Alles rätselt darüber, wie lange sich CEO Thomas Gottstein bei der Credit Suisse noch im Sattel hält – und ob es zu einer weiteren Verwässerung des Aktienkapitals kommt. Im Kern geht es bei beidem um das Gleiche bei der Grossbank.

«Ich bewundere Thomas Gottstein», sagt ein Doyen des Banking in Zürich. «Wie er es schafft, immer noch in die Kamera zu lächeln.» Tatsächlich musste sich der sturmerprobte CEO (Bild unten) der Credit Suisse (CS) in den vergangenen Tagen einiges anhören: Ein Grossaktionär der Bank forderte unverblümt den Rücktritt des Schweizers, der seit gut zwei Jahren die Zügel bei der CS in den Händen hält.

In den Medien wurde derweil kolportiert, dass einige CS-Verwaltungsräte Gottstein bis 2023 gerne ausgewechselt sähen. Bisher hat sich allerdings Bankpräsident Axel Lehmann demonstrativ vor seinen CEO gestellt. «Der Verwaltungsrats-Präsident hat Thomas Gottstein klar sein Vertrauen ausgesprochen. Daran hat sich nichts geändert», heisst es dazu bei der Grossbank.

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(Bild: CS)

Aktienkurs bricht ein

Das sind nicht die einzigen Gerüchte, die derzeit in Sachen CS die Runde machen. So berichtete die Agentur «Reuters», das CS-Management spiele mit dem Gedanken, in der zweiten Jahreshälfte bis zu 1 Milliarde Franken an frischem Kapital aufzunehmen.

Dabei könnte, so hiess es, auch das breite Aktionariat angegangen werden. Die Furcht vor einer abermaligen Verwässerung der weit unter dem inneren Wert handelnden CS-Aktie liess den Kurs Anfang Woche zeitweilig um mehr als 4 Prozent einbrechen. Aktuell handelt das Papier bei 6.62 Franken. Das Allzeittief des Titels liegt bei 6.10 Franken.

Wer schafft den Turnaround?

Sinnigerweise lassen sich die beiden separaten Fragestellungen auf einen Nenner bringen: auf das Vertrauen. So sind sich mehrere von finews.ch befragte Beobachter einig, dass Gottstein der Turnaround der Bank nicht mehr zugetraut wird. «Es braucht eine Veränderung bei der Bank», sagt eine Quelle, «und die muss ganz zuoberst stattfinden.»

Es sei klar, dass Gottstein die missliche Lage, in der sich die CS befinde, nicht über Nacht ändern könne. Gleichzeitig sei es schwer vorstellbar, dass er sich noch lange auf dem Posten halte.

Harte Währung

Auf eine Vertrauensfrage hinaus läuft auch das Für und Wider einer neuerlichen Kapitalerhöhung. Denn die harte Währung für das Vertrauen in Grossbanken ist deren Eigenkapital. Die Quote dieses Kernkapitals (CET1) ist bei der CS nach einem Verlust im Jahr 2021 und neuerlichen roten Zahlen im ersten Quartal diesen Jahres auf 13,8 Prozent erodiert. Das ist zwar mehr als das regulatorische Minimum, aber gleichzeitig weniger als der Zielwert der Bank. Die CS strebt im Rahmen ihrer neuen Strategie bis ins Jahr 2024 eine Eigenkapital-Quote von 14 Prozent an.

«Wenn man davon ausginge, dass die nächsten Quartale eine Erholung bringen, dann würde weniger als 14 Prozent für die CS wohl ausreichen», sagt dazu Lars Jakob Selsås, Analyst bei der bekannten Fondsboutique BWM. Laut dem Branchenkenner können die Gerüchte um eine Kapitalerhöhung deshalb auch so interpretiert werden, dass die Führung der Bank mit weiteren Rückschlägen rechnet.

Eine Pipeline von schlechten Neuigkeiten

Angesichts der «Pipeline» an schlechten Neuigkeiten bei der Bank – diverse Rechtsfälle sowie die immer noch offenen Debakel um die Archegos-Pleite und die CS-Greensill-Fonds – ist das nicht abwegig.

Verringerte sich das Eigenkapital des Geldhauses aber weiter, würde damit das Standing bei den Kunden endgültig leiden, folgt man Analyst Selsås. Er weiss: «Eine Kernkapital-Quote von 14 Prozent wird heute als Minimum betrachtet, damit eine europäische Grossbank aus Kundensicht als vertrauenswürdig und sicher betrachtet wird.»

Es wird holprig

Ginge es also bei einer möglichen Kapitalerhöhung im Grunde darum, eine Vertrauenslücke zu stopfen? Es würde sich dabei aber um kaum mehr als ein «Pflästerli» handeln, gibt ein anderer Branchenkenner zu bedenken. «1 Milliarden Franken – das ist Nichts, verglichen mit der Länge der Bilanz und den Verlusten, welche die Bank noch erleiden könnte», gibt er zu bedenken.

Dass die nächsten Monate holprig werden, daran lässt selbst CEO Gottstein keinen Zweifel. Er hat 2022 wiederholt als «Übergangsjahr» bezeichnet.

Dabei könnte auch der CEO, der sich in seiner Rolle bei der Bank schon mit einem Skirennfahrer verglich, zu Fall kommen, glaubt man den diversen Beobachtern. Er ist schon jetzt der letzte aus der Führungsmannschaft von Anfang 2020, der noch auf seinem Posten sitzt. Mittlerweile schiessen die Spekulationen ins Kraut, wer ihn wohl ersetzen könnte – wobei bekannte Grössen des Schweizer und europäischen Banking schon eine Absage erteilten (finews.ch berichtete hier und hier).

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(Bild: PD)

Bald wieder Chefin?

Angesichts der Verfassung der Bank halten es Branchenkenner für plausibel, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin von extern kommt. «Die CS braucht ein neues Gesicht an der Spitze», sagt eine Quelle. Doch vielleicht würde es auch ein kürzlich erst zur Bank gestossene Person tun.

Die Rede ist von Francesca McDonagh (Bild oben), welche die Leitung der Region Europa, Nahost und Afrika (Emea) bei der CS übernommen hat. Sie ist dafür von ihrem Posten als Chefin der Bank of Ireland zurückgetreten; nun werden ihr offensichtlich Chancen für den Top-Posten bei der CS zugerechnet.

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