Der Bundesrat will die kriselnde Postfinance privatisieren – und wählt den Gewerkschafter Christian Levrat zum Post-Präsidenten. Kann das gut gehen?

Die Postfinance ist operativ in Schieflage geraten, und eine Privatisierung soll der Bank helfen, wieder auf Kurs zu kommen. Dies, indem der Postfinance der Eintritt in den Kredit- und Hypothekarmarkt ermöglicht wird; das Kreditverbot fällt also. Da sind sich der Bundesrat und die Postfinance einig.

Mit Christian Levrat will der Bundesrat nun einen Präsidenten für die Post wählen, der dem Thema Privatisierung wohl weniger positiv gegenübersteht. Der Frage, ob er als SPler der Richtige sei, um die Privatisierung der Post-Tochter umzusetzen, ist der frühere Gewerkschaftschef bisher ausgewichen. Klar geäussert hatte sich hingegen Levrats Partei, die SP. Diese bezeichnet eine Privatisierung als «Tabu». Die offizielle Wahl Levrats findet am kommenden 27. April statt.

Vollprivatisierung trotz Levrat nicht vom Tisch

Es scheint, dass sich der Bundesrat mit der Wahl des SP-Urgesteins und ehemaligen Gewerkschafters Levrat an die Spitze der Post ins eigene Knie geschossen hat – und eine Vollprivatisierung der Postfinance vom Tisch ist.

«Definitiv nicht», sagte SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher gegenüber finews.ch. «Auch wenn sich die SP dafür stark macht, dass die Postfinance weiterhin eine 100-Prozent-Posttochter bleibt». So oder so dürfe Levrats Funktion als Verwaltungsratspräsident der Post nicht überschätzt werden. Die Frage, ob die Postfinance privatisiert werde oder nicht, könne man sicherlich nicht an der Person Levrat festmachen, sagte Graf-Litscher weiter.

Levrat, der Mann der Kompromisse

Es gehe nun darum, einen Kompromiss zu finden, so SP-Nationalrat Matthias Aebischer. Und genau das sei eine Spezialität von Christian Levrat: «Er kennt sich mit den politischen Prozessen aus, sucht und findet seit mehr als 20 Jahren Kompromisse und ist das Verhandeln auf oberster Ebene gewohnt.»

Er sei der richtige Mann in dieser Angelegenheit – und auch grundsätzlich. Dass Levrat ein Strick daraus gedreht werde, dass er sich in der Privatwirtschaft noch nicht bewiesen habe, könne er so nicht stehen lassen, sagt Aebischer weiter. «Im Gegensatz zu anderen Entscheidungsträgern, wie aktuell bei der Credit Suisse, hat Levrat noch nie im grossen Stil versagt und Milliarden in den Sand gesetzt».

Schweizer Banken wollen keine Konkurrenz

Dass der 51-jährige Fribourgeois den Privatisierungs-Turbo zünden wird, scheint dennoch unwahrscheinlich, was wiederum den Inlandbanken in die Karten spielt. Dass im Falle einer Privatisierung und der Aufhebung des Kreditverbotes mit der Postfinance eine weitere Konkurrentin auf den überhitzten Schweizer Markt drängen würde, stösst auf mässige Begeisterung.

Die Koordination Inlandbanken (Migros Bank, Genossenschaft Raiffeisen Schweiz, Verband Schweizerische Kantonalbanken, Verband Schweizer Regionalbanken) hatte die Aufhebung des Kreditverbots im Herbst 2020 als «illegitime Scheinlösung», die viele neue Probleme und eine negative Dynamik auslöse, bezeichnet. In einem Statement hält der Inlandbankenverband nun fest: «Die umfassende Privatisierung von PostFinance ist für die Inlandbanken eine notwendige Bedingung für eine Aufhebung des Kredit- und Hypothekarvergabeverbots. Aus Sicht der Inlandbanken fehlt für Kreditvergabe die verfassungsrechtliche Grundlage.»

Die Schweizerische Bankiervereinigung – mit Ausnahme des Mitglieds Postfinance – hatte die Teilrevision des Postorganisationsgesetzes, inklusive der Aufhebung des Kreditverbots, ebenfalls abgelehnt.

 

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