an. Allerdings ist noch nichts spruchreif.

«Der Mehrwert einer Bank ist nicht das Custody, sondern die Qualität der Investmentstrategie»

Der Trend geht zunehmend in die Richtung, dass vermögende Privatpersonen oder Familien ihr Geld in der Schweiz gebucht haben wollen, aber vor Ort, also onshore, bedient werden möchten. Das müssen wir im Hinterkopf behalten, wenn wir weiter expandieren.

Welche Wachstumsinitiativen haben Sie 2021 geplant?

Grossen Kunden bieten wir die Möglichkeit, bei ihrer angestammten Depotbank zu bleiben, aber die Vermögensverwaltung über uns erfolgt. Der Mehrwert einer Bank ist ja nicht das Custody, also die Verwahrung von Vermögenswerten, sondern die Qualität der Investmentstrategie.

Hier sehen wir enormes Potenzial und sind dank unserer ausgezeichneten Kapitalausstattung in der Lage, diesen Kunden auch Lombardkredite zu gewähren.

Wie grosse Kunden?

Kunden mit Vermögenswerten ab 10 Millionen Franken.

Die Syz-Gruppe feiert 2021 ihr 25-jähriges Bestehen. Würden Sie heute erneut eine Bank gründen, oder etwas ganz anderes machen?

Ich würde wieder ein Finanzinstitut gründen. Man kann sich jedoch fragen, ob es dazu noch eine Banklizenz braucht. Besonders, wenn man ein solches Unternehmen auf der grünen Wiese startet, wie ich das seinerzeit getan habe. Ausserdem wünschte ich mir, dass das Umfeld für Banken in der Schweiz besser wäre.

Wie meinen Sie das?

Es kommt zu wenig Unterstützung von den Behörden und der Regierung. Sie überwachen zwar den Finanzplatz und klopfen den Akteuren auf die Finger, was auch ihre Aufgabe ist. Doch gleichzeitig fördern sie den Finanzplatz, wie das Frankfurt, London, Singapur oder Paris etwa tun, viel zu wenig.

«Wenn man im Ausland in ein Swissair-Flugzeug stieg, wusste man, dass man schon ein wenig zu Hause war»

Mir scheint, dass die Bedeutung des Finanzplatzes zu wenig estimiert wird, ähnlich wie das mit der Swissair der Fall war, als es zum Grounding kam. Dabei war es eine Tatsache, dass die Swissair für die Schweiz weltweit einen enormen Stellenwert besass. Wenn man irgendwo im Ausland in ein Swissair-Flugzeug stieg, wusste man, dass man schon ein wenig wie zu Hause war.

Dem hat der Bundesrat seinerzeit zu wenig Rechnung getragen. Die Situation mit dem Finanzplatz heute kommt mir ähnlich vor. Der Bundesrat würdigt zu wenig, was die gesamte Finanzbranche der Wirtschaft unseres Landes beiträgt.

Wäre es unter diesen Prämissen nicht naheliegend, die Bank zu verkaufen, und etwas anderes zu tun?

Verkaufen? Nein! Diese Bank ist soviel wert, wie der Name, der an der Tür steht: Syz. Die Kunden sind wegen der Qualität unserer Investments und Dienstleistungen wie auch wegen unserer Familienwerte da, und weil wir mitinvestieren.

Wenn wir die Bank verkaufen würden, wären viele dieser Eigenschaften sofort weg oder zumindest in Gefahr. Das macht keinen Sinn. Es mag sein, dass ein Verkauf finanziell attraktiv wäre. Doch ich trage eine Verantwortung für die Kundinnen und Kunden sowie für die Beschäftigten.

Erhalten Sie viele Kaufangebote für die Bank?

Ja, wir werden regelmässig angefragt.

Haben Sie sich einen Zeithorizont gesetzt, wie lange Sie die Gruppe noch führen wollen – und wann Ihre Söhne die ganze Verantwortung übernehmen sollen?

Gute Frage. Einen konkreten Zeithorizont habe ich mir nicht gesetzt. Die Bank liegt mir natürlich sehr am Herzen. Und solange ich noch einen positiven Beitrag leisten und meine Erfahrung weitergeben kann, werde ich dabeibleiben. Sonst nicht.

Inwiefern hat sich Ihr Alltag verändert, seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vor einem Jahr?

Ich war sicher weniger im Büro, was den direkten Austausch mit den Mitarbeitenden reduziert hat. Gerade im Dienstleistungssektor löst man viele Probleme informell, in der Cafeteria, auf dem Gang, vor dem WC. Via Zoom ist eine gewisse Kommunikation möglich, aber leider nicht alles.

Inzwischen macht sich unter vielen Mitarbeitenden auch eine gewisse Homeoffice-Müdigkeit bemerkbar. Insofern wäre es gut, wenn die Leute regelmässiger ins Büro zurück könnten.

«Es braucht es ein umfangreiches Impfprogramm, wie es Israel eingeführt hat»

Allerdings tragen wir als Arbeitgeber eine grosse Verantwortung, und wenn die Ansteckungszahlen wieder zeigen, ist umso grössere Vorsicht angesagt. Damit wir zur Normalität zurückkönnen, braucht es ein umfangreiches Impfprogramm, wie es Israel eingeführt hat. Das ist hierzulande bis jetzt nicht der Fall. Da sind wir international gesehen gar nicht exemplarisch.


 Der 63-jährige Eric Syz ist Co-Gründer und CEO der Genfer Syz-Gruppe. Im Jahr 1975 machte er ein Bankpraktikum bei der Zürcher Bank Guyerzeller, bevor er von 1977 bis 1979 bei S.G. Warburg (heute UBS) in London tätig war. Zwischen 1981 und 1984 arbeitete er als Investmentbanker beim amerikanischen Finanzkonzern Paine Webber (heute UBS) an der Wall Street. In der Folge kehrte er in die Schweiz zurück, wo er von 1984 bis 1995 für die Privatbank Lombard Odier tätig war. Im Jahr 1996 gründete er zusammen mit Alfredo Piacentini und Paolo Luban die in Genf domizilierte Banque Syz & Co. Die Syz-Gruppe verwaltete Ende 2020 mit knapp 250 Mitarbeitenden weltweit 26 Milliarden Franken.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.56%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.77%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.07%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.03%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.57%
pixel