Nach seiner Verhaftung und der ausgebremsten Übernahme der Tessiner Privatbank BSI war der brasilianische Banker ganz unten. Sechs Jahre später steht Andre Esteves vor seinem Comeback.

23 Tage sass Andre Esteves in Rio de Janeiro wegen Korruptionsverdacht im Gefängnis. Das Amt des CEO der von ihm mit gegründeten Bank BTG Pactual musste er abgeben, und vor dem noblen Swiss Banking sah er sich blamiert: Weil BTG nach der Verhaftung Esteves’ in Liquiditätsnöte geriet, musste das Institut kurzum den Verkauf der eben erst übernommenen Tessiner Privatbank BSI in Angriff nehmen.

Das alles ereignete sich 2015, auch finews.ch hatte damals über den tiefen Fall des Bankchefs berichtet. Nun, sechs Jahre später, greift Esteves bei Pactual wieder nach der Krone.

Gänzlich entlastet

Dies, obwohl er nach wie vor keinen offiziellen Posten bei der Bank innehat, die weiterhin einigen Einfluss in der Schweiz besitzt: 2016 verkaufte BTG die unterdessen in den Korruptions-Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MBD verwickelte BSI an die Schweizer Konkurrentin EFG International weiter – für ursprünglich mehr als 1 Milliarde Franken. An EFG halten die Brasilianer im Zuge des Deals weiterhin 28,9 Prozent und sind damit die zweitgrössten Aktionäre.

Esteves, dem in seiner Heimat Behinderung der Justiz in einer Bestechungsaffäre vorgeworfen worden war, sass noch mehrere Monate Hausarrest ab, bis er 2018 gänzlich entlastet wurde. Der heute 53-jährige Financier sieht sich entsprechend in seiner Meinung bestätigt, einer Hexenjagd zum Opfer gefallen zu sein.

Was ihm bereits 2015 niemand nehmen konnte: seinen Anteil von rund 25 Prozent an BTG, der laut laut Berechnungen der Agentur «Reuters» rund 7,9 Milliarden Dollar wert ist. Dies, nachdem sich der Börsenwert des Instituts in den letzten zwei Jahren verdoppelt hat.

Wieder Teil der G7

Darauf hat der Ex-CEO aufgebaut. Der ehemalige BTG-Präsident Persio Arida, der Esteves nach seinem Sturz ganz aus der Bank draussen haben wollte, kehrte dem Institut 2017 den Rücken. 2018 ging der damalige Co-Chef und Partner Marcelo Kalim, der geplant hatte, BTG zur Digitalbank zu formen. Der andere Co-Chef, Roberto Sallouti, hatte sich auf die Seite von Esteves geschlagen.

Unterdessen erfolgte auch die Rehabilitierung von offizieller Seite. Esteves ist mit dem Plazet der brasilianischen Aufsicht wieder Teil der «G7», jenem Kreis von Partnern, welche gemeinsam die Mehrheit an der Bank halten. 2019 haben die brasilianische Zentralbank und die US-Notenbank Fed Esteves' Stimmrechte an BTG bestätigt; laut «Reuters» wird das auch nächstens die Europäische Zentralbank (EZB) tun.

Stimmrechtsvertreter abgewimmelt

Damit wäre Esteves definitiv zurück in Ehren, wenn auch nicht im Amt. Laut dem Bericht hegt der Financier nämlich keine Ambitionen auf eine offizielle Position bei der Bank – wohl auch deshalb, weil die Machtverhältnisse so klar sind. Einflussreiche Stimmrechtsvertreter wie ISS und Glass Lewis, die es letzten Frühling wagten, die Unabhängigkeit des BTG-Verwaltungsrats in Zweifel zu ziehen, wurden vom Geldhaus mit deutlichen Worten auf ihre Plätze verwiesen.

Der neue alte Kapitän von BTG hat derweil den Kurs auf neue Destinationen gesetzt. Mit der Firmentochter Banco Pan greift er das Kreditgeschäft von Brasiliens Retailbanken an; die Digitalbank BTG+ soll derweil vermögende «Affluent»-Kunden erreichen. Nach seiner Rückkehr ans Steuer hat Esteves offenbar auch keinerlei Absicht, dieses wieder herzugeben.

Vergleich mit brasilianischem Banken-Doyen

Dem Bericht zufolge verglich er sich schon mit dem verstorbenen Joseph Safra, der mit der brasilianischen Banco Safra ein weltweites Imperium aufbaute. Es sei gut für BTG, wenn er die Kontrolle habe, soll Esteves gesagt haben.

Die Banco Safra spricht im Swiss Private Banking via die Tochter J. Safra Sarasin ein gewichtiges Wörtchen mit. Mit Spannung darf man darauf warten, wie sich Esteves mit BTG bei der EFG in Zürich Gehör verschafft.

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